Gastbeitrag:Zinslast

Die Kommunalfinanzierung unter Zinsdruck

Die Zinswende setzt die kommunalen Haushalte noch stärker unter Druck. Ihr Handlungsspielraum wird enger. Die Kämmerer nutzen in zunehmendem Maße digitale Kommunalkreditplattformen.

Die Kommunalfinanzierung unter Zinsdruck

Gastbeitrag

Die Kommunalfinanzierung unter Zinsdruck

Von Dirk Schiereck und Thomas Eitenmüller

Ende April berichtete die Börsen-Zeitung über Ergebnisse aus dem Kommunalpanel der KfW zu den geplanten Investitionen der Städte und Gemeinden im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung. Knapp zusammenfassen lassen sich die Erkenntnisse unter dem betrüblichen Fazit: Wir müssten viel machen, können aber die notwendigen Investitionsvolumina bei weitem nicht stemmen.

Diese Einsicht wird niemanden überraschen, denn bereits der Versuch, die vorhandene kommunale Infrastruktur auch nur ansatzweise zu erhalten und auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen, überfordert die Finanzierungskraft vieler Kommunen. So beklagen Städte und Gemeinden nicht nur die Belastungen aus dem veränderten Zinsumfeld, sondern insbesondere auch den hohen Bestand an Altschulden. Diese Altschulden konnten zwar viele Kommunen im letzten Jahr etwas reduzieren, sie erwarten aber für das laufende Jahr eine gegenläufige Bewegung, sodass netto der Handlungsspielraum noch enger wird. Das zeigen die Auswertungen des "Trendbarometers Kommunalfinanzierung 2023" der Technischen Universität Darmstadt in Kooperation mit Komuno, der digitalen Plattform für Kommunalkredite, für das etwa 450 Finanzentscheider aus Kommunen, kommunalen Unternehmen und Finanzinstituten befragt wurden.

Kommunen nutzen etablierte Finanzierungsinstrumente nicht

Im Durchschnitt erwarten die 72 antwortenden Kreditinstitute einen Zinsaufwand von etwa 3,3% für neue Kommunalkredite mit einer Laufzeit von fünf Jahren zum Jahresende 2023, der sich bis Ende 2027 nur unmerklich um ca. zehn Basispunkte reduzieren wird. Bereits dieses Zinsszenario wird dramatische Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte haben, die besonders von dem niedrigen Zinsniveau vor dem Ukrainekrieg profitiert haben. Die Finanzverwaltungen zeigen sich aber noch pessimistischer. Auf breiter Datenbasis von 324 Antworten zeichnet sich eine mittlere Zinserwartung zum Ende dieses Jahres von über 3,6% ab und eine weitere Steigerung auf fast 4,0% bis Ende 2027.

Eine oft genannte Lösung zur Minderung der Zinslast läuft auf eine Verbreiterung der Finanzierungsquellen hinaus. Dabei wird regelmäßig gerne auf kapitalmarktorientierte Instrumente wie Schuldscheine und Kommunalanleihen verwiesen. 16% der beim Trendbarometer einbezogenen Kommunen nutzen eines dieser Instrumente oder beide, mit einer klaren Präferenz für den Schuldschein. Umgekehrt ist schon jeder zweite Kommunalfinanzierer heute in diese Produkte investiert, auch hier mit klarer Präferenz für den Schuldschein. Aber für fünf von sechs Kommunen scheinen diese etablierten, seit Jahrzehnten bekannten Finanzierungsinstrumente nicht die notwendige Attraktivität oder Eignung zu besitzen, denn wie sonst ist das gezeigte (Nicht-)Nutzerverhalten zu erklären?

Digitale Plattform als Alternative?

Eine neuere, sehr naheliegende Alternative zur Verbreiterung der Kreditgeberbasis leitet sich aus der über die vergangenen Jahre entstandenen hohen Digitalaffinität in vielen Finanzverwaltungen ab, die nicht nur mit neuen internen Applikationen wie Schulden-Management-Systemen und Systemen für Rechnungsservices zum Ausdruck kommt. So sieht die große Mehrheit der befragten Kämmerer schon seit Jahren gerade in digitalen Kommunalkreditplattformen einen Baustein einer Smart City und als Bestandteil einer digitalisierten Verwaltung.

In der Konsequenz steigt die Zahl der Nutzer von digitalen Marktplätzen auch bei der Kreditaufnahme. Etwa 40% der befragten Finanzverwaltungen nutzen digitale Plattformen für ihre Finanzbeschaffung, das sind weit mehr als doppelt so viele wie bei den erwähnten kapitalmarktorientierten Produkten. Neben der Transparenz und der Vergleichbarkeit der Kreditangebote spielen aus Sicht der Kommunen vor allem die attraktiven Kreditkonditionen eine wichtige Rolle, gefolgt von Faktoren wie einfache Bedienbarkeit und gute Dokumentation aller Vorgänge.

Umgekehrt betonen Kreditinstitute zwar auch, dass ihnen die Plattformen helfen, neue Geschäftspartner zu finden und die eigenen Abläufe zu digitalisieren, aber die zentralen Argumente gehen weiter. Die Präsenz auf einer Kommunalkreditplattform wird als strategisch bedeutsam eingestuft, zahlreiche Kunden erwarten offensichtlich, ihre Kreditgeber hier zu finden. Damit drängt sich der Eindruck auf, dass digitale Plattformen auch hier immer mehr zum „place to be“ werden.