Deutsche Börse wirbt für neues Bondsegment

Börsenbetreiber strebt selbst erstes Listing im Prime Standard an - Öffnung für Mittelstand

Deutsche Börse wirbt für neues Bondsegment

Von Carsten Steevens, LondonErstes Unternehmen im neuen Prime Standard für Unternehmensanleihen der Deutschen Börse wird die Deutsche Börse . Als der Börsenbetreiber in der vergangenen Woche erstmals seit vier Jahren eine zehnjährige Anleihe von 600 Mill. Euro unterbrachte, ließ er durchblicken, ein Listing in dem 2012 gestarteten Segment für Unternehmensbonds anzustreben, das höhere Transparenzanforderungen als der im April 2011 lancierte Entry Standard für Unternehmensanleihen stellt. Vor Medienvertretern in London warb Alexander Höptner, Leiter des Bereichs Markets Services bei der Deutschen Börse, gestern für das unter Europas Börsenbetreibern einzigartige Angebot, das analog zur Segmentstruktur des Aktienmarktes konzipiert ist.Neben der Imagepflege und Steigerung der Markenbekanntheit sei ein größerer Platzierungserfolg durch den Verkauf auch an Privatanleger möglich, erklärte Höptner die Vorteile für Unternehmen, die mit Emissionen über 100 Mill. Euro für ein Listing in Frage kommen. Eine Notierung im Prime Standard erlaube zudem mehr Flexibilität und Unabhängigkeit von Banken. Ferner nannte Höptner eine direkte Platzierung bei Teilhabern wie Kunden oder Mitarbeitern sowie eine ausgeweitete Handelbarkeit der Anleihen auf der Xetra-Plattform als Vorteile. Derzeit werde mit einigen Blue-Chip-Unternehmen gesprochen, Interesse werde signalisiert.Mit dem Angebot wendet sich die Deutsche Börse nicht mehr nur an börsennotierte Großunternehmen, sondern auch an den großen Pool des nicht gelisteten Mittelstands. Zudem betont der Börsenbetreiber, das Hochtransparenzsegment stehe ferner europäischen Unternehmen offen. Sobald dem Prime Standard eine kritische Anzahl von Unternehmen angehörten, sei wie bei Aktien eine Indexberechnung denkbar.Im Entry Standard, der sich an kleinere Unternehmen mit Emissionen unter 100 Mill. Euro richtet, zählte die Deutsche Börse im Auftaktjahr 2011 insgesamt 11 Notierungen mit einem Emissionsvolumen von 349 Mill. Euro. In diesem Jahr, in dem bislang sechs Listings mit einem Volumen von insgesamt 300 Mill. Euro registriert wurden, erwartet Höptner eine Verdopplung bei Zahl und Platzierungsvolumen. Zum Trend Richtung Bondmarkt erklärte er, im ersten Halbjahr 2012 hätten Unternehmen in Deutschland über Anleihen erstmals mehr Fremdkapital aufgenommen als über Kredite.Gleichwohl: Anleiheemissionen deutscher Unternehmen blieben im dritten Quartal auf bescheidenem Niveau. Wie die Beratungsgesellschaft PwC mitteilte, sank das Emissionsvolumen bei Mittelstandsanleihen verglichen mit dem Vorquartal um fast zwei Drittel auf 105 Mill. Euro. Von Juli bis September belief sich das Emissionsvolumen verzinslicher Wertpapiere deutscher Unternehmen auf 59 Mrd. Euro – nach 124 Mrd. Euro im Startquartal 2012. Mit fünf Börsengängen, sieben weniger als im zweiten Quartal, und Erlösen von 26 Mill. Euro spielte auch das IPO-Segment als Finanzierungsweg eine kleinere Rolle. Die Verunsicherung im Zuge der Euro-Schuldenkrise habe den Markt belastet, so PwC. Einzig im Bereich der Kapitalerhöhungen wurde eine positive Entwicklung festgestellt: So sei das Volumen auf 2,4 Mrd. von knapp 1,8 Mrd. Euro im Vorquartal gestiegen. Dabei stützten vor allem Maßnahmen von Linde (1,4 Mrd. Euro) und EnBW (822 Mill. Euro) die Statistik.