FUSIONSPOKER DER BANKEN IN EUROPA

Die Deutsche Bank steht sauber da

Institut hat Pensionslasten fast komplett ausfinanziert - Verbindlichkeiten übersteigen den Börsenwert

Die Deutsche Bank steht sauber da

Von Bernd Neubacher, Frankfurt Sollten Deutsche Bank und Commerzbank fusionieren, werden sie jeweils milliardenschwere Pensionsverbindlichkeiten in die Verschmelzung einbringen. Im Falle der blauen Bank summieren sie sich auf 112 % des Börsenwertes, im Falle der Commerzbank auf rund 90 % (siehe Grafik).Dies bedeutet im Fall des größten deutschen Kreditinstitutes nichts weniger, als dass die Gesellschaft zur Abgeltung allein der Ruhestandsansprüche ehemaliger Mitarbeiter mehr Verbindlichkeiten angehäuft hat, als die sich auf die Perspektiven des Hauses fokussierenden Anleger dem gesamten Konzern an Wert zubilligen. Spitzenreiter im DaxFür den Falle einer Einigung auf einen Zusammenschluss ist allerdings vor allem entscheidend, wie stark beide Banken Planvermögen gebildet haben, um diese Verbindlichkeiten zu bedienen. Und in dieser Hinsicht steht die Deutsche Bank glänzend da.Wie jüngst eine Auswertung der Unternehmen im Dax 30 durch Willis Towers Watson zutage förderte, hat keine andere Gesellschaft im Auswahlindex ihre Pensionsverbindlichkeiten derart stark ausfinanziert wie die Deutsche Bank. 98 % ihrer entsprechenden Verbindlichkeiten sind durch Planvermögen unterlegt, nur 2 % beträgt damit das Volumen, welches das Haus noch abdecken muss. Die Deutsche Bank mag viele Probleme haben; die Vorsorge für Pensionsverpflichtungen zählt nicht dazu.Die Commerzbank weist derweil einen Ausfinanzierungsgrad von 93,2 % aus. Auch dies ist beachtlich – der kleinere der potenziellen Fusionspartner läge damit im Dax 30 hinter der Deutschen Bank an zweiter Stelle, hätte der Aschheimer Zahlungsabwickler Wirecard ihn nicht aus dem Auswahlindex verdrängt. Was die Commerzbank zur Abdeckung der 6,8 Prozentpunkte an Ausfinanzierungsgrad benötigt, für den sie noch kein Planvermögen gebildet hat, wird als Rückstellung erfasst. Flaute drückt PlanvermögenBei der gelben Bank sind die Pensionsverpflichtungen vor allem wegen gezahlter Versorgungsleistungen zuletzt gesunken; 2018 haben sie um knapp 200 Mill. auf 9,22 Mrd. abgenommen. Zugleich sorgte indes die Marktentwicklung dafür, dass sich das Planvermögen reduzierte. Nach Steuern schlug dies mit 286 Mill. Euro zu Buche, welche die Bank direkt mit ihrem Eigenkapital verrechnete.”Der Anteil der Pensionsleistungen, den sich die Mitarbeiter bereits erdient haben, wird versicherungsmathematisch bewertet und als Pensionsverpflichtung ausgewiesen”, erklärt Heinke Conrads, die bei Willis Towers Watson das Beratungsgebiet “betriebliche Altersversorgung” (bAV) in Deutschland und Österreich verantwortet, die Mechanik. “Dies geschieht jedes Jahr zum Bilanzstichtag. Unternehmen bilden dabei Pensionsrückstellungen, soweit sie die Pensionsverpflichtungen nicht durch spezifisches sogenanntes Planvermögen ausfinanziert haben. Die Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen, also die Bildung von spezifischem Planvermögen, ist grundsätzlich keine Pflicht, kann aber aus Sicht des jeweiligen Unternehmens sinnvoll sein”, sagt die Managerin, die sich zu Deutsche Bank und Commerzbank konkret nicht äußern will. Nur mehr ZinsaufwandMit ihrem recht hohen Grad an Ausfinanzierung sind die beiden Großbanken für einen personellen Kahlschlag, zu welchem eine Fusion führen dürfte, relativ gut gerüstet, da ihre Verbindlichkeiten schon fast vollständig durch Planvermögen abgedeckt sind, um Pensionsverpflichtungen nachzukommen. Zudem wirft das Planvermögen dank seiner Verzinsung Jahr für Jahr Erträge ab, im Idealfall im selben Maß, in welchem sich durch den Zinseffekt auch die Verbindlichkeiten erhöhen. “Scheiden Arbeitnehmer aus, bleiben die bis dahin unverfallbar erdienten Pensionsansprüche erhalten”, sagt Conrads: “Die Pensionsverpflichtungen des Unternehmens erhöhen sich ab diesem Zeitpunkt nur mehr durch den Zinsaufwand und nicht mehr durch den sogenannten Dienstzeitaufwand.” Weniger Mitarbeiter durch Stellenabbau – weniger Pensionsansprüche, die künftig entstehen, lautet die Rechnung.Für Bilanzexperten sind die Pensionsverbindlichkeiten im Falle eines Zusammenschlusses kein Hingucker. “Pensionslasten werden nach IFRS in der Regel sehr nahe am Fair Value bilanziert”, erklärt Klaus-Peter Naumann, Sprecher des Vorstands des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW), der Börsen-Zeitung: “Aus der Übertragung der Pensionspflichten wird sich bilanziell daher relativ wenig ergeben.” Eine Frage der BewertungEin Non-Event wäre ein Stellenabbau deshalb natürlich nicht. Denn kommt im Falle einer Fusion wie erwartet ein personeller Kahlschlag, wird dieser, auch wenn er die laufenden Pensionsbelastungen der Banken nicht treiben würde, doch sehr wohl das Verhältnis zwischen aktuellen und ehemaligen Beschäftigten verändern und sich zudem auf das Bewertungsverhältnis auswirken. Ein geplanter Personalabbau werde entsprechende Restrukturierungsrückstellungen auslösen, sagt Bilanzexperte Naumann. Im Zuge der Bewertung der Rückstellung sei daher zu prüfen, wie viel Personal die eine und die andere Seite abbauen müsse. “Voraussetzung ist ein hinreichend konkreter Plan für den Personalabbau. Das fließt letztendlich auch ins Bewertungsverhältnis ein.”