Die PSD2 ist besser als ihr Ruf
Zahlungsdienstrichtlinien beflügeln Open Finance
Zahlungsdienstrichtlinien beflügeln Open Finance
Wer die jüngsten Diskussionen über die Richtlinie PSD3 und die Verordnung FIDA (Financial Data Access) verfolgt, wird von den Kritikern der neuen Richtlinie immer wieder mit einem fragwürdigen Argument konfrontiert: PSD2 hätte schon nicht den erwünschten Erfolg gebracht, damit wäre PSD3 auch zum Scheitern verurteilt. Und gerade Ersteres darf meiner Ansicht nach nicht so stehen bleiben.
Mehr Stakeholder können auf Datenzugreifen
Natürlich, Open Banking bedeutet Zugriff auf Daten für weitere Stakeholder. Und wer bislang diesen Zugriff allein hat, ist nicht zwangsläufig begeistert davon, dieses „Asset“ künftig mit anderen teilen zu müssen. Bei dieser Argumentation wird aber eines zumeist vernachlässigt: Es gibt jemanden, der großen Nutzen von einer Erweiterung dieses Zugriffs hat: eben Kundinnen und Kunden. Und deren Interesse sollte im Fokus der Ziele jedes Unternehmens stehen.
Beispiele für gelungene Open-Banking-Anwendungen, die der Endkundin und dem Endkunden zugutekommen, gibt es zur Genüge: Da ist unser eigener digitaler Kontowechsel, mit dessen Hilfe Millionen Deutsche eine enorme Erleichterung erfahren beim Wechsel des Bankanbieters. Oder die auf Kontotransaktionen basierende Kontoverifizierung. Um mich aber nicht dem Verdacht des Pro domo auszusetzen, kommen hier noch einige andere sehr gute Beispiele.
Direkte Zahlungen vom Konto
Da wären etwa Zahlenauslösedienste. Sie ermöglichen dem Kunden direkte Zahlungen vom Konto, ohne dass er eine Kreditkarte oder andere Zahlungsmethoden nutzen müsste. Ein Unternehmen wie Klarna ist damit groß geworden, steht mittlerweile vor dem Börsengang. Ein noch prominenteres Beispiel aus dem Bereich Payment ist Paypal; ohne Open-Banking wäre dieser Dienst, der die Welt des Bezahlens komplett verändert hat – im positiven Sinne sowohl für Unternehmen als auch Kunden –, nicht denkbar.
Auch die Immobilienbranche bleibt nicht unberührt von dieser Revolution. Baufinanzierung auf Knopfdruck ist das Stichwort: Über die sogenannte Instant-Kreditvergabe kann der Endkunde quasi mit Ausfüllen des Kreditantrags und entsprechender, schneller Kreditentscheidung direkt an Geld kommen. Möglich gemacht wird das erst durch eine KI basierte Bonitätsprüfung, durch die langwierige Prüfungen der Kreditwürdigkeit gegen eine Kreditvergabe in Echtzeit ersetzt werden. Auch das geht nur dank entsprechender Open Banking-Schnittstellen.
Schnellere Bonitätsprüfungen
Oder nehmen wir Bonitätsprüfungen, wie wir sie etwa für eine der größten Immobilienplattformen anbieten: Gerade auf den hart umkämpften Wohnungsmärkten in urbanen Ballungsgebieten ermöglicht eine digitale Bonitätsprüfung auf Basis der Kontodaten es dem Mieter, sich ohne Papierkram von anderen Mitbewerbern abzuheben. Gleichzeitig hilft sie dem Vermieter in der Flut der Mietinteressenten die Spreu vom Weizen zu trennen.
Und was ist mit smarten KI-basierten Finanzassistenten? Sie können das Ausgabeverhalten des Kunden analysieren und ihm auf dieser Basis personalisierte Empfehlungen geben – etwa wie er seine Sparpotenziale nutzen kann. Das ist der Kern der Geschäftsidee manch einer erfolgreichen Finanz-App.
Weniger wahrgenommen
Neben diesen Geschäftsmodellen, von denen der Endkunde unmittelbar profitiert, gibt es auch solche, die von einer breiten Öffentlichkeit weniger wahrgenommen werden. So ist die Prävention von Geldwäsche (Anti-Money Laundering, kurz AML) beispielsweise durch KI basierte Mustererkennung in den Kontotransaktionen verschiedener Kontoinhaber und Konten etwas, was die Gesellschaft und damit auch den Endverbraucher vor Milliardenschäden durch Betrug bewahrt. Und wer macht das erst möglich? Genau – Open Banking und PSD2.
Apropos Konten – deren Verifikation stellt ein weiteres Thema dar, bei dem Open Finance punkten kann. Schließlich ist es in einer Welt der Online-Strecken wichtiger denn je, den Neu- oder Bestandskunden „am anderen Ende“ der Transaktion zu kennen, um Risiken aus Geschäftsbeziehungen zu minimieren – und das gelingt etwa über eine PSD2-Schnittstelle nicht nur beim Onboarding oder bei Account-Eröffnungen von neuen Kunden, sondern auch bei zielsicheren Überweisungen, Bonitätsprüfungen oder bei Betrugsprävention.
Die Liste ist lang
Man sieht, die Liste der Geschäftsmodelle, die sich dank PSD2 entwickeln konnten, ist lang. Dazu gehören auch noch Dienste zur Vertragserkennung in der Versicherungsbranche sowie White-Label-Banking Modelle – und last but not least muss man auch die Challenger- und Neobanken hinzuzählen.
Wer sich angesichts dieser Beispiele immer noch der Meinung anschließt, PSD2 und Open Banking hätten mehr Nach- als Vorteile, muss sich nicht wundern, dass viele Ideen und Innovationen in Deutschland scheitern. Zudem sollte er sich fragen, ob er bislang den Aspekt des Kundennutzens falsch gewichtet hat. Und er könnte sich klarmachen: Open Banking ist nicht weit von open-minded entfernt – man sollte sich neuen Ideen öffnen, um deren Vorteile zu realisieren.