Deutsche Bank guckt sich in England um

Das vor einem IPO stehende Fondsgeschäft ist in Großbritannien schwach aufgestellt - Zukauf soll helfen - Neue Daten veröffentlicht

Deutsche Bank guckt sich in England um

Die Deutsche Bank wirbt um Investoren für den Börsengang ihrer Fondssparte. Um Pluspunkte zu sammeln, sondiert sie den Markt in Großbritannien nach einer Zukaufmöglichkeit. Das dortige schwache Fondsgeschäft soll aufgepäppelt werden.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtDie Deutsche Bank sondiert den britischen Markt nach Zukaufsmöglichkeiten, um für ihre Vermögensverwaltungstochter, die vor einem Börsengang steht, das dortige, eher unterbelichtete Geschäft aufzupäppeln. Nach Informationen der Börsen-Zeitung geht es um eine kleinere Transaktion, um die dortige Lücke, die mit dem Verkauf der früheren Aktivitäten an Aberdeen 2005 entstanden ist, wenigstens etwas wieder aufzufüllen. Im Gegensatz zu anderen, international agierenden Fondsgesellschaften ist die Deutsche Asset Management auf dem fünftgrößten Fondsmarkt Europas nur dürftig vertreten. Und trotz des Brexit wird das in London betriebene Assetmanagementgeschäft weiterhin global eine zentrale Rolle einnehmen. Die Deutsche Bank wollte auf Anfrage keine Stellung beziehen.Derzeit läuft die Roadshow für den Börsengang der Vermögensverwaltungssparte bei Kunden der Deutschen Bank auf der ganzen Welt. Diese sollen als Investoren gewonnen werden. Das Initial Public Offering (IPO) ist für die erste Jahreshälfte geplant. Die Aussicht auf einen Zukauf in Großbritannien, dem so wichtigen europäischen Fondsstandort, wäre somit ein Punkt, der bei der Werbetour sicherlich für gute Stimmung sorgen könnte. Zusätzlicher AusschussImmerhin waren potenzielle Aktionäre bereits dadurch vergrätzt worden, dass sich die Deutsche Bank durch Rechtsformänderung der Tochter in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) ihre Vorherrschaft als Hauptanteilseigner sichert und die neuen Anteilseigner in ihren Mitspracherechten beschneidet. Daher wird bereits damit gerechnet, dass Investoren einen Abschlag auf den Emissionspreis verlangen werden. Die Deutsche Bank will ein Viertel der Anteile ihrer Tochter an die Börse bringen und hofft auf einen Emissionserlös von 2 Mrd. Euro. Schwelle von 40 ProzentEiner am Donnerstag veröffentlichten Kapitalmarktinformation zufolge soll die KGaA in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden, sollte der Anteil der Deutschen Bank in Zukunft auf unter 40 % fallen. Zudem wurde bekannt, dass ein zusätzliches Gremium, das Joint Committee, eingezogen werden soll, das aus zwei Vertretern der Deutschen Bank und zwei Vertretern des Aufsichtsrats besteht. In diesem Ausschuss sollen die zentralen geschäftspolitischen Entscheidungen getroffen werden. Der Aufsichtsrat der KGaA setzt sich zusammen aus drei Mitgliedern der Deutschen Bank, fünf unabhängigen Mitgliedern und vier Arbeitnehmervertretern.Mit ihrer schwachen Präsenz in Großbritannien hat die Deutsche Asset mit einem weltweit verwalteten Vermögen von 700 Mrd. Euro einen Minuspunkt auf ihrer Liste für den Börsengang. Zum Beispiel im boomenden Segment der Indexfonds: In Großbritannien liegt das verwaltete Vermögen in Exchange Traded Funds nur halb so hoch wie im europäischen Schnitt. Gerade die europäische starke Stellung im ETF-Segment ist für die Börsenstory, die man den Investoren verkaufen will, von zentraler Bedeutung. Großer Verkauf 2005Die englische Lücke ist umso interessanter, weil der Chef der Deutschen Asset, Nicolas Moreau, sowie wichtige Teile der Führungsmannschaft dort noch ihren Sitz haben. Nach der Rechtsformänderung soll die Geschäftsführung künftig zur Hälfte in Frankfurt sitzen.Dabei war die Deutsche Bank einst relativ breit im britischen Fondsmarkt vertreten. 2005 aber veräußerte sie das institutionelle Geschäft mit Aktien-, Anleihen- und Multi-Asset-Produkten sowie das Geschäft mit Privatkunden für 265 Mill. Pfund an Aberdeen.Dies war damals ein verwaltetes Vermögen von 46 Mrd. Pfund, das die Fondsgesellschaft auf einen Schlag verlor. Zuvor hatte es allerdings wegen schlechter Performance der Deutsche-Bank-Produkte massive Abflüsse im britischen Fondsgeschäft gegeben, und zwar von 25 Mrd. Euro allein im Jahr 2004. Nur das Hedgefonds- sowie das Immobilienfondsgeschäft blieben damals in Großbritannien erhalten.Darüber hinaus veräußerte die Deutsche Bank im Jahr 2016 auch den britischen Lebensversicherer Abbey Life, der zur Vermögensverwaltungssparte zählte. Dieser ging für 935 Mill. Pfund an Phoenix.Insofern wären Zukäufe jeglicher Art in Großbritannien für die Deutsche Bank denkbar. So könnte das ETF-Geschäft vergrößert oder die durch den Niedrigzins florierenden alternativen Produkte (strukturiertes Kreditgeschäft, regelbasierte Anlagestrategien, Immobilien, Infrastruktur) ausgebaut werden. Moreau hatte im Rahmen der Roadshow Investoren gegenüber schon erwähnt, dass man sich im alternativen Segment verstärken will. Alternative ProdukteDie alternativen Investments sind in Großbritannien im Vergleich zu Deutschland sehr stark vertreten. Fast ein Fünftel des britischen Fondsvermögens von mehr als 6 Bill. Euro zählt zu den alternativen Assets.Angesichts der verschärften Regulierung und der harten Konkurrenz durch die günstigen ETF ist 2017 das Volumen der Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M & A) in der Fondsindustrie nach Berechnungen des Datendienstleisters Dealogic auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise gestiegen. Weltweit wurden Transaktionen von 40,9 Mrd. Dollar angekündigt. Höhere TransaktionswerteDies lag indes nicht an einer gestiegenen Anzahl von Transaktionen, sondern an gestiegenen Transaktionswerten. Der größte 2017 angekündigte M & A-Deal war die Verbindung von Standard Life und Aberdeen. Weitere frühere Zusammenschlüsse waren Janus und Henderson sowie Amundi und Pioneer Investments. Die Investmentbank Jefferies erwartet für das laufende Jahr hauptsächlich M & A-Deals in kleinerem Umfang, indem große Assetmanager kleine Nischenanbieter kaufen, zum Beispiel Anbieter von Private-Equity-Fonds.Den jüngsten Informationen vom Donnerstag zufolge konnte die Deutsche Asset im vergangenen Jahr 15,8 Mrd. Euro an Nettomitteln einsammeln. Im Jahr zuvor hatte sie Abflüsse von 39 Mrd. Euro gehabt.