SERIE: WO VERDIENEN BANKEN NOCH GELD? (13)

Die Mercedes Bank steht und fällt mit Daimler

Die Anbindung an den Industriekonzern ist für das Institut überlebenswichtig und schützt es vor den Auswirkungen der Nullzinspolitik

Die Mercedes Bank steht und fällt mit Daimler

Selbst Nullzinsen und Aufwendungen für die Umsetzung von Regulierungsvorhaben können manchen Bankvorstand nicht aus der Ruhe bringen. Bei Autobanken wie der Mercedes-Benz Bank hat das einen bestimmten Grund: Das spezielle Geschäftsmodell und die Einbettung in einen Industriekonzern schützen das Institut.Von Isabel Gomez, StuttgartEs gibt in dieser Zeit wenige Banken, die nicht regelmäßig darüber klagen, dass ihnen die Niedrigzinspolitik der EZB und hohe Regulierungskosten die Geschäfte vermiesen. Bei Banken, die zu Autokonzernen gehören, haben diese Beschwerden Seltenheitswert – obwohl auch sie zinssensible Produkte anbieten, sich mit ihren Kontokonditionen im harten Wettbewerb mit anderen Banken befinden und sich Trends wie der Digitalisierung ihrer Dienstleistungen stellen müssen.Beim Autokonzern Daimler ist die Sparte Financial Services (DFS) der gemessen an Umsatz und operativem Ergebnis drittgrößte Geschäftsbereich. Bei DFS sind die Mobilitätsdienstleistungen des Konzerns gebündelt – etwa das Carsharing Car2go oder die Plattform Moovel – und die Mercedes-Benz Bank. Diese betreibt etwa über die Töchter Charter Way und Fleet Management die Fuhrparkverwaltung für Lkw- und Pkw-Flotten. Zu ihren klassischen Tätigkeitsfeldern gehören Leasing und Finanzierung für Privat- und Firmenkunden, Händlerfinanzierung – inklusive Bestands- und Immobilienfinanzierung sowie Betriebsmitteldarlehen -, Versicherungen für Privat- und Unternehmenskunden und das Direktbankgeschäft mit Privatkunden. Die Entwicklung der Bank ist somit direkt an das Absatzwachstum der Pkw- und Lkw-Marken des Autokonzerns geknüpft. Fast jedes zweite Fahrzeug, das Daimler verkauft, wird international von DFS und innerhalb Deutschlands von der Mercedes-Benz Bank finanziert. Und der Konzern lieferte in den vergangenen Jahren zuverlässig steigende Verkaufszahlen. Allein 2015 verzeichneten Daimler ein Absatzplus von 12 % und DFS ein Neugeschäftswachstum von 21 % sowie ein um 18 % erhöhtes Vertragsvolumen.Mit einer Erosion des Zinsergebnisses hat die Mercedes-Benz Bank daher laut Vorstandschef Franz Reiner nicht zu kämpfen. “Als Autobank fahren wir ein mit dem Hersteller abgestimmtes Pricing-Modell unter Berücksichtigung der Marktsituation”, sagt er. “Daraus resultieren relativ stabile Zinserträge für die Mercedes-Benz Bank, die nicht vollumfänglich vom Leitzins abhängen”, so Reiner.Neben den Zinserträgen, die die Bank nicht ausweist, verdiene das Haus zudem zusätzliche Erträge über Dienstleistungen, wie etwa die Vermittlung von Versicherungen. Auch dieses Geschäft wächst gekoppelt an den Pkw-Absatz: 2015 vermittelte die Bank 25 % mehr Policen als im Vorjahr. Darüber hinaus bietet die Bank keine klassischen Girokonten für den Zahlungsverkehr an, sondern beschränkt sich auf Tagesgeld und Festgeld. Die Zinskonditionen übertreffen jene von Sparkassen oder Volksbanken sowie einigen Privatbanken, sind aber mit einem Tagesgeldzinssatz von 0,30 % p. a. vergleichbar mit den Angeboten anderer Autobanken, wie dem größten deutschen Anbieter VW Bank, der Audi Bank oder der Renault Bank. Die Tagesgeldkonten werden ausschließlich auf Guthabenbasis geführt, gerät das Konto ins Soll, werden Überziehungszinsen fällig. Keine NegativzinsenUnternehmenskunden müssen sich mit einer 0,05 % Verzinsung p.a. begnügen, wollen sie mehr als 1 Mill. Euro anlegen, erfahren sie die Konditionen “auf Anfrage”. Gebühren verlangt die Bank nach eigenen Angaben aber auch dann nicht. “Wir berechnen keine Negativzinsen für Kunden mit sehr hohem Einlagevolumen, und es kam bislang zu keiner Kündigung aufgrund des Einlagevolumens”, so Reiner. Viele Geschäftsbanken haben solche Gebühren längst eingeführt. Ein weiterer Vorteil für die Mercedes-Benz Bank ist, dass sie nur der Aufsicht der BaFin untersteht, nicht der EZB. Die Bilanzsumme von Daimler betrug am Endes des Halbjahres 230 Mrd. Euro, davon entfielen mit 127 Mrd. Euro rund 55 % aller Vermögenswerte des Konzerns auf DFS. Die Mercedes-Benz Bank, die ihre Bilanzsumme nicht gesondert ausweist, ist allerdings mit dem klassischen Bankgeschäft nur in Deutschland tätig. Ihre Bilanzsumme liege “unter Berücksichtigung des aufsichtsrechtlich relevanten Konsolidierungskreises unterhalb des von der EZB definierten Schwellenwertes”. Die Kosten für die Regulierungsarbeit innerhalb der Bank sind daher geringer als bei Banken unter EZB-Aufsicht. Einfache RefinanzierungAm meisten profitiert die Bank wohl bei der Refinanzierung von ihrer Zugehörigkeit zu einem profitablen und finanziell gesunden Industriekonzern mit guter Bonität. Wie alle Autobanken refinanziert sich DFS vor allem durch Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities, ABS), in denen Forderungen aus Leasing- und Finanzierungsverträgen gebündelt werden. Nach dem VW-Skandal wurde befürchtet, dass sich die Konditionen für die Autobanken verschlechtern könnten. Das ist laut der Mercedes-Benz Bank allerdings nicht der Fall. Im Gegensatz zu Geschäftsbanken ist die Refinanzierung flexibler und kontinuierlich. Die Konditionen für Leasing und Finanzierungsangebote werden monatlich veröffentlicht und bieten der Bank somit regelmäßige Refinanzierungsmöglichkeiten. “Damit wird sichergestellt, dass von günstigen Marktentwicklungen profitiert werden kann”, so Reiner. Davon, Anleihen gegen Vorfälligkeitsentschädigungen abzulösen und das Geld günstiger anzulegen, wie es andere Banken machen, um ihre Erträge zu stabilisieren, sehe die Bank “grundsätzlich” ab.Die Mercedes-Benz Bank muss keine Aktionäre glücklich machen, die bei Privatbanken angesichts eines deutlichen Rückgangs der Eigenkapitalrendite im Laufe der vergangenen Jahre (siehe Grafik) sicher unangenehme Fragen stellen würden. Vielmehr fließen in unregelmäßigen Abständen Mittel aus dem Konzern in die Finanzsparte – zuletzt laut Geschäftsbericht eine nicht genannte Summe per Aufsichtsratsbeschluss im Juli 2015. “Wir führen regelmäßig Kapitalplanungsprozesse durch, um eine adäquate Eigenkapitalausstattung sicherzustellen”, heißt es dazu aus der Bank. Trotz Rückgang dürfte damit sichergestellt sein, dass DFS das vom Konzern ausgegebene Mittelfristziel einer Eigenkapitalrendite von 17 % sichern wird. Die Kapitalquoten der Bank, die laut Reiner derzeit eine Kreditausfallquote von 0,3 % ausweist, sind im Branchenvergleich hoch. DFS hatte per Ende 2015 eine harte Kernkapitalquote von 10,6 %, die Mercedes-Benz Bank erreichte 16,9 %. Geschäft für die ZukunftIn Zukunft setzt DFS auf höhere Ergebnisbeiträge ihrer neuen, digitalen Geschäftsfelder. Ende Juli fusionierte der Konzern seine Taxivermittlungsapp Mytaxi mit dem Wettbewerber Hailo und investierte wenige Tage später mindestens 10 Mill. Euro in den Fahrdienst Blacklane. Rund 500 Mill. Euro steckte DFS in den vergangenen Jahren in diesen Bereich. Weitere 500 Mill. Euro sollen bis 2018 in die IT-Systeme der Bank fließen. Ein Betrag, den andere Häuser nur schwer in die Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle stecken können. Noch verdient DFS mit den neuen Dienstleistungen kein Geld, nur das Carsharing-Angebot Car2go schreibt in einigen Städten schwarze Zahlen. Wenn dieser Zeitpunkt aber kommt, werden auch diese Erträge das klassische Bankgeschäft der Mercedes-Benz Bank stützen – und sie noch stärker vor Verwerfungen durch Zinsänderungen bewahren.—-Zuletzt erschienen: – Im Retailgeschäft warten Chancen (20. August)- Unverzichtbares Immobiliengeschäft (19. August)- Schweizer Privatbankiers müssen härter ran (18. August)