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Die Schatzjagd der Lili Gutmann

Mit ihren 96 Jahren hat Lili Gutmann, Enkeltochter des Gründers der Dresdner Bank, Eugen Gutmann, offenbar noch ein Super-Gedächtnis. Und darauf verlässt sie sich auch, um gemeinsam mit ihren Neffen Simon die während der Nazizeit geraubten...

Die Schatzjagd der Lili Gutmann

Mit ihren 96 Jahren hat Lili Gutmann, Enkeltochter des Gründers der Dresdner Bank, Eugen Gutmann, offenbar noch ein Super-Gedächtnis. Und darauf verlässt sie sich auch, um gemeinsam mit ihren Neffen Simon die während der Nazizeit geraubten Kunstgemälde aus der Sammlung Eugen Gutmann wiederzufinden. Der Börsen-Zeitung schilderte Lili Gutmann ihre Erfolge und Misserfolge bei dieser “Schatzsuche”.Sie selbst lebt seit knapp 80 Jahre in Italien und kann sich noch rege an die Kunstsammlung ihres Großvaters Eugen und ihres Vaters Fritz Gutmann erinnern. Dazu zählten unter anderem Gemälde von Botticelli, Degas, Renoir, des Venezianers Canaletto und von Guercino, einem Barockmaler aus Bologna.Insbesondere erinnert sie sich noch an ein Kunstwerk aus dem 16. Jahrhundert, an eine Silberuhr namens “Die Uhr des Orpheus”. Diese ziert inzwischen den Titel eines in den USA, in Italien und in Holland veröffentlichten Buches “The Orpheus Clock”, verfasst von ihrem Neffen Simon Goodman. Dieser beschreibt darin, wie und weshalb die Kunstwerke seines Urgroßvaters Eugen und seines Großvaters Fritz während der Nazizeit abhandengekommen sind. Einige konnte er mit Hilfe seiner “Tante Lili” wiederfinden. Etwa einen Degas, der sich inzwischen bei einem Sammler aus Chicago befand. Hergeben wollte dieser ihn allerdings nicht. Aber sie habe ihn “mit Hilfe von zwei Bloody-Mary-Cocktails” überzeugen können, den Degas in ein Museum zu hängen, sagt sie stolz. Mit dem Vermerk “aus der Sammlung Gutmann”.Lili Gutmann erzählt, dass Hitler und Göring ganz wild auf die Bilder gewesen seien. Göring habe sich auf die Orpheus-Uhr konzentriert. Doch Fritz Gutmann, der in Holland die Filiale der Dresdner Bank leitete, wollte die Werke nicht herausrücken. Er verweigerte die Unterschrift unter eine “Verkaufsurkunde”. Daraufhin landete er mit seiner Frau Louise im Konzentrationslager Theresienstadt. Auf die Frage, ob dieses Buch auch in deutscher Sprache veröffentlicht wird, sagt sie: “Ich wünsche es mir sehr. Scheinbar hat sich aber noch kein Verleger dafür gefunden.” Aber sie hofft und verweist auf Verleger etwa in Österreich oder der Schweiz. In den USA hat Simon & Schuster, in Italien Electa-Mondadori das Buch verlegt. Ihr Neffe Simon mit Sitz in Los Angeles verhandelt bereits über die Filmrechte. “Ich bin nur neugierig, welche Schauspielerin aus Hollywood meine Rolle übernehmen wird”, fragt sich die rüstige Lady.Die Uhr des Orpheus ist im Stadtmuseum von Stuttgart zu bewundern. Lili Gutmann, Jahrgang 1919, ist eine der letzten Zeitzeugen, die erlebt haben, was den jüdischen Bankiers während der Nazizeit widerfuhr. “Es schmerzt, über das Schicksal meiner Familie zu reden, über das, was meinen Eltern widerfahren ist”, sagt sie. “Jahrzehntelang habe ich geschwiegen, habe mich nun aber entschieden zu sprechen und bei der Suche nach den verloren gegangenen Kunstwerken aktiv mitzuwirken”, sagte sie.Mehrere Spuren der verlorenen Bilder führen nach Russland. Doch dort sei es äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich, die richtigen Kontakte zu finden. Die Museumsdirektoren allerorts bezeichnet sie als “harte Knochen”. Sie dächten, sie seien die Väter der Bilder, moniert sie. Am besten sei sie dagegen bei Auktionen und bei privaten Sammlern vorangekommen. Diese hätten die Bilder oder Kunstgegenstände oft in gutem Glauben erworben. Auf die Frage, was Ihr Großvater denn dazu sagen würde, dass “seine” Dresdner Bank an die Commerzbank verkauft wurde, meinte sie prompt: “Er würde sich nicht nur ein-, sondern dreimal im Grab umdrehen.” *Es sei noch zu früh, die wirtschaftlichen Konsequenzen des Terrorismus abzuschätzen, meint Italiens Zentralbankchef Ignazio Visco, schließt aber eine Wachstumsverlangsamung nicht aus. Anlässlich des vierzigjährigen Bestehens des Wirtschaftsforschungsinstitutes Prometeia machte Visco auf die Mängel im italienischen Wohlfahrtssystem aufmerksam und forderte eine intelligentere Einkommens- und Arbeitsmarktpolitik in Italien. Prometeia erwartet für 2016 ein Wachstum von 1,2 % in Italien und von 1,1 % in Deutschland.