PERSONEN

Der richtige Mann zur richtigen Zeit

Von Bernd Wittkowski, Düsseldorf Börsen-Zeitung, 1.7.2017 "Es war eine große Ehre, der Apo-Bank zu dienen." Mit diesem Schlusssatz verabschiedete sich der im August, dann 63-jährig, nach gut acht Jahren an der Spitze der Deutschen Apotheker- und...

Der richtige Mann zur richtigen Zeit

Von Bernd Wittkowski, Düsseldorf”Es war eine große Ehre, der Apo-Bank zu dienen.” Mit diesem Schlusssatz verabschiedete sich der im August, dann 63-jährig, nach gut acht Jahren an der Spitze der Deutschen Apotheker- und Ärztebank ausscheidende Vorstandsvorsitzende Herbert Pfennig am Freitag auf seiner letzten Vertreterversammlung von den Eigentümern. Die etwa 300 anwesenden Genossen und Standesvertreter der Heilberufe erwiesen ihren Dank und Respekt für Pfennigs Leistungen mit minutenlangen stehenden Ovationen. In der anschließenden Aussprache zum Bericht des Vorstands gab es eine einzige Wortmeldung. Pfennig sei für die mit einer Bilanzsumme von rund 39 Mrd. Euro größte genossenschaftliche Primärbank der richtige Mann zur richtigen Zeit gewesen, meinte Brigitte Ende, Vorstandsmitglied des Versorgungswerks der Landesärztekammer Hessen. Damit war zu diesem Tagesordnungspunkt anscheinend (fast) alles gesagt.Zuvor hatte der Aufsichtsratsvorsitzende Hermann Stefan Keller daran erinnert, dass Pfennig 2009 “ein schweres Erbe angetreten” habe, bevor er das Düsseldorfer Institut mit einer klaren Mission durch herausfordernde Zeiten steuerte. Rückblende: Für 2009 hatte die 1902 gegründete Bank erstmals in ihrer Geschichte einen Verlust ausweisen müssen: happige 283 Mill. Euro. Weit überdimensionierte Kapitalmarktaktivitäten mit einem Finanzinstrumente-Portfolio von mehr als 16 Mrd. Euro, darunter strukturierte Produkte von 5,5 Mrd. Euro, hatten die traditionell eigentlich stockkonservative, doch vorübergehend auf Abwege der Zockerei geratene Bank in die Bredouille gebracht. Zu allem Überfluss kamen in der Folgezeit die eine oder andere Affäre sowie Rechtshändel mit früheren Topmanagern hinzu. Wenige Monate zuvor waren die unter der Ägide von Pfennigs Vorgänger Günter Preuß eingegangenen Risiken aus den toxischen Assets noch kleingeredet worden.Nachdem in der Vergangenheit schon tief in die Substanz gegriffen worden war, um das Zahlenwerk noch halbwegs passabel aussehen zu lassen, musste Pfennig die Eigentümer vor sieben Jahren bitten, auf eine Dividende zu verzichten. Die Kernkapitalquote schnurrte auf 6,2 % zusammen, obwohl die Solidargemeinschaft der Volks- und Raiffeisenbanken über die Sicherungseinrichtung ihres Verbandes, des BVR, mit Garantien einsprang. “Weißer Rabe”Als Pfennig vor gut zwei Jahren die Krise des Hauses für abgehakt und die Sanierung für beendet erklärte, stand ein Schaden von mindestens 1,5 Mrd. Euro zu Buche, der durch den von Union Investment klug gemanagten Portfolioabbau wohl noch in Grenzen gehalten worden war. Doch die Garantien des BVR, auf deren hohe Bedeutung für die positive Entwicklung der Bank Pfennig am Freitag hinwies, mussten am Ende nicht in Anspruch genommen werden. Die Apo-Bank strotzte plötzlich wieder vor Ertrags- und Kapitalkraft. Seit 2010 wurde mehr als 1 Mrd. Euro Kapital aufgebaut, reichlich zwei Drittel davon aus Zuführungen zu den Reserven, wie Pfennig den Eigentümern nun vorrechnete. Die harte Kernkapitalquote liegt heute in der Nähe von 23 %, der Dividendenausfall (für 2016 werden 4 % ausgeschüttet) blieb ein einmaliges Ereignis, und angesichts der Zahlen erscheint es keineswegs als unangemessene Selbstbeweihräucherung, wenn der scheidende Chef seine Bank als den “weißen Raben” der Branche bezeichnet. Solche Turnaround-Storys werden hier ja nicht alle Tage geschrieben.Auch für das laufende Geschäftsjahr der Standesbank des Gesundheitswesens konnte Pfennig, der eher en passant die “eiskalte Enteignung” der Sparer durch die Negativzinsen der EZB bei wieder anlaufender Inflation und das “Extremmaß an Regulatorik” kritisierte, auf der Vertreterversammlung von einer positiven Entwicklung, teils sogar von Rekorden berichten. So sei der Kreditbestand bei einem starken Neugeschäft von 2,9 Mrd. Euro in den ersten fünf Monaten um 1,2 Mrd. Euro gestiegen. Der Zinsüberschuss liege (nur) leicht unter Vorjahr, während das Provisionsergebnis um ein gutes Drittel emporgeschnellt sei. Im Ruhestand ein StudiumSosehr es Pfennig erklärtermaßen genoss, den Vertretern der Eigentümer die schönen Zahlen zu präsentieren, war ihm gegen Ende seiner Rede doch anzumerken, dass es ihn stark bewegte, dies zum letzten Mal zu tun. Und daraus machte der verheiratete Vater zweier Töchter, der auf dem 1974 in seiner Heimatstadt Fürth begonnenen Berufsweg Erfahrungen in allen drei Säulen gesammelt hat (vorher Dresdner Bank und Frankfurter Sparkasse), auch gar kein Hehl. Man nimmt es dem Manager ab, wie sehr ihn Einsatz und Leistungsfähigkeit der Führungskräfte und Mitarbeiter, die “tolle, kongeniale” Zusammenarbeit im Vorstand, die Unterstützung durch den Aufsichtsrat (“alle politischen Interessen und Eitelkeiten sind hinter das gemeinsame Interesse … zurückgetreten”) oder das Vertrauen und der Altruismus der Eigentümer beeindruckt – und wohl zu eigenen Höchstleistungen motiviert haben.Höchstleistungen will Pfennig künftig auf anderen Gebieten vollbringen. Neben manchem Mandat, auch in der Finanzwirtschaft, das er behält oder neu annimmt, so etwa bei Mainfirst, plant er für den Ruhestand ein Fotografiestudium, um seine (sicher schon jetzt exzellenten) Fertigkeiten auch in dieser Hinsicht weiter zu perfektionieren.