Deutscher Finanzierungsmarkt findet Alternativen

Deutsche Banken verlangen höhere Margen

Banken in Deutschland sind bei Immobilienfinanzierungen sehr zurückhaltend, während Kreditfonds zunehmend Marktanteile gewinnen. Großbritannien zeigt sich offener.

Deutsche Banken verlangen höhere Margen

Banken erhöhen Margen bei Immobilienkrediten

Marktrisiken, Regulierung und Refinanzierungskosten als Gründe – Kreditfonds dienen zur Zwischenfinanzierung

Von Thomas List, Frankfurt

Zentraler Unterschied beider Befragungen ist für Fabio Carrozza, Geschäftsführer von BF.real estate finance, die Finanzierungsbereitschaft der Banken im Immobilienbereich. „Die ist in Deutschland nach wie vor sehr, sehr restriktiv“, sagte er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Das erleben wir täglich, wenn wir Banken nach Finanzierungen fragen.“

Diese Zurückhaltung erleben Carrozza und seine Mitarbeiter selbst bei niedrigen Beleihungsausläufen (LTV) und Loan to Costs (LTC Darlehenshöhe zu Baukosten). „Wir sind bei Finanzierungsanfragen erfolgreicher, wenn wir Nichtbanken wie Kreditfonds ansprechen als wenn wir bei Banken vorstellig werden.“ Kreditfonds würden heute die Größenordnungen und Kreditparameter finanzieren, die vor drei oder vier Jahren noch Banken gemacht hätten. „Das betrifft Bestandsimmobilien mit niedrigen LTVs und laufenden Mieteinnahmen.“ Banken seien heute aus verschiedenen Gründen mit sich selbst beschäftigt und „viel langsamer als noch vor einigen Jahren“, so Carrozza.

Britische Banken auf Finanzierungskurs

Zum Vergleich verweist Carrozza auf Großbritannien. „Der dortige Markt ist wieder auf Finanzierungskurs. Die dortigen Finanzierer suchen wieder nach attraktiven Objekten, auch hierzulande, weil Deutschland für sie ein sehr interessanter Markt für die Immobilienbranche ist.“ Zur Begründung verweist der Finanzierungsspezialist auf den unterschiedlichen Umgang mit leistungsgestörten Krediten. „Die Angelsachsen haben ihre schlecht laufenden Engagements abgeschrieben. Mit einer bereinigten Bilanz können sie sich jetzt auf neue Engagements konzentrieren.“

Ganz anders laufe das hingegen gerade bei deutschen Banken. „Abschreibungen und vor allem Verkäufe von leistungsgestörten Krediten sind sehr selten. Es muss viel passieren, damit es dazu kommt.“ Die von ihren Altlasten befreiten britischen Finanzierer stehen im intensiven Wettbewerb um attraktive Engagements. Das drückt die Margen und ist für Carrozza eine der wesentlichen Erklärungen dafür, dass CBRE in ihrer kürzlich veröffentlichten „European Lender Intentions Survey 2025“ von einer Margenkompression spricht.

Theorie und Praxis

Carrozzo vermutet außerdem, dass CBRE nach abgeschlossenen Transaktionen fragt. „Bei unserer Befragung der Pfandbriefbanken haben wir oft den Eindruck, dass für einen hypothetischen Abschluss zum aktuellen Zeitpunkt geantwortet wird. Sprich: Wie würden wir eine Transaktion bepreisen, wenn der LTV oder der LTC bei x oder y wäre?“ In einem Fall geht es also um echte Transaktionen, im anderen um theoretische.

Einen deutlichen Unterschied erkennt Carrozza zwischen Banken auf der einen und Kreditfonds auf der anderen Seite bei der Dauer des Kreditbewilligungsprozesses bis hin zur Auszahlung. „Von der Ansprache einer Bank bis zur Auszahlung vergingen früher fünf bis sechs Monate. Mittlerweile reden wir eher über sechs bis neun, manchmal sogar zwölf Monate.“

Term Sheets machen den Unterschied

BF.direkt erfasst, wie lange es von der Vorlage eines von der Bank unterschriebenen Term Sheets bis zur Auszahlung der Kreditsumme dauert. „Eine Bank versendet ein Term Sheet erst, nachdem die Detailprüfung schon vorgenommen wurde, sprich alle Informationen und Unterlagen vorgelegen sind. Meist wurde auch schon die Marktfolge, also das Riskmanagement, einbezogen. Dann einigt man sich auf finanzielle Eckpunkte, wie man als Bank die Finanzierung begleiten kann und will.“

„Selbst bei Vorlage des Term Sheets dauert es noch mindestens vier, wenn nicht fünf Monate bis zur Auszahlung.“ Aus den Kontakten von BF.direkt mit Banken weiß Carrozza, dass deutlich mehr Abteilungen als früher eingebunden werden müssen. „So wird die Workout-Abteilung vorsorglich informiert, um für den Fall einer Leistungsstörung schon bestimmte Rahmenbedingungen im Kreditvertrag festzuzurren.“ Eingebunden werde außerdem die Unternehmenssteuerung. „Denn für die Bank ist es wichtig zu wissen, wie viel Eigenkapital sie für bestimmte Kredite vorhalten muss.“

Zusätzliche Schleifen werden eingebaut

Schließlich würden häufig der Vorstandsentscheidung noch Gremien vorgeschaltet. Carrozza kennt den konkreten Ablauf in einer Bank: „Am Dienstag tagt der Vorstand, um über die Kredite zu entscheiden. Am Donnerstag davor tagt das Kreditkomitee. Dort wird entschieden, ob die Risk weighted assets (RWA) überhaupt für dieses Kreditengagement zur Verfügung gestellt werden sollen. Davor werden bereits die Bereichsleiter abgeholt.“

BF.direkt vermittelt Kredite zwischen einer einstelligen und einer dreistelligen Millionenhöhe. „Das größte Engagement, das wir begleitet haben, war Ende des Vorjahres 450 Mill. Euro.“ Finanzierungsanfragen für Projektentwicklungen gebe es im Moment so gut wie gar nicht. „Würde man Projektentwicklungen heute refinanzieren, würde der Eigentümer komplett sein Geld verlieren, eventuell auch der Mezzaninegeldgeber und vielleicht würde sogar die finanzierende Bank noch Geld verlieren.“

Debtfonds lösen Banken ab

Die heutigen Finanzierungsanfragen beträfen Bestandsimmobilien mit laufenden Cashflows. „Früher wären das typische Bankfinanzierungen gewesen. Heute sind die Debtfonds in ihren Entscheidungen einfach schneller. Allerdings ist nicht jede Finanzierung für solche Fonds geeignet.“ Denn Fonds seien deutlich teurer als Banken. „Bei einer Finanzierungsanfrage, die aus unserer Sicht bankgeeignet ist, sprechen wir eine Bank an – parallel aber auch Debtfonds, um die sechs bis neun Monate zu überbrücken, die die Bank für ihre Entscheidung braucht. Das passiert meist, wenn ein Unternehmen ein Objekt mit einem guten Mieter kaufen will. Es steht dann meist im Wettbewerb mit anderen Bietern und muss sich daher schnell die Finanzierung sichern.“

Bei einer Erstrangfinanzierung ist der Zinsunterschied zwischen Bank und Debtfonds erheblich. „Bei normalem Beleihungsauslauf, also 75 bis 80%, liegt die Bank heute bei einer Laufzeit von zehn oder 15 Jahren inklusive Opportunitätszinssatz bei maximal 5,5 bis 6,0%. Der Fonds liegt eher bei 9%, bei einer Laufzeit von zwei bis drei Jahren.“ Kreditfonds akzeptieren nach Carrozzas Erfahrung problemlos eine Ablösung nach sechs oder neun Monaten. „Sie lassen sich halt zwölf Monate bezahlen.“

Alle Beteiligten profitieren

Carrozza sieht bei diesem Vorgehen nur Gewinner. „Die Bank hat ausreichend Zeit zur Prüfung, weil sie weiß, dass ein Fonds die Prüfungszeit überbrückt. Der Fonds wiederum bekommt einen interessanten Deal und der Kunde kann sich sein Wunschobjekt sofort sichern, ohne sechs oder neun Monate warten zu müssen, bis die Bank sich entscheidet.“

Finanziert werden aktuell Wohnen, Büros in guten Lagen, Logistik und auch Hotels. „Fonds mögen Hotels aktuell deutlich lieber als Banken“, stellt Carrozza fest. Viele große Fonds beginnen erst bei 20 oder 30 Mill. Euro Ticketgröße, behalten das Kreditengagement dann aber selbst – im Gegensatz zu Banken, die dreistellige Millionen-Euro-Kredite zwar zeichnen, dann aber meist syndizieren.

Nur Großengagements sind interessant

Versicherer, mit denen BF.direkt zusammengearbeitet hat, engagieren sich erst bei Krediten ab 100 Mill. Euro. „Versicherer wollen große, lang laufende Kredite, also zum Beispiel eine Büroimmobilie mit einem bonitätsmäßig erstklassigen Mieter, vorzugsweise einem Dax-Mitglied, mit 15 oder 20 Jahren Laufzeit.“ Kapitalsammelstellen wie Versorgungswerke und Pensionskassen machen nur noch Bestandsfinanzierungen.

„Bei Projektentwicklungen haben sich einige die Finger verbrannt.“

Die Margen deutscher Banken für Immobilienkredite haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, hat eine Umfrage bei deutschen Immobilienbanken ergeben. Eine Befragung europäischer Finanzierer durch CBRE zeigt hingegen einen Rückgang (Margenkompression), allerdings auf Jahresbasis.