DEUTSCHE BÖRSE AUF EINKAUFSTOUR

Da geht noch was

Liquiditätsschonende Übernahme von Axioma erhält die Feuerkraft der Börse - Aus Bordmitteln sind 1,5 Mrd. Euro mobilisierbar

Da geht noch was

Von Walther Becker, FrankfurtDie Finanzierung für den Axioma-Kauf hat Charme und lässt der Deutschen Börse, die auf ihr Rating bedacht sein muss, Luft. Konzernchef Theodor Weimer kann in seinem ersten Deal an der Spitze des Marktplatzbetreibers expandieren, ohne die Liquidität anzukratzen, die Schulden zu treiben oder die Aktionäre zur Kasse zu bitten. Das bedeutet: Er hat mit einer “Firepower” von 1,5 Mrd. Euro aus eigener Kraft Spielraum für weitere Zukäufe. Da geht noch was.M&A und Deutsche Börse? Das liest sich als Geschichte von Fehlschlägen. 2000 und 2004 bemühten sich die Frankfurter unter Werner Seifert zwei Mal erfolglos um die Übernahme der London Stock Exchange. Auch die Anläufe zur Fusion 2016 und 2017 unter Carsten Kengeter gingen schief. 2006 wurde mit Reto Francioni eine Fusion unter Gleichen mit der Vierländerbörse Euronext angegangen, doch die schlüpfte unter die Fittiche der Nyse. Und 2011 klappte die eingefädelte Fusion mit Nyse Euronext nicht. 2004 schon biss die Deutsche Börse bei der Swiss Exchange auf Granit und auch aus Borsa Italiana wurde nichts. Die 2007 erworbene Optionsbörse ISE ging 2016 an die Nasdaq.Ein Lichtblick in der trüben M&A-Historie des Dax-Konzerns ist 2015 der Zukauf der im Devisenhandel tätigen 360T für 725 Mill. Euro. Hier gab es zur Teilfinanzierung eine Aktienemission. Für 100 Mill. Dollar oder das Vierfache des Umsatzes wurde 2018 die Devisenplattform GTX von Gain Capital erworben.Für Weimer steht die Konzentration der Börsen nicht auf der Agenda. Er geht davon aus, dass eine neue Phase der Konsolidierung in den Assetklassen ansteht. Das größte Wachstum liege dort, wo Geschäfte, die außerbörslich laufen, auf die Plattformen gezogen werden könnten. Als mögliche Schwerpunkte von Zukäufen hat die Börse früher das Fixed-Income- und Währungs- sowie Rohstoff- und Datengeschäft genannt, aber auch Investitionen in neue Technologien. Die zur Verfügung stehende Feuerkraft der Börse resultiert zu 800 Mill. Euro aus überschüssiger Liquidität, die auf den Verkauf der International Securities Exchange (ISE) zurückgeht. Etwa 700 Mill. Euro könnten aus der Anhebung der Verschuldung finanziert werden, ohne dabei das InvestmentGrade-Rating zu gefährden. Weimer räumt Zukäufen klar Priorität ein, statt überschüssige Mittel über Aktienrückkäufe den Anteilseignern zurückzugeben.Investitionen in Zukunftstechnologien zählen zu den Kernpunkten seiner “Roadmap 2020”. Dafür sind, wie Weimer auf dem Kapitalmarkttag 2018 sagte, in den nächsten Jahren 270 Mill. Euro vorgesehen. Schwerpunkte der Aktivitäten sind Blockchain, Big Data/Advanced Analytics, Cloud und Robotik/künstliche Intelligenz. “Weiße Flecken” machte er im Anleihen- und Buy-Side-Geschäft aus und eine zu geringe Größe im Rohstoff- und Devisengeschäft. Die Investitionen sollen helfen, das Wachstum zu forcieren und die Effizienz zu steigern. Die strukturellen Kosten sollen bis 2020 um 100 Mill. Euro gedrückt werden; dem fallen 350 Stellen zum Opfer.