Geldwäsche

„Kriminelle adaptieren Technologien zügig“

In Brüssel verhandeln die EU-Gesetzgeber gerade die Novelle der Anti-Geldwäsche-Regeln. Die sich abzeichnenden neuen Vorgaben bedeuten nach Ansicht von Experten einen Fortschritt. Aber es gebe auch noch Luft nach oben.

„Kriminelle adaptieren Technologien zügig“

„Kriminelle adaptieren Technologien zügig“

fed Frankfurt

Experten diskutieren Fortschritte und Defizite im Kampf gegen Finanzkriminalität

Das geplante neue EU-Regelwerk im Kampf gegen Geldwäsche dürfte nach Einschätzung von Experten in Sachen Finanzkriminalitätsbekämpfung zwar erhebliche Fortschritte mit sich bringen. Das Anti-Money-Laundering-Gesetzespaket werde allerdings längst nicht alle Defizite beseitigen.

Die neuen europäischen Regeln, die sich gerade in der Schlussabstimmung zwischen Europäischem Parlament und Ministerrat befinden, „werden die Fragmentierung nationaler Vorgaben reduzieren, Schlupflöcher schließen und zu mehr Konsistenz beitragen“, zeigte sich Robert Müller, Head of Anti Finance Crime Germany der Deutschen Bank, anlässlich der Fachkonferenz Digisustain in Frankfurt überzeugt. Allerdings würde er sich einen stärker risikoorientierten Ansatz wünschen. Viele Daten, die von den Banken erhoben werden, könnten auch künftig nicht genutzt werden. „An dieser Stelle greift das EU-Paket zu kurz.“

Müller wies darauf hin, dass Banken einige innovative Formen der Geldwäschebekämpfung entwickelten. Natürlich habe die Aufsicht recht, wenn sie darauf bestehe, die Banken müssten zunächst einmal unter Beweis stellen, dass diese neuen Instrumente wirkungsvoll seien. Andererseits wäre es dann auch hilfreich, wenn die Behörden die Fortschritte akzeptierten. „Die Kriminellen adaptieren Technologien zügig“, berichtete Müller. Umso wichtiger sei es, dass auch Banken neue Möglichkeiten nutzen könnten. Auf der Grundlage grundsätzlicher Vorgaben sollte es einen Spielraum in der Ausgestaltung der Geldwäschebekämpfung geben. „Die Regulierung sollte nicht technologieorientiert, sondern ergebnisorientiert sein“, forderte Müller. Konkret sprach sich der Deutsche-Bank-Experte für Formen engerer Zusammenarbeit und umfassenderen Austauschs aus: „Solange wir in Silos verhaftet bleiben, können wir nicht erfolgreich sein.“

Bernd Lindner, Partner bei Bearing Point, begrüßt ebenfalls die vorgesehene Einrichtung einer europäischen Behörde zum Kampf gegen Geldwäsche (Anti-Money-Laundering Authority, AMLA). Er erklärte in der Paneldebatte, es sei wichtig, dass diese EU-Behörde nicht nur für die Finanzinstitute zuständig sei, sondern gleichzeitig für Nichtbanken. Außerdem sollte die Frage, wer in Zukunft direkt von der AMLA überwacht werde, nicht von der Größe eines Instituts oder Unternehmens abhängig gemacht werden, sondern vom Risiko.

Auch Lindner wünscht sich im Kampf gegen Geldwäsche mehr Offenheit aller Beteiligten gegenüber neuen Technologien. Allzu oft würden Finanzdienstleister durch Vorgaben noch daran gehindert, moderne technische Möglichkeiten zu nutzen.

Die Einrichtung der einheitlichen Geldwäschebehörde in der Europäischen Union werde im Übrigen auch in Liechtenstein aufmerksam wahrgenommen, signalisierte Clara Guerra, Vizedirektorin für Finanzmarkt und Innovation der Regierung des Fürstentums. „Liechtenstein ist schließlich keine Insel, sondern Teil des Europäischen Wirtschaftsraums.“ Sie begrüßte die Europäisierung, nachdem Geldwäschebekämpfung lange Zeit vor allem eine nationale Angelegenheit gewesen ist. Wichtig sei, dass das künftige europäische Regelwerk „dynamische Anpassungen“ erlaube, da sich die Herausforderungen ständig änderten.

Guerra verwies darauf, dass, was die Regulierung von Blockchain-Technologie und die Tokenisierung angeht, Liechtenstein bereits einen Schritt vorausgegangen sei. Der Einsatz der Blockchain trage mehr zu Lösungen bei der Bekämpfung von Geldwäsche bei, als dass er zusätzliche Probleme schaffe, zeigte sich Guerra überzeugt.

Nach ihrer Bewertung vollzieht die EU mit der Kryptomärkte-Richtlinie (Mica) nun die Mindeststandards und Aufsichtsanforderungen nach, bleibe aber an anderen Stellen, etwa der zivilrechtlichen Einbeziehung von Token, noch hinter den Regeln in Liechtenstein zurück. Auch Guerra erkennt noch Potenzial bei Aufsichtsbehörden, was die Anerkennung moderner Technologien zur Bekämpfung von Finanzkriminalität betrifft. Oft bremsten Behördenpraxis und Kultur die Akzeptanz innovativer Instrumente.

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