IM GESPRÄCH: SJOERD LEENART UND CHRISTOPH BUTZ, J.P.MORGAN

"Die Blockchain wird bleiben"

Die Leiter des globalen und deutschen Corporate Banking über Wachstumschancen und Digitalisierung

"Die Blockchain wird bleiben"

J.P. Morgans Umbau des Investment Banking und Treasury zur Corporate Bank vor genau zehn Jahren hat sich bewährt. Dies unterstreichen die Leiter des globalen und deutschen Geschäftsbereichs im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Zugleich treibt die US-Großbank die Digitalisierung weiter voran.Von Karin Böhmert, FrankfurtCorporate Banking ist einst stark vom Absatz einzelner Produkte getrieben gewesen. In der Folge zeigte sich, dass die Manager der verschiedenen Produktsparten sich im eigenen Haus bald gegenseitig Konkurrenz machten, weil jeder um einen Auftrag des Kunden wetteiferte, da es an einer Koordination mangelte. J.P. Morgan hat diese damals in vielen Banken anzutreffende unbefriedigende Struktur deshalb vor zehn Jahren grundlegend geändert. “One face to the customer”, also ein zentraler Ansprechpartner in der Bank für jeden Kunden, beschreibt Sjoerd Leenart den Umbau von J.P. Morgan zur Corporate Bank vor genau zehn Jahren. Dieser Ansatz habe sich bewährt, sagt Leenart, der als Global Head weltweit den Geschäftsbereich verantwortet und bereits seit mehr als 20 Jahren für J.P. Morgan tätig ist.J.P. Morgan hat die heutige Global Corporate Bank im Jahr 2009 als ein Joint Venture der Investmentbank und der früheren Einheit Treasury & Securities Services ins Leben gerufen. Die Corporate Bank unterstützt multinationale Kunden beispielsweise bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs und dem Liquiditäts-, Währungs- und Risikomanagement und bietet Zugang zu weiteren Universal- und Investment-Banking-Lösungen.Noch liegt der Anteil der Auslandsbanken im Corporate Banking in China im niedrigen einstelligen Bereich, wie zu hören ist, doch sie können sich immer besser dort etablieren. Abzulesen dürfte dies auch daran sein, dass J.P.Morgan Asset Management der erste ausländische Assetmanager ist, der eine Kontrollmehrheit an einer Fondsgesellschaft in Festlandchina übernimmt, wie Leenart erläutert. Dabei habe man den Anteil am von J.P. Morgan mitgegründeten Joint Venture China International Fund Management (CIFM) im August dieses Jahres von 49 auf 51 % ausbauen können.Weitere Wachstumschancen im Corporate Banking ortet Leenart in Indien, wenn auch auf einem anderen Größenniveau. Christoph Butz, Head of Corporate Banking für Deutschland und Österreich, der seit 2006 bei J.P. Morgan ist und davor Manager bei McKinsey war, sieht ebenfalls große Chancen in Indien. “Es gibt dort einige beeindruckende Unternehmen, davon viele multinationale Konzerne, einen wachsenden Technologiesektor und einen großen Bankenmarkt”, betont Butz. Im indischen Bankenmarkt ist J.P. Morgan auch technologisch vorn mit dabei. “Wir bieten unseren Kunden in Indien eine virtuelle Filiale. Kunden rund um den Globus sind mit dieser virtuellen Filiale verbunden”, erläutert Butz. “Man denke an grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr und die benötigte Dokumentation. Diese Möglichkeiten bieten wir virtuell.”Die Digitalisierung treibt J.P. Morgan grundsätzlich voran. Für global agierende Unternehmen, von großen Konzernen bis hin zum Mittelstand, würden effizientes Cash-Management und schnelle grenzüberschreitende Zahlungen immer wichtiger. J.P. Morgan habe deshalb das Interbank Information Network (IIN) 2017 gegründet, unterstreichen Leenart und Butz. Zunächst ein Pilot, ging das Netzwerk dann ein Jahr später als erste von J.P. Morgan gegründete Blockchain-Initiative live. An das Netzwerk haben sich den Angaben zufolge inzwischen mehr als 330 Banken angeschlossen. Schnell in wenigen SchrittenZiel des Netzwerkes ist es, Friktionen und Verzögerungen im weltweiten Zahlungsverkehr zu minimieren, damit Zahlungen den Empfänger schneller und in wenigeren Schritten erreichen können. Infolge der Blockchain-Technologie soll sich die Zeit wesentlich verkürzen, die im Korrespondenzbankensystem üblicherweise für Compliance und andere datenrelevante Abfragen erforderlich ist und damit eine Zahlung verzögert, wie es seinerzeit bei der Vorstellung von IIN hieß.”Die Blockchain wird bleiben. Aber viele konkrete Anwendungen befinden sich noch in der Entwicklung”, betont Butz. “Wir nutzen die Blockchain bereits in verschiedenen Initiativen.” So habe J.P. Morgan kürzlich unter dem Namen Quorum auch eine Version der Ethereum-Blockchain für Unternehmen entwickelt, mit der ein sicherer, dezentraler, genehmigungsbasierter Austausch von Informationen möglich sei. “Die Kunden wollen nicht nur gut finanziert werden, sondern dies muss auch supereffizient geschehen”, unterstreicht Leenart die Bedeutung, die der Digitalisierung im Bankgeschäft zukomme. So beschäftige die größte Bank der USA weltweit 50 000 IT-Techniker. “Das ist fast ein Viertel der gesamten Mitarbeiterzahl.” In die Digitalisierung steckt die Bank jährlich 11 Mrd. Dollar, davon allein 700 Mill. Dollar in Cybersecurity, wie Leenart berichtet. “Investitionen in Cybersicherheit sind sehr wichtig. Der Schutz vor Attacken aus dem Netz, die Sicherheit der eigenen Daten und die Einhaltung von Sanktionsvorschriften stehen ganz oben auf der Agenda sowohl von Unternehmens- als auch von institutionellen Kunden”, betont Butz.Trotz aufkeimender Rezessionsbefürchtungen in einigen Volkswirtschaften, der Risiken aus Handelskonflikten, des Brexit oder geopolitischer Ereignisse zeigt sich Leenart optimistisch hinsichtlich der Wachstumsaussichten im Corporate Banking. “Die Corporate Bank bietet unseren Kunden einen Rundum-Service”, erklärt er. “Kunden haben immer Bedürfnisse, die wir mit Corporate Banking abdecken können. Sie agieren immer globaler und brauchen eine globale Bank wie J.P. Morgan, die ihnen weltweit die benötigten Dienstleistungen und Produkte anbieten kann. Das ist der Kern der Global Corporate Bank.”Zum Aufgabenbereich zählen strategische Beratung, Risikomanagement sowie Kapitalbeschaffung und Liquiditätsversorgung für Kunden in rund 100 Ländern weltweit. In Deutschland ist die US-Großbank J.P.Morgan bereits seit den 1920er Jahren vertreten.