Credit Suisse überlebt Sturzflug - und steigt wieder auf

Von Daniel Zulauf, Zürich Börsen-Zeitung, 9.9.2016 Anfang Juli, als die Sonne in Zürich beinahe schon den Asphalt aufweichte, schien es, als ob auch die Credit Suisse unmittelbar vor ihrem Schmelzpunkt stand. Der Aktienkurs der zweitgrößten...

Credit Suisse überlebt Sturzflug - und steigt wieder auf

Von Daniel Zulauf, ZürichAnfang Juli, als die Sonne in Zürich beinahe schon den Asphalt aufweichte, schien es, als ob auch die Credit Suisse unmittelbar vor ihrem Schmelzpunkt stand. Der Aktienkurs der zweitgrößten helvetischen Bank kannte nur noch eine Richtung: abwärts. Am 6. Juli fielen die Titel erstmals in der Geschichte unter die Marke von 10 sfr. Auch wenn solche Kursmarken an sich bedeutungslos sind, löste der Rutsch in den lokalen Medien teilweise schon fast hysterische Reaktionen aus. Eine Gratiszeitung berechnete, der Börsenwert der Großbank entspreche dem Gegenwert von 60 neuen Boeing-777-Flugzeugen – sechs davon hatte die Lufthansa-Tochter Swiss gerade erst erhalten. Eine andere Boulevard-Postille stellte aufgeregt fest: “Eine CS-Aktie ist nur noch zwei Koteletts wert.”Die Forderungen nach einem Rücktritt des Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner und des CEO Tidjane Thiam wurden lauter. In den Medien wurden Ängste um die Sicherheit der Einlagen ruchbar. Dabei wurde fast gänzlich ignoriert, dass der Finanzkonzern auch unter den verschärften Kapital- und Liquiditätsvorschriften im internationalen Vergleich zwar nicht an der Spitze stand, aber doch eine relativ komfortable Position aufwies.Dennoch, wer nur auf den Kurs schaute, hatte allen Grund, sich Sorgen zu machen. 20 Mrd. sfr, nur noch 42 % des Buchwertes, betrug die Kapitalisierung am Tiefpunkt. Eine solche Bewertung impliziert, dass das ausgewiesene Eigenkapital des Unternehmens nicht werthaltig ist. Dafür kann es im Prinzip nur drei Gründe geben: Erstens könnte die Qualität der Aktivseite der Bilanz ungenügend sein. Zweitens reicht womöglich das bestehende Kapital nicht aus. Drittens könnte das Geschäftsmodell mangelhaft sein.Derartige Zweifel lassen sich nicht einfach in den Wind schlagen. Das zentrale Bilanzrisiko der Credit Suisse bildet die sogenannte “Strategic Resolution Unit”, eine Art Abstellkammer für Geschäfte, die abgewickelt oder verkauft werden sollen. Per Ende Juni waren dort Risikoaktiva im Wert von 51 Mrd. Dollar ausgewiesen. Die Werthaltigkeit dieser Positionen ist naturgemäß schwierig einzuschätzen, und je nach Antwort ist die Kapitalausstattung der Bank ausreichend – oder eben nicht. Unabhängig davon muss sich jeder Investor die Frage stellen, ob das Geschäftsmodell der Bank längerfristig genügend Gewinne abwirft, um mindestens die Kapitalkosten zu verdienen. Das war in der jüngeren Vergangenheit ganz klar nicht der Fall. Die Skepsis weichtDie große Unsicherheit der Investoren hat einen eindeutigen Anfangspunkt. Das war Anfang Februar, als der Konzern einen unerwartet großen Quartalsverlust bekannt geben musste und einen bedeutenden Teil des Bilanzwertes seiner amerikanischen Investmentbank abschrieb. Nach diesem Ereignis fielen die Aktien im Branchenvergleich deutlich ab. Die Marktteilnehmer fixierten sich auf die Risikofaktoren – vor allem in den drei genanten Punkten.Als Anfang Juli aber die Zuversicht keimte, dass sich die schlimmsten Szenarien im zweiten Quartal doch nicht bestätigen würden, begannen die Credit-Suisse-Aktien zu steigen. Inzwischen haben sie verglichen mit dem vor zwei Monaten erreichten Tiefpunkt um 27 % zugelegt. Bislang deutet nichts darauf hin, dass der positive Trend bald abreißt. Der Börsenwert bewegt sich inzwischen bei 61 % des Buchwertes, was zwar noch lange keine befriedigende Bewertung, aber immerhin eine starke Verbesserung darstellt – die Deutsche Bank kam zuletzt nur auf 29 %. Zwei große US-Investmentfonds – Capital Group und Harris Associates – haben eine starke Erhöhung ihrer jeweiligen Aktienbeteiligungsquote auf über 5 % bzw. auf über 10 % gemeldet. Das allein vermag die Kurswende allerdings kaum zu erklären.Wahrscheinlicher ist, dass die Investoren langsam den von Konzernchef Thiam gefassten Maßnahmen trauen und die Zeit nach dem Umbau in den Blick nehmen. Dann sollte CS nach dem Willen des CEO dereinst eine Bank sein, die mit weniger Risiken und einem effizienteren Kapitaleinsatz höhere Renditen für die Investoren erzielen kann.——–Binnen zwei Monaten hat die Aktie um 27% zugelegt. Die Investoren fassen Vertrauen.——-