Der Abschluss von Basel III wackelt

EU-Kommission denkt wegen Coronakrise über Verschiebung nach - Aufseher ziehen alle Register

Der Abschluss von Basel III wackelt

Der Abschluss des Regelwerks Basel III in Europa wackelt: Wie in Finanzkreisen zu hören ist, denkt die EU-Kommission angesichts der Coronakrise über eine Verschiebung der Vorgaben zur Umsetzung nach. Dass der Entwurf zur Umsetzung im Juli vorgestellt wird, erscheint derzeit ohnehin unrealistisch. ahe/bn Brüssel/Frankfurt – Die EU-Kommission denkt angesichts der Coronakrise über eine Verschiebung des Abschlusses von Basel III nach, wie in Finanzkreisen zu erfahren ist. Eine Sprecherin der Kommission erklärte dazu am Mittwoch auf Anfrage, man stehe “mit unseren internationalen Partnern in Kontakt, um in dieser Frage eine koordinierte internationale Haltung sicherzustellen”. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hatte am Freitag erklärt, das Gremium werde in den kommenden Tagen Maßnahmen prüfen, um die finanzielle und operationelle Widerstandskraft von Banken “in diesen beispiellosen Zeiten” zu unterstützen.Mit dem Finale von Basel III käme der Abschluss der regulatorischen Reform infolge der Finanzkrise ins Wackeln. Die Vorgaben haben für erhitzte Debatten gesorgt, da sie die Eigenkapitalvorgaben für Banken spürbar verschärfen, insbesondere für Institute, die interne Modelle zur Kalkulation ihres Eigenkapitalbedarfs einsetzen.Zwar soll die Umsetzung der Regeln erst ab übernächstem Jahr beginnen, wenn die Coronakrise überstanden sein sollte. Sämtliche Großbanken aber haben die Effekte schon durchgespielt, und manches Haus preist im Falle längerer Ausreichungen bereits spürbar höhere Margen ein, um den Anstieg seiner Eigenkapitalkosten zu kompensieren. Eine Verschiebung würde nicht zuletzt bei allen Beteiligten Kapazitäten freisetzen, die derzeit dringend andernorts benötigt werden. Der Entwurf verzögert sichEinen Aufschub des Regelwerks auf globaler Ebene hält man bei Beobachtern dabei für schwierig – zu heterogen sei die Zusammensetzung des Baseler Ausschusses mit seinen 45 Mitgliedern aus 28 Staaten aus aller Welt, heißt es. Für eine Verschiebung auf EU-Ebene hingegen müsste Finanzkommissar Valdis Dombrovskis indes bloß einen späteren Starttermin in den Entwurf zur EU-weiten Umsetzung schreiben. Dass der Legislativvorschlag wie ursprünglich geplant bis Juli vorliegen wird, sei angesichts der Krise ohnehin nicht mehr zu erwarten. Als neuer Termin wird in Brüssel derzeit der September herumgereicht, vorausgesetzt, es kommt nicht nochmals zu einer Verzögerung.Europas Bankenaufseher ziehen derweil alle Register, um die Banken in der Krise zu entlasten, und flexibilisieren reihenweise Normen. So stellte die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA am Mittwoch mit Blick auf den Bilanzstandard IFRS 9 zur Bildung von Risikovorsorge klar, dass Banken krisenbedingten Programmen, die eine Aussetzung oder Verzögerung von Zahlungen ermöglichten oder erforderten, keinen “Eins-zu-Effekt” zuschreiben sollten in der Frage, ob dies eine signifikante Erhöhung des Kreditrisikos bedeutet.Die European Banking Authority (EBA) sekundierte, angesichts des momentanen Schocks, der auf mittlere und auf lange Sicht Folgen haben dürfte, sei die Bilanzierungsvorgaben und dem Regulierungsrahmen innewohnende Flexibilität in vollem Ausmaß zu nutzen, um in der Krise Stabilität zu bewahren. Zugleich hob sie ihre Frist per Monatsende zur Erfüllung von Vorgaben für eine starke Kundenidentifikation bei Kartenzahlungen im E-Commerce auf und verschob darüber hinaus eine ganze Reihe an Anhörungen, Datensammlungen sowie Konsultationen. An die Banken richtete sie zugleich die Mahnung, im Interesse der Kunden zu agieren, gerade wenn es um “vorübergehende Maßnahmen” bei Konsum- und Hypothekenkredite geht. Auch sollten die Institute sorgsam juristische und Reputationsaspekte bedenken, wenn sie im Zuge von Überbrückungsmaßnahmen für Konsumenten oder Unternehmen neue oder zusätzliche Gebühren erhöben.Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland wies Prüfer darauf hin, diese sollten “konkretisierte und belastbare Aussagen der Bundesregierung bzw. der Landesregierungen zur Durchführung von Stützungsmaßnahmen bzw. Gewährung von öffentlichen Unterstützungsleistungen” berücksichtigen, “auch wenn hierfür zum Zeitpunkt der Erteilung des Bestätigungsvermerks noch erforderliche rechtliche Schritte ausstehen, da deren Umsetzung erwartet werden kann”.