"Der M & A-Markt in den USA boomt"
Von Karin Böhmert, Frankfurt”Wir fokussieren uns auf Qualität, nicht Quantität”, unterstreicht Jeffery Perkins, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung der auf die Beratung von Mergers & Acquisitions (M & A) fokussierten Harris Williams, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Das behaupten alle Investmentbanker, könnte man dagegenhalten. Doch Perkins untermauert seine Aussage mit einer Zahl: Zwei bis drei Transaktionen werde sein Haus zunächst hierzulande mit dem aktuellen Team pro Jahr abschließen, und das sei so gewollt. Detaillierte VorbereitungSchließlich seien alle Managing Directors, also hochrangigen Führungskräfte, in den Transaktionen während der gesamten Dauer eines Unternehmensverkaufs in den jeweiligen Prozessschritten involviert “und nicht nur am Anfang des Prozesses (“Kick-off”) oder beim Abschluss (“Closing Dinner”)”.”Wir überlassen nichts dem Zufall”, sagt Perkins, der sowohl Finanzinvestoren als auch mittelständische Unternehmen berät, denn “zum Beispiel Familienunternehmen sind anders als Private-Equity-Investoren”. Allein schon deshalb, weil viele privat geführte Unternehmen über wenig oder keine Erfahrungen beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen verfügten. Das erfordere detaillierte Vorbereitung und viele Erklärungen. “Investmentbanker Speak” gehe dabei nicht, sagt der Amerikaner Perkins, der fließend Deutsch spricht und seit über 20 Jahren hier lebt.Harris Williams, gegründet 1991 durch Chris Williams und Hiter Harris, die noch heute an Bord sind, gehört seit 2005 zu PNC Financial aus Pennsylvania, die sich wiederum zu dem halben Dutzend der gemessen an der Bilanzsumme größten Banken in den USA zählt. Harris Williams fokussiert sich mit ihrer Beratung bei Unternehmensfusionen und Übernahmen konsequent nur auf den Mittelstand. Das sind in Europa Unternehmen mit einem Unternehmenswert (Enterprise Value) zwischen 50 Mill. und 600 Mill. Euro, in den USA dürfen es auch bis zu 1,5 Mrd. Dollar sein.Vertreten ist das Beraterhaus mit sechs Büros in den USA und zwei in Europa. Neben London mit 15 Mitarbeitern kam vor genau einem Jahr die Niederlassung in Frankfurt hinzu, die Perkins aufgebaut hat und die inzwischen ein halbes Dutzend Mitarbeiter beschäftigt. In drei bis fünf Jahren soll Frankfurt auf zehn bis zwölf Personen wachsen, kündigt Perkins an. In ihren acht Büros beschäftigt Harris Williams derzeit insgesamt 230 Mitarbeiter, darunter 185 Professionals. Jährlich schließe Harris Williams um die 70 Transaktionen ab, im laufenden Jahr seien es bereits 30. “Der M & A-Markt in den USA boomt”, sagt Perkins.Aufgestellt hat sich das US-Haus allerdings nicht geografisch, sondern nach zehn verschiedenen Industrien bzw. Branchen, die genau analysiert werden. “Dadurch erhalten Kunden kompetente Ansprechpartner”, sagt Perkins. Im Bedarfsfall könnten diese von überall hinzugezogen werden. So stünden in den USA allein 25 Mitarbeiter bereit, die sich nur auf den Sektor Healthcare spezialisiert haben. Diese wurden auch hinzugezogen, als das Frankfurter Büro das Familienunternehmen Trumpf beim Verkauf der Medizintechniksparte an die US-amerikanische Hill-Rom Holdings beraten hat. Fast nur VerkaufsmandateDie Investmentbank führt fast ausschließlich Verkaufsmandate aus – aber auch nicht alle. “Wir sind sehr wählerisch, welche Verkaufsmandate wir annehmen. Über die Hälfte der an uns herangetragenen Projekte lehnen wir ab. Dies trifft zu, wenn die Qualität des Verkaufsobjektes oder die Erfolgschancen eines Verkaufs nicht gegeben sind und wir unsere Industrieexpertise nicht entsprechend einbringen können”, unterstreicht Perkins. Durch Vorbereitungen und Erfahrungen in den jeweiligen Branchen wisse man, was bei wem auf Kaufinteresse stoße. Insofern spreche man nur ausgewählte Firmen als potenzielle Käufer an. Dies können mal bis zu 15 oder auch 20 mögliche Interessenten sein, meistens handele es sich nicht um große Bieterprozesse.Denn dies passe nicht wirklich zu der wichtigen Klientel von Harris Williams in Deutschland, dem Mittelstand, darunter um die 50 % Familienunternehmen. Diese seien oft “sehr geheimnisvoll” und sehr bedacht sowohl auf den teils über lange Jahre aufgebauten Namen als auch auf ihre eigene Kundschaft. Aber auch die Integration der Mitarbeiter und des Managements sowie der Erhalt der Standorte stünden für Mittelständler, die oft persönlich am Ort ihrer Firma verankert sind, an erster Stelle.Beim Verkauf – sei es aus Nachfolgegründen oder um weiteres Wachstum durch einen potenten Käufer zu sichern – müsse zwar der Preis stimmen, aber das sei eben nicht allein die ausschlaggebende Komponente, betont Perkins. Insofern erfordere es eine sensible Prozessvorbereitung und -steuerung, angefangen bei der Abstimmung des Interessentenkreises gemeinsam mit dem Kunden, über das Sammeln von Informationen, die Erstellung aussagekräftiger Verkaufsunterlagen und den Umgang mit sensiblen Informationen bis hin zur Meinung über die Kommunikation mit Mitarbeitern und der Öffentlichkeit.Das Vorauswahlverfahren von Kaufinteressenten sichere eine hohe Abschlusssicherheit von über 80 %. Zudem liege bei im Durchschnitt 82 % der abgeschlossenen Transaktionen der erzielte Verkaufspreis in oder über dem anfänglichen Bewertungsrahmen. Genaue AnalyseDie Vorauswahl potenzieller Käufer basiere auf einer genauen Analyse von deren jeweiligem bisherigem Bieterverhalten. Dieses Verfahren sei in der M & A-Beraterbranche nach Angaben von Perkins einmalig. Dazu nutzt Harris Williams eigene, seit 1995 ermittelte historische Daten vergangener Transaktionen. Verglichen wird dabei, wie oft der potenzielle Käufer eines zum Verkauf stehenden Unternehmens Interesse an anderen Transaktionen von Harris Williams gezeigt, eine Management-Präsentation besucht und Angebote abgegeben hat. Daraus ließen sich Rückschlüsse für künftige Transaktionen recht erfolgreich ableiten und die Transaktionssicherheit erhöhen, betont Perkins.Angefangen hat Harris Williams mit der Beratung von Finanzinvestoren in den USA, wo es heute rund 4 850 dieser Unternehmen gebe, in Deutschland etwa 85 in relevanter Größe und mit entsprechender Erfahrung. Dieses sehr anspruchsvolle Geschäft habe die Firma geprägt und viel Umsatz gebracht. Fast zwei Drittel des Jahresumsatzes kämen von bisherigen Kunden. Entsprechend ist die Kundenbasis von Harris Williams stark von dieser Gruppe geprägt: Seit 2000 war Harris Williams gemessen an abgeschlossenen Transaktionen in 64 % der Fälle für Private-Equity-Gruppen tätig, in 32 % für private oder Familienunternehmen und in lediglich 4 % für börsennotierte Unternehmen.Finanzinvestoren, denen hierzulande immer noch der “Heuschrecken-Makel” anhafte, hätten in den USA allerdings ein deutlich besseres Renommee, so Perkins. Schließlich würden Finanzinvestoren in die von ihnen erworbenen Firmen investieren, diese strukturieren und ihnen dadurch helfen zu wachsen. Perkins wünscht sich daher, dass die Private-Equity-Branche auch hierzulande ihre bisher geleistete erfolgreiche Arbeit deutlicher darstellt und damit an einer Verbesserung ihres Images arbeitet. “Perfekte Bedingungen”Für M & A-Vorhaben im deutschen Mittelstand herrschten zurzeit “perfekte Bedingungen”, so Perkins. Banken seien offen für Finanzierungen der Käufer, Finanzinvestoren “voll mit Eigenkapital” und Strategen bereit, ein bis zwei Faktoren im Ebitda-Multiplikator mehr zu bezahlen.Doch Familienunternehmer tun sich trotzdem offenbar schwer mit Verkäufen. Für viele stelle sich die Frage, was soll mit dem Geld aus einem Verkauf geschehen angesichts des Niedrigzinsumfeldes? Statt das Unternehmen zu verkaufen, wird deshalb eher eine neue Halle gebaut oder der Maschinenpark erneuert. Immerhin hätte dann die Europäische Zentralbank ihr Ziel erreicht, mit niedrigen Zinsen Investitionen und die Wirtschaft anzukurbeln.