Deutsche Börse baut am integrierten Währungsangebot

Verhandlungen über Devisenhandelsplattform FXall - Kapitalerhöhung nicht ausgeschlossen - Synergiepotenzial mit Termin- und Clearinggeschäft

Deutsche Börse baut am integrierten Währungsangebot

Die Deutsche Börse hat Verhandlungen über einen Kauf der Devisenhandelsplattform FXall bestätigt, aber die kolportierte Kaufsumme von 3,5 Mrd. Dollar dementiert. Devisenhandelsplattformen sind auf dem Mergers-&-Acquisitions-Markt hoch im Kurs. Börsenbetreiber erhoffen sich daraus Wachstum. Von Dietegen Müller, FrankfurtDer weltweit größte Markt – der Devisenmarkt – steht seit längerem bei den Börsenbetreibern hoch im Kurs. Bisher werden dort Transaktionen meist außerbörslich und zwischen zwei Parteien gehandelt. Die Hoffnung ist, mehr Geschäft auf Börsenplattformen mit vielen Handelsteilnehmern zu ziehen sowie standardisierte börsengehandelte Derivate aufzulegen.Das öffentlich bekundete Interesse der Deutschen Börse an der Refinitiv-Tochter FXall reiht sich also ein in einen Industrietrend. Der Marktbetreiber bestätigte in der Nacht auf Donnerstag “im Hinblick auf bestehende Marktgerüchte”, sich in “konkreten Verhandlungen mit der Refinitiv-Gruppe über den möglichen Erwerb einzelner FX-Geschäftsbereiche” zu befinden. Die Verhandlungen und Prüfungen einer potenziellen Transaktion dauerten an, hieß es.Das Devisengeschäft gehört zusammen mit dem Anleihen-, Rohstoff-, Daten- und Indexgeschäft zu den erklärten Wachstumsfeldern unter Deutsche-Börse-CEO Theodor Weimer und in der “Roadmap 2020”. Selbst nach dem cashneutralen Kauf des Portfolio- und Risikomanagementlösungsspezialisten Axioma (vgl. BZ vom Donnerstag) hat der Weltkonzern aus Eschborn noch einige finanzielle Feuerkraft. Eine Transaktion, welche die Größenordnung von 1,5 Mrd. Euro deutlich sprengen würde, wäre aber nicht ohne eine Kapitalerhöhung möglich, da sonst das für die Abwicklungs- und Verwahrtochter Clearstream wichtige Investment-Grade-Rating des Unternehmens gefährdet würde. Für FXall wird ein Kaufpreis von 3,5 Mrd. Dollar kolportiert, eine Summe, welche die Deutsche Börse jedoch als ohne jede Grundlage bezeichnet hat. Kapitalerhöhung möglichEine Kapitalerhöhung hat der akquisitionshungrige Vorstandschef auf der Bilanzpressekonferenz im Februar nicht ausgeschlossen. Weimer sagte zwar, die Börse würde die Investoren nicht vorher fragen, ob sie im Rahmen eines Zukaufs auch eine Kapitalerhöhung mittragen würden. Das Unternehmen stehe aber in regelmäßigem Dialog mit den Anteilseignern, und die Investoren würden die Börse auch zu Zukäufen ermutigen (vgl. BZ vom 15. Februar).Ein Kauf von FXall würde das bestehende Devisengeschäft der Deutschen Börse, das unter der Bezeichnung 360T im Jahr 2018 rund 79 Mill. Euro Nettoerlös erzielt hat, verstärken. 2015 hatte die Deutsche Börse die Devisenhandelsplattform 360T für 725 Mill. Euro gekauft, finanziert durch eine Mischung aus Fremd- und Eigenkapital. 2017 legte sich dann der ungleich kleinere Wettbewerber Euronext für rund 150 Mill. Dollar die Devisen-Spothandelsplattform Fastmatch zu. 2018 wiederum erwarb die Deutsche Börse zusätzlich zu 360T für 100 Mill. Dollar die Devisenhandelsplattform GTX. Die weltgrößte Terminbörse CME sorge im März 2018 mit der Übernahme der Devisenhandels- und Anleihenhandelsplattform Nex Group für 5,5 Mrd. Dollar zudem für Aufsehen – der Konsolidierungsdruck ist damit offensichtlich.Solche elektronischen Kommunikationsnetzwerke ermöglichen den Handel von Finanzprodukten, die bisher nicht auf Börsen gehandelt werden. Durch den breiteren Teilnehmerkreis versprechen sie potenziell wettbewerbsfähigere Kursstellungen. Der riesige Devisenmarkt gilt bei Börsenmanagern als potenziell lukratives Geschäftsfeld. Die Kunst besteht darin, das vorwiegend außerbörslich abgewickelte Geschäft aus dem Broker-Dealer-Markt auf eine börsliche Plattform zu heben. Auch die Deutsche Bank etwa bietet Währungshandel über die mit der eigenen Autobahn-Handelsplattform verbundene Foreign Exchange Platform an. Synergien mit TerminmarktDabei sind auch Synergien zwischen Kassa- und Terminmarkt für die Börsenbetreiber ein Thema. Der weltgrößte Terminbörsenbetreiber CME etwa hat die Devisenfutures mit den außerbörslichen Währungshandelsplätzen verlinkt. Auch die Deutsche Börse will ihr integriertes Geschäftsmodell auf den Währungsmarkt ausdehnen. Die zur Deutschen Börse gehörende Terminbörse Eurex arbeitet derzeit daran, einen liquiden Markt von börsengehandelten Derivaten auf außerbörslichen Währungskontrakten aufzubauen. Dazu zählen laut Eurex-CEO Thomas-Book-Futures, Optionen und ein Rolling-Spot-Future (vgl. BZ vom 27.9.2018).Auch das Angebot im Währungsclearing soll forciert werden, so arbeitet Eurex am Thema Währungs- und Cross-Currency-Swaps. Allerdings gibt es im Devisengeschäft – anders als im Bereich der Euro-Zinsderivate und Repo-Transaktionen – noch kein laufendes Partnerschaftsprogramm. Anders als bei Zinsswaps ist das Clearing von Devisenkontrakten nicht Pflicht. Durch das zentrale Clearing werden die im bilateralen Handel auftretenden Gegenparteirisiken eliminiert sowie Bankbilanzen entlastet, weil weniger Sicherheiten vorgehalten werden müssten.Volker Brühl, Professor für Banking and Finance, Hochschule für Oekonomie und Management, Geschäftsführer, Center for Financial Studies