Gesetz zum digitalen Euro

Die einen aufgeschlossen, die anderen skeptisch

Die EU-Kommission steckt den rechtlichen Rahmen für die Arbeit der EZB am digitalen Euro ab. Die deutsche Kreditwirtschaft begrüßt das, findet einen Aspekt aber inakzeptabel.

Die einen aufgeschlossen, die anderen skeptisch

Zwischen Aufgeschlossenheit und Skepsis

Gesetzesvorschlag zum digitalen Euro – EZB soll Obergrenze für Kunden bestimmen – Eurogruppenchef Donohoe: Mehrwert besser erklären

Die EU-Kommission steckt den rechtlichen Rahmen für die Arbeit der EZB am digitalen Euro ab – und ist parallel um die Zukunft des Bargelds bemüht. Die Kreditwirtschaft begrüßt den Gesetzesvorschlag zum digitalen Euro, findet einen Aspekt aber "nicht akzeptabel". Auch aus dem politischen Raum kommen Vorbehalte.

rec Brüssel

Die EU-Kommission will die Europäische Zentralbank (EZB) in die Lage versetzen, einen digitalen Euro einzuführen. Zu diesem Zweck hat die Brüsseler Behörde am Mittwoch ihren mit Spannung erwarteten Gesetzentwurf zum digitalen Euro vorgelegt. Im selben Zuge ist die EU-Kommission bestrebt, Zweifel an der Zukunft des Bargelds im Keim zu ersticken: Mit einem zweiten Gesetz will sie sicherstellen, dass Bürger uneingeschränkt bar bezahlen können, wann immer sie das wollen.

Mit dem Gesetz will die EU-Kommission Banken wie Händler in die Pflicht nehmen, den digitalen Euro anzubieten und als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Voraussetzung ist, dass die EZB die Einführung eines digitalen Euro beschließt. Diese Entscheidung werde allein in den Händen der EZB liegen, stellte die EU-Kommission klar. Zunächst steigt die EZB in eine tiefergehende Vorbereitungsphase ein, die im Herbst beginnen soll.

Für die Bankenbranche geht es nicht zuletzt darum, die traditionelle Rollenverteilung zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken beizubehalten. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollen, wie berichtet (siehe BZ vom 16. Juni), alle Bürger gratis Zugang zu Basisfunktionen eines digitalen Euro bekommen. Das soll in erster Linie Aufgabe der Banken sein. Sie will aber auch Postfilialen einbinden, um den digitalen Euro möglichst allen Bürgern zugänglich zu machen.

"Angemessene" Vergütung

Banken könnten mit einer "angemessenen" Vergütung rechnen, heißt es. EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness kündigte an, Gebühren zu deckeln, die Banken von Händlern beim Bezahlen mit dem digitalen Euro verlangen dürfen. Mit dem digitalen Euro soll das Bezahlen überall in der EU sowohl online als auch offline möglich sein. Verbraucher könnten dann auch ohne Verbindung zum Internet mit dem digitalen Euro bezahlen. Das sei vergleichbar mit Bargeld, heißt es bei der EU-Kommission.

Fragen nach der Anonymität von Zahlungen im digitalen Zeitalter sind nur eine von vielen Vorbehalten, die mit dem Gesetzesvorschlag zum digitalen Euro einhergehen. Die Reaktionen schwanken zwischen Aufgeschlossenheit und Skepsis. Das gilt nicht zuletzt für Banken und Sparkassen, die Konkurrenz durch ein Zahlungssystem der Europäischen Zentralbank befürchten.

Obergrenze vorgesehen

Die deutschen Banken und Sparkassen begrüßen einen digitalen Euro grundsätzlich, heißt es in einer Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft (DK). Er könne der Bevölkerung auch im digitalen Zeitalter Zugang zu Zentralbankgeld gewährleisten und zur währungspolitischen Unabhängigkeit Europas beitragen. Es gelte allerdings, folgenreiche Fehlentscheidungen in der Ausgestaltung zu verhindern. Wie bei Bargeld müsse die EZB den digitalen Euro auf die reine Funktion als Zahlungsmittel beschränken.

Positiv beurteilt man in der DK, dass die EU-Kommission potenzielle Risiken aufgegriffen habe. So ist eine Obergrenze für das Halten von digitalen Euro vorgesehen, was Einlagenabflüsse begrenzen soll. Dass die EZB die Höhe dieses Haltelimits festlegen soll, hält man in der DK allerdings für "nicht akzeptabel". Der EZB schweben 3.000 Euro vor, in der Finanzbranche hält man dem Vernehmen nach maximal 500 Euro für verschmerzbar.

Auch Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Versicherungsverbands GDV und früher Mitglied des EZB-Direktoriums, hält Obergrenzen für eine wichtige Vorkehrung, um Finanzstabilität zu gewährleisten. Er verweist zudem darauf, dass Guthaben in digitalen Euro stets unverzinst sein sollen. "Damit wird der digitale Euro nicht als Geldanlage, sondern als Bargeld-Äquivalent konzipiert", so Asmussen. "Der digitale Euro ist die logische Weiterentwicklung der Gemeinschaftswährung."

Verbraucherschützer begrüßen die Pläne ebenfalls. "Der digitale Euro kann den Zahlungsverkehr auf eine neue Stufe heben", sagt Ramona Pop, Vorständin beim Verbraucherzentrale Bundesverband. "Der Frust rund um das Kartenchaos der letzten Monate führt vor Augen, wie wichtig ein breit akzeptiertes digitales Zahlungsmittel ist, das verlässlich und unabhängig von wenigen Konzernen funktioniert." Entscheidend sei der Schutz der Privatsphäre.

Fragen nach dem Mehrwert

Verbreitete Skepsis schlägt der EU-Kommission aus dem politischen Raum entgegen. Eurogruppenchef Paschal Donohoe nimmt im Kreise der Euro-Finanzminister zwar breite Unterstützung für das Projekt als solches wahr. Zugleich betont er das Erfordernis, Bürgern, Wirtschaft und Finanzbranche den Mehrwert eines digitalen Euros zu verdeutlichen. "Wir müssen in der Lage sein, besser zu erklären, welchen Unterschied dieses Projekt für das tägliche Leben der europäischen Bürger bedeuten würde."

Im EU-Parlament, das sich nun ebenfalls mit den Gesetzesvorschlägen befassen wird, ziehen sich Vorbehalte quer durch das politische Spektrum. "So wie der digitale Euro konzipiert ist, ist er eine Lösung auf der Suche nach einem Problem", sagt CSU-Finanzexperte Markus Ferber. "EZB und Europäische Kommission haben bisher die Frage nach dem ‚Warum‘ nicht überzeugend beantworten können." Martin Schirdewan, Co-Vorsitzender der Linken im EU-Parlament, und Joachim Schuster, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Europa-SPD, werfen ebenfalls Fragen nach dem Mehrwert des digitalen Euro im Alltag der Menschen und in Abgrenzung zu bestehenden Zahlungssystemen auf.

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