Bausparvertrag feiert nach schwachen Jahren Renaissance
Bausparvertrag feiert nach schwachen Jahren Renaissance
Bausparkasse Wüstenrot wurde vor 100 Jahren gegründet
spe Stuttgart
In diesem Jahr wird die „Erfinderin“ des Finanzprodukts Bausparvertrag, die Wüstenrot Bausparkasse, 100 Jahre alt – ein Jubiläum, das im namensgebenden schwäbischen Dorf Wüstenrot (Kreis Heilbronn) gefeiert wurde. „Bausparen ist kein gewöhnliches Finanzprodukt von der Stange. Denn die Vision, die dem Bausparen innewohnt, ist heute noch genauso aktuell wie vor 100 Jahren“, sagte Jürgen Junker, Aufsichtsratschef der Wüstenrot Bausparkasse und CEO der W&W AG, bei einem Festakt am Dienstag.
Angesichts einer Wohnungsnot
Anfang der 1920er Jahre setzte der vielseitige Georg Kropp (1865 bis 1943), Sohn eines Segelschiffkapitäns aus Pommern, diese Idee in die Tat um, indem er in dem schwäbischen Dorf Wüstenrot zunächst die „Gemeinschaft der Freunde“ (GdF) gründete. Angesichts einer existenziellen Wohnungsnot sollten sich 100 Personen unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ zusammenschließen, um regelmäßig Sparleistungen zu erbringen. Wenn dann genügend Geld für ein Haus angespart worden war, wurde das Geld an einen Bauwilligen innerhalb der Gruppe ausbezahlt. Die Zuteilung erfolgte zunächst durch die Ziehung von Losen, während heute ausgefeilte mathematische Verfahren dahinterstecken.
Das erste Haus steht noch
Überliefert ist ein Treffen am 16. Februar 1924 in Stuttgart, bei dem es dem charismatischen Kropp gelang, die zehn verbliebenen GdF-Mitglieder für die Gründung der Bausparkasse Wüstenrot zu begeistern. Schon ein Jahr später wurde mit Bauspargeldern das erste Haus gebaut, das heute noch in Heidenheim steht. „Mit der Idee des modernen Bausparens gab Kropp eine überzeugende Antwort darauf, was es in der Krise braucht: Willen zum Sparen und zu Investitionen. Beides benötigen wir auch heute“, sagte Horst Köhler, Bundespräsident a. D., als Gastredner bei dem Festakt.
1,3 Billionen Euro zugeteilt
Nach dem Zweiten Weltkrieg entpuppte sich der Bausparvertrag schließlich als Dauerbrenner. Seit 1948 war das Bausparen an mehr als 15 Mill. Finanzierungen beteiligt, es wurden seither mehr als 1,3 Bill. Euro an Bausparmitteln zugeteilt. Heute gibt es branchenweit 23 Mill. Bausparverträge mit einer Bausparsumme in Höhe von 960 Mrd. Euro. „Damit zählt das Bausparen zu den am meisten verbreiteten Finanzprodukten“, sagt Bernd Hertweck, Vorstandsvorsitzender der Wüstenrot Bausparkasse, obwohl manchen aus der Finanzwelt das Produkt eher als Langweiler erscheint.
Bausparen ist freilich nicht unverwundbar, wie es die langanhaltende Niedrigzinsphase gezeigt hatte. Waren die Zinsen für zehnjährige Baukredite insbesondere von 2000 an allmählich auf ein Niveau von 1 % abgerutscht, erschienen die darüber liegenden Sollzinsen der Bauspardarlehen als teuer. In einem solchen Umfeld galten Bauspardarlehen nicht mehr als niedrigverzinslich und wurden daher zunehmend weniger abgerufen. Als sich durch die Zinswende der Notenbanken dann die Bauzinsen Anfang des Jahres 2022 auf ein Niveau von 3 % verdreifachten, erlebte der Bausparvertrag wieder eine Renaissance.