IM INTERVIEW: ULF HOLLÄNDER

"Der Glaube an MPC Capital ist zurückgekehrt"

Der Chef des Assetmanagers über die Neuausrichtung eines fast kollabierten Fondshauses und über Wachstumspläne in der Nische

"Der Glaube an MPC Capital ist zurückgekehrt"

– Herr Holländer, MPC Capital schien 2012 fast erledigt, hat sich inzwischen aber stabilisiert. Ein beachtliches Comeback nach dem tiefen Fall als Schiffsfondsgesellschaft.MPC Capital hat bis 2008 eine enorme Erfolgswelle erlebt. Die endete nach der Lehman-Pleite. Unser Geschäftsmodell funktionierte plötzlich nicht mehr. Der Markt für geschlossene Fonds war von heute auf morgen nicht mehr existent. Es folgten harte Jahre der Restrukturierung bis zu einer von den Kerngesellschaftern getragenen Kapitalerhöhung im Jahr 2013. Seitdem richten wir uns mit unserem Neugeschäft ausschließlich auf institutionelle Investoren aus. Bewahrt haben wir unsere Fähigkeit, attraktive Anlageziele in Nischenmärkten aufzuspüren. Die MPC Capital AG ist heute ein unabhängiger, auf Sachwerte spezialisierter Asset- und Investmentmanager mit Schwerpunkten in den Bereichen Immobilien, Infrastruktur und Schiffe.- Sie haben im Jahr 2000 als Finanzvorstand noch vor dem Börsengang bei MPC Capital angefangen und sind seit 2015 Vorstandschef. Sie haben die Achterbahnfahrt durchgemacht. Wollten Sie zwischendurch nie aussteigen?Natürlich denkt man in bestimmten Phasen über Belastungen und über die Unterstützung aus dem Umfeld nach. Ich konnte mir das Auf und Ab der vergangenen Jahre vorher nicht vorstellen. Heute bin ich froh, dass ich durchgehalten und im entscheidenden Moment das sinkende Schiff nicht verlassen habe. Die Reparatur in stürmischer See hatte Erfolg.- Warum ist MPC Capital nicht untergegangen?Dafür hat neben der Stabilität im gesamten Management vor allem die Unterstützung der Gesellschafter gesorgt. Sowohl unsere Muttergesellschaft MPC Holding als auch der US-Investor Corsair, der uns seit dem Jahr 2003 begleitet, haben die Gesellschaft nicht fallengelassen. 2012 war MPC Capital praktisch wertlos. In dieser kritischen Phase wurde mit den Geldgebern mit sehr harten Bandagen gerungen. Aber unsere Bereitschaft, alles zu geben, um die Existenz der Gesellschaft zu sichern, überzeugte am Ende.- Der Klammergriff der Banken hat sich gelöst?Ja, alle Bankdarlehen aus der Restrukturierungsphase wurden inzwischen zurückgeführt. Wir sind seit zwei Jahren vollständig frei in unserer unternehmerischen Entscheidung. In der Bilanz stehen zwar Verbindlichkeiten, die stellen aber für das Unternehmen kein wirtschaftliches Risiko dar.- Welche Rolle spielt heute noch die Vergangenheit als KG-Fondsinitiator und -manager?Wir betreuen noch eine Reihe von Fondsprojekten, die in den Jahren bis 2008 aufgelegt wurden und an denen private Investoren beteiligt sind. Diese Fonds haben zum Teil Laufzeiten, die in fünf bis acht Jahren enden. Diese Fonds werden wir weiterhin im Interesse der jeweiligen Anleger betreuen.- Wie schwer wiegen die Altlasten?Die Entwicklung einzelner Märkte, insbesondere des Schifffahrts- und des niederländischen Immobilienmarkts, hat dazu geführt, dass einige von uns initiierte Projekte den Renditeerwartungen nicht gerecht wurden. Mit den Folgen dieser nicht erfüllten Renditeerwartungen müssen wir uns auseinandersetzen. Wir gehen aber davon aus, dass das nicht zu einer nachhaltigen Belastung für die Gesellschaft wird. Das zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahre.- Private Fondsanleger, die beispielsweise wegen angeblich fehlerhafter Prospekte klagen, liegen im Clinch mit der Gesellschaft. Sehen Sie da keine größeren Risiken?Sämtliche Verkaufsprospekte von Fonds der MPC-Capital-Gruppe waren einwandfrei. Bis heute haben unsere Prospekte jeder rechtlichen Überprüfung standgehalten. Für Prospekthaftungsansprüche besteht aus unserer Sicht keine Grundlage.- Wie widerstandsfähig ist Ihr Geschäftsmodell heute?Wir haben unsere Risikopolitik im Unternehmen grundlegend geändert nach den Erfahrungen in der Krise. Wir gehen heute nicht mehr ins Risiko beim Ankauf von Assets, sondern werden nur dann aktiv, wenn wir Investoren an der Seite haben. Wir selbst beteiligen uns in der Regel mit 2 bis 3 % am investierten Eigenkapital, um den Gleichlauf der Interessen mit den Investoren sicherzustellen.- Inwiefern belastet die 2016 verschärfte Schifffahrtskrise? MPC Capital hat den Bereich Shipping durch die Integration der Reederei Ahrenkiel Steamship und des Chartering-Unternehmens Contchart in den vergangenen Jahren doch verstärkt.Unsere Geschäftsausrichtung in der Schifffahrt – und das gilt im Übrigen für alle Assetklassen – konzentriert sich auf das Anbieten von Serviceleistungen. Wir nehmen keine Assets auf die Bilanz. Wir verstehen uns als Serviceanbieter für alle Dienste, die institutionelle Investoren beispielsweise rund um das Asset Schiff erwarten.- Sie hängen in der Schifffahrt mit den Serviceverträgen, die Sie mit Reedereien abschließen, doch von der Entwicklung der Chartermärkte ab.Ja. Aber wir sind in unserer Entwicklung nicht abhängig von der Entwicklung der Assetpreise selbst. Natürlich drückt derzeit die Entwicklung der Charterraten insbesondere in den Containermärkten auch unsere Rendite. Das wird sich nach unserer Einschätzung auch kurzfristig nicht ändern. Es bietet aber erhebliches Erholungspotenzial, wenn die Containerschifffahrt wieder in ruhigeres Fahrwasser zurückkehrt.- Wo steht die Rendite in diesem Bereich?Wir weisen in der Schifffahrt ein in etwa ausgeglichenes Ergebnis aus. Das Ergebnis wird getragen durch die Serviceerlöse, die wir generieren mit unserem Team von etwa 100 Mitarbeitern. Wir haben uns in den vergangenen Jahren konzentriert auf mittelgroße Containerschiffe, insbesondere im Größenbereich von 1 000 bis 5 000 Standardcontainern (TEU). Bei diesen Schiffen erbringen wir Dienstleistungen für verschiedene Schiffseigner. Wir gehören hier zu den Top-10-Adressen weltweit. Im Massengutsegment haben wir uns über die Gründung eines Joint Venture mit der Reederei Vogemann verstärkt. Hier bündeln wir unsere Kapazitäten im technischen Management für Bulkcarrier.- Wie wichtig sind für die Stabilität von MPC Capital die anderen Standbeine, etwa der Bereich Immobilien?Die Bereiche Schifffahrt und Immobilien hatten für uns in früheren Jahren schon eine gleichrangige Bedeutung, auch wenn wir immer als ein vor allem im Schifffahrtsbereich tätiges Unternehmen wahrgenommen wurden. Der Immobilienbereich wird in den nächsten Jahren das Wachstum und das Ertragspotenzial der MPC Capital wesentlich treiben, und zwar unabhängig von der Zinsentwicklung.- Wie kommen Sie zu dieser Prognose?Wir sind ein Nischenanbieter. Wir haben eine starke Position im niederländischen Immobilienmarkt. In Deutschland haben wir den Bereich des studentischen Wohnens, das Student Housing, weiter entwickelt und gehören heute zu den drei größten Anbietern. Die Nachfrage von Investoren, weitere Projekte zu entwickeln, ist sehr groß. Wir werden mit unserem Konzept 2017 auch nach Südeuropa gehen. Die Expansion im Student Housing wird ein wesentlicher Werttreiber für das Unternehmen sein.- Wie bewerten Sie das Risiko einer Immobilienblase?Wir rechnen fest mit einer schrittweisen Anhebung der Zinsen in den USA in den nächsten Jahren. Der Euroraum wird sich dem auf Dauer nicht verschließen können. Unsere Immobilienprojekte werden unter steigenden Zinsen aber nicht leiden. Der Bereich Student Housing wird von hoher Nachfrage und einem schrumpfenden öffentlichen Angebot für die Mietergruppe getrieben, er ist weniger zinsgetrieben. Dies gilt auch für andere Marktnischen, in denen wir aktiv sind.- Welche Rolle spielt die Assetklasse Infrastruktur?Wir haben das Geschäft in den vergangenen Jahren deutlich intensiviert, nicht zuletzt durch die Verbindung mit unserem Schwesterunternehmen Ferrostaal. Hierüber erhalten wir Zugang zu einer Fülle von attraktiven Assets. Eines der ersten gemeinsamen Projekte ist ein 172-Megawatt-Windpark in Portugal, den wir vor kurzem fertiggestellt haben. Das Investitionsvolumen lag bei 220 Mill. Euro. Darüber hinaus ist es uns gelungen, gemeinsam mit der Ferrostaal und anderen industriellen Partnern eine Pipeline mit Industrieprojekten in Schwellenländern zu entwickeln, über die wir im Moment mit großen institutionellen Investoren in sehr intensiven Gesprächen stehen. Wir gehen fest davon aus, dass uns dort im Jahr 2017 ein großer Durchbruch gelingen wird.- Mit Auswirkungen auf die Ertragslage?Das Windparkprojekt in Portugal hat bereits in diesem Jahr zu unserem Wachstum beigetragen. Die Auswirkungen des noch jungen Bereichs der Industrieprojekte werden im kommenden Jahr noch überschaubar sein. Zwischen der Kontrahierung von Projekten und Investoren einerseits und der Generierung von Erträgen andererseits gibt es eine zeitliche Lücke von durchaus ein bis zwei Jahren. Aber für die langfristige nachhaltige Entwicklung der MPC Capital wird der Bereich Infrastruktur eine große Bedeutung haben. Der Bereich wird zur Verstetigung der Erlösströme beitragen.- Passt Ihre heutige Kapital- und Liquiditätsausstattung zu den Wachstumsplänen?Das Unternehmen ist naturgemäß mit einer stark geschwächten Cash-Position aus der Restrukturierung gekommen. Inzwischen stehen wir bei rund 60 Mill. Euro. Das ist eine Ausstattung, die uns gut durch die nächsten Jahre tragen wird. Nach zwei Barkapitalerhöhungen in diesem Jahr mit einem Gesamtvolumen von 50 Mill. Euro hat sich unsere Eigenkapitalquote auf deutlich über 50 % verbessert. Das ist eine sehr solide Ausgangsbasis für unser weiteres Wachstum, für das Kontrahieren von Projekten und das Anbinden von neuen Investoren.- Wie beurteilen Sie die Resonanz bei Anlegern auf die Wende bei MPC Capital?Ich verweise auf die Kapitalmaßnahmen: Es waren nicht unsere beiden großen Kernaktionäre, die die Kapitalerhöhungen getragen haben, sondern vor allem professionelle Investoren aus London und Frankfurt. Der Glaube an MPC Capital ist zurückgekehrt, unsere intensivierte Kapitalmarktarbeit zahlt sich aus. Der Streubesitzanteil ist in diesem Jahr deutlich gestiegen.- MPC Capital war zu ihren besten Zeiten an der Börse mit 800 Mill. Euro bewertet, heute liegt die Marktkapitalisierung bei 175 Mill. Euro. Die Gesellschaft gehört dem Entry Standard der Frankfurter Börse an. Welches Potenzial sehen Sie?Zum einen wird für den weiteren Kursverlauf wesentlich sein, wie sich steigende Zinsen auf die Aktienmärkte allgemein auswirken. Zum anderen können wir aber den Kurs über die Entwicklung des Unternehmens selbst beeinflussen. Wir sind fest davon überzeugt, dass MPC Capital erhebliche Wachstumschancen in den nächsten Jahren hat und sich die Ertragslage sukzessive verbessern wird. Der Börsenwert hat seit dem Tiefpunkt 2012 schon stark zugelegt. Solche Sprünge sind in den nächsten Jahren nicht mehr zu erwarten. Aber wir glauben an eine sukzessive und nachhaltige Wertsteigerung des Unternehmens.- Wachsen Sie nicht bald aus dem Entry Standard heraus?Wir fühlen uns derzeit im Entry Standard gut aufgehoben und sehen uns die Pläne der Deutschen Börse für ein neues Auswahlsegment im Freiverkehr sehr genau an. Wir denken parallel darüber nach, in den Prime Standard zurückzukehren. Die Chancen, in den SDax aufgenommen zu werden, steigen. Unsere Free-Float-Bewertung bewegt sich derzeit bereits zwischen 60 und 80 Mill. Euro. Für die Aufnahme in den SDax wäre eine Bewertung von 100 Mill. Euro erforderlich. Wir werden die Kapitalmarktarbeit im nächsten Jahr ausbauen.- Sie wollen die Assets under Management (AuM) von heute 5,6 Mrd. auf 10 Mrd. Euro steigern. Bis wann?Wir wollen das Ziel der 10 Mrd. Euro Assets under Management in den nächsten vier bis sechs Jahren erreichen.- Wie werden sich das institutionelle Geschäft und das alte Privatkundengeschäft (Legacy Retail Business) in diesem Zeitraum verschieben?Die Bedeutung des Legacy-Geschäftes, also des Altgeschäftes, wird in den nächsten Jahren abnehmen durch das Auslaufen der Produkte. Innerhalb der nächsten acht Jahre wird das Legacy-Geschäft nahezu bedeutungslos. Aktuell stammen 60 % der Assets noch aus dem Legacy-Geschäft, der AuM-Anteil des institutionellen Geschäfts liegt bei 40 %.- Mit welcher Margenentwicklung rechnen Sie?Wir rechnen durch das Abschmelzen des margenschwächeren Legacy-Geschäfts und durch die Steigerung der Assets under Management im institutionellen Geschäft mit einer Margenverbesserung. Mit unserer Organisation können wir das weitere Wachstum gut stemmen, was eine überproportionale Entwicklung des Ergebnisses erwarten lässt.- Wie werden die Aktionäre von dem Wachstum profitieren?Die Dividenden hängen von der Entwicklung des operativen Cash-flows ab. Wie stabil dieser Cash-flow ist, lässt sich nicht verlässlich vorhersagen. Bei allen neuen Projekten sind wir Co-Investor. Der Mitteleinsatz kann vernachlässigbar sein, es können aber auch mal 5 bis 10 % des Eigenkapitals gefragt sein. Für 2016 werden wir noch keine Dividende zahlen. Bei guter operativer Entwicklung ist eine Ausschüttung für das Jahr 2017 denkbar.- Wie hoch wird die Ausschüttungsquote sein?Wir streben eine Dividendenquote von etwa 50 % an.- Das ist weniger als in den Jahren vor 2008.Ja, damals lagen die Ausschüttungsquoten bei 80 bis 90 %. Die werden wir nicht mehr erreichen. Das ist mit unserem neuen Geschäftsmodell unmöglich.—-Das Interview führte Carsten Steevens.