Deutsche HSBC setzt auf große Mittelständler
Im Gespräch: Michael Schleef
Deutsche HSBC setzt auf große Mittelständler
Geschrumpfte Landesgesellschaft strebt Marktführerschaft in definiertem Kundensegment an – Fast jede dritte Stelle entfällt durch Spartenverkäufe
Von Annette Becker, Düsseldorf
Die zur reinen Vertriebseinheit schrumpfende HSBC Deutschland konzentriert sich voll und ganz auf ihre Nische. Dafür braucht die auf international ausgerichtete Unternehmen und Finanzdienstleister ausgerichtete Bank keine Unterstützung Dritter, ist Deutschlandchef Michael Schleef überzeugt. Dem Konsolidierungstreiben im europäischen Bankensektor schaut die zur kontinentaleuropäischen HSBC-Tochter gehörende Niederlassung daher lieber von der Zuschauertribüne aus zu. „Ich kann mir kein Szenario vorstellen, in dem uns eine Akquisition wirklich helfen würde“, sagt Schleef im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Wir haben eine glasklare Aufstellung und eine eindeutige Zielsetzung. Eine Akquisition würde uns von diesem Weg nur abbringen“, begründet er dies.
„Unser Ziel in Deutschland ist die Marktführerschaft im Corporate und Institutional Banking (CIB) mit international ausgerichteten Kunden“, sagt Schleef. Das klingt nach einem Griff nach den Sternen, muss aber relativiert werden. Denn der deutschen Landesgesellschaft von HSBC geht es dabei nicht etwa um den gesamten Markt: „Unser Zielkundenkreis in Deutschland zählt etwa 900 Unternehmen. Dort haben wir eine Durchdringung von 80 bis 85%.“ Wenn man bereits viele Kunden hat, wird es jedoch bekanntermaßen immer schwieriger, neue Kunden zu gewinnen.
Firmenkundengeschäft brummt
Das allerdings versteht Schleef als Ansporn. Seit sich die deutsche Zweigstelle 2021 eine klare Stoßrichtung gegeben hat, kann dem Wachstum im Kerngeschäft überspitzt gesagt zugeschaut werden. „Im Corporate Banking für deutsche Kunden sind wir seit 2021 um rund 60% gewachsen. Das Geschäft mit ausländischen Kunden in Deutschland hat sich zeitgleich fast verdreifacht. Im Geschäft mit Financial Institutions sind wir in den vergangenen rund vier Jahren um 15% gewachsen“, zählt Schleef voller Stolz auf.
Gruppenintern auf Platz 5
Entsprechend rangiert die deutsche Landesgesellschaft Schleef zufolge im internen CIB-Ranking der Gruppe inzwischen auf dem fünften Platz. Geschlagen geben müssen sich die Deutschen lediglich China, Großbritannien, den USA und Frankreich. Zudem ist es zum Ziel der Marktführerschaft im deutschen Markt nicht mehr weit. „Bei der Unterstützung unserer Kunden in Richtung Asien und Mittlerer Osten sind wir schon die Nr. 1. In Richtung Nordamerika liefern wir uns bei mittelständischen Kunden ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit einem Wettbewerber“, sagt der Banker, der im deutschen Mittelstandsgeschäft groß geworden ist. Über Rivalen will Schleef allerdings nicht reden, wenngleich vermutlich der deutsche Platzhirsch Deutsche Bank gemeint sein dürfte.
In unserer Handelsfinanzierung war die Einbindung der HSBC beim Kunden immer dann am engsten, wenn das Umfeld am schwierigsten war.
Michael Schleef
Dass die Zeiten im Firmenkundengeschäft angesichts der geopolitischen Risiken und der US-Zollpolitik schwierig geworden sind, weist Schleef zwar nicht zurück. Doch er sagt: „In unserer Handelsfinanzierung war die Einbindung der HSBC beim Kunden immer dann am engsten, wenn das Umfeld am schwierigsten war.“ Natürlich müsse sich jedes Unternehmen überlegen, wie es mit dem neuen handelspolitischen Kurs der USA umgehe. Doch die Situation sei individuell unterschiedlich. Manche Firmen profitierten beispielsweise davon, dass chinesische Wettbewerber in den USA mit höheren Zöllen konfrontiert seien. Andere überlegten, wie sie die Zölle am geschicktesten weitergeben können, und wieder andere nähmen die Zölle zum Anlass, um in den USA zu investieren.
Einen Volumenrückgang in der Handelsfinanzierung konnte die deutsche HSBC bislang jedenfalls nicht beobachten. „Bei der Begleitung deutscher Kunden ins Ausland sind wir im bisherigen Jahresverlauf um 6% gewachsen. Rechnet man den Zinseffekt heraus, sind es 16%“, sagt der Bankchef. Das liege daran, dass der Großteil des Geschäfts in Weltregionen liege, die sehr schnell wachsen. „Unser internationales Netzwerk ist gerade jetzt von Vorteil, da wir nicht nur Trade Finance beherrschen, sondern dem Kunden auch bei Investitionen helfen können“, stellt Schleef heraus.
Change bringt immer Unruhe mit sich.
Michael Schleef
Doch wenngleich der einstige Deutsch-Banker zu verstehen gibt, dass die Strategie passt und die deutsche HSBC einen prosperierenden Weg vor sich hat, dürfte die Stimmung nach den diversen Verkäufen von Geschäftsteilen im eigenen Haus nicht überall rosig sein. „Change bringt immer Unruhe mit sich“, räumt auch der Bankchef ein. „Aber Transparenz hilft ebenso, wie unsere Sorgfalt bei der Käufersuche dies getan hat.“
Binnen Jahresfrist hat die Bank Käufer für das Private Banking, das Verwahrstellengeschäft sowie die Kapitalanlagegesellschaft Inka gefunden. Offen ist noch, was mit der HSBC Transaction Services GmbH (HTNG) und ihren 400 Beschäftigten passiert. Derzeit läuft noch die „Analyse strategischer Optionen“. Bei den verkauften Geschäften handelt es sich um deutsche Sonderlocken, für die es in der globalen HSBC-Gruppe keinen Platz mehr gibt.
700 Stellen fallen weg
Insgesamt fallen absehbar 30% der Stellen weg: „Wir zählen heute 2.300 Beschäftigte. Unter Berücksichtigung der drei geplanten Verkäufe und bereits bekannter Strukturanpassungen sinkt die Beschäftigtenzahl auf 1.600.“ Demgegenüber verringerten sich die Erlöse durch die Verkäufe nur um 15%. „Zugleich wachsen wir im CIB“, streicht Schleef heraus.
Im Geschäft mit international ausgerichteten Firmenkunden und Finanzdienstleistern strebt die deutsche HSBC die Marktführerschaft in Deutschland an, sagt Landeschef Michael Schleef. Es ist ein überschaubarer Bereich, in dem sich die Düsseldorfer breitmachen wollen. Was nicht zum engen Fokus passt, wird verkauft.