„Digitale Identität als zentrales Asset"
Gastbeitrag
Digitale Identität als Asset für digitalisierte Wertschöpfungsketten
Globale Standards und Interoperabilität – Voraussetzung für sichere Handelsökosysteme
Stephan Wolf, CEO der Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF)
Welche Voraussetzungen braucht es für ein effizientes, sicheres und vertrauenswürdiges Ökosystem für grenzüberschreitende Zahlungen? Die einheitliche Verwendung globaler Standards und Interoperabilität sind der Schlüssel, um die Herausforderungen im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr wie hohe Kosten, geringe Geschwindigkeit, limitierter Zugang und mangelnde Transparenz zu bewältigen.
Es liegt auf der Hand, dass die Wirtschaft ein globales Identifizierungssystem für die beteiligten Unternehmen benötigt, um die Vorteile der Umstellung auf die ISO-20022-Zahlungsübermittlung zu maximieren.
Als internationaler Standard für den Austausch elektronischer Nachrichten zwischen Finanzinstituten hat ISO 20022 das Potenzial, einheitlichere und strukturiertere Daten bei der Zahlungsverarbeitung zu ermöglichen und damit eine größere Interoperabilität im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr zur Unterstützung der G20-Ziele zu fördern.
In jeder Phase entlang des Wertschöpfungsnetzes von Unternehmen im digitalen Handel besteht Bedarf an einer einheitlichen und standardisierten Art der Identifizierung von Unternehmen. Für eine erfolgreiche Digitalisierung des weltweiten Handels sind drei zentrale Erfolgsfaktoren maßgeblich: Interkonnektivität, einfacher Zugang und eine kritische Masse an Teilnehmern.
Wenn es gelingt, Handelsökosysteme interoperabel, standardisiert, technologieunabhängig und leicht zugänglich
zu machen, erwartet IDC, dass bis 2028 30% aller Handelsfinanzierungen auf digitale Handelsfinanzierungen entfallen werden.
Um grenzüberschreitende Transaktionen schneller, billiger, transparenter und inklusiver zu machen, empfiehlt das Financial Stability Board den Legal Entity Identifier (LEI) verstärkt im Zahlungsverkehr zu verwenden. Der LEI ist ein interoperabler, nichtkommerzieller, maschinenlesbarer ISO-Standard zur Identifizierung von Unternehmen, der von der gemeinnützigen Stiftung Global Legal Entity Identifier Foundation (GLEIF) verwaltet wird. Als internationaler Code hilft der LEI beim grenzüberschreitenden Datenabgleich.
LEI als strukturiertes Element
Zu den Vorteilen der Umstellung auf die ISO-20022-Zahlungsübermittlung gehört die Definition und Harmonisierung von Datenfeldern – einschließlich Identifikatoren –, die entlang der Zahlungskette übermittelt werden. In der aktuellen BIS-Konsultation schlägt der Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen (CPMI) der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich vor, die Identifizierung aller an grenzüberschreitenden Zahlungen beteiligten Finanzinstitute über den Business Identifier Code (BIC) vorzuschreiben. GLEIF unterstützt nachdrücklich ein standardisiertes Identifizierungs- und Verifizierungsverfahren, denn es ermöglicht Unternehmen und Finanzinstituten, ihre Geschäftspartner mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen. Dies ist für das gesamte Zahlungssystem von großem Nutzen, denn hierdurch wird Vertrauen und Transparenz gestärkt sowie globale Interoperabilität und Integration gefördert.
Effizienz steigern
Wenn der LEI als Datenattribut in Zahlungsnachrichten hinzugefügt wird, kann jede juristische Person als Auftraggeber oder Begünstigter präzise, sofort und automatisch grenzüberschreitend identifiziert werden. Der LEI ist zwar bereits ein optionales Feld im ISO-20022-Nachrichtenstandard, seine Aufnahme als obligatorisches strukturiertes Datenelement würde jedoch zu einer Reihe von Vorteilen führen, die die Transparenz und das Vertrauen deutlich erhöhen und gleichzeitig die Effizienz steigern, was die Anforderungen an die Kundenidentifizierung (KYC) und die Einhaltung von Vorschriften erleichtert. Deshalb vertritt GLEIF den Standpunkt, dass der LEI mit dem Business Identifier Code (BIC) obligatorisch zur Identifizierung von Finanzinstituten und Unternehmen eingesetzt werden sollte.
Während BICs Finanzinstitute im SWIFT-Netzwerk identifizieren, können LEIs die Identität aller an einer Transaktion beteiligten juristischen Personen verifizieren. Nur dieser vollständige Satz von Informationen innerhalb einer Zahlungsnachricht wird für mehr Sicherheit und Transparenz sorgen. Dies ist ein grundlegender Schritt zur Gewährleistung eines effizienten, sicheren und vertrauenswürdigen Ökosystems für grenzüberschreitende Zahlungen.
Die obligatorische Verwendung des LEI als Kennung von Kreditor/Debitor in Zahlungsnachrichten könnte schrittweise erfolgen, indem zuerst hohe Beträge priorisiert und die Schwelle für niedrigere Zahlungsbeträge im Laufe der Zeit gesenkt wird. Nationale Beispiele hierfür gibt es bereits: In Indien erließ die Reserve Bank of India (RBI) ein Mandat für die Angabe des LEI bei allen Zahlungsvorgängen mit einem Gesamtbetrag von 500.000.000 indischen Rupien und mehr, die von Unternehmen für Real Time Gross Settlement (RTGS) und das National-Electronic-Funds-Transfer(NEFT)-System durchgeführt werden.
Präzise Identitätsüberprüfung
Ab Oktober 2022 wurde diese Anforderung auf grenzüberschreitende Kapital- oder Kontotransaktionen ausgedehnt. Die Bank of England hat bereits im Dezember 2020 das „Policy Statement: Implementing ISO 20022 Enhanced Data in CHAPS“ veröffentlicht, in dem der LEI in den CHAPS-Zahlungsnachrichtenstandard bei der Umstellung auf ISO 20022 eingeführt wird.
Darüber hinaus hat die zunehmende weltweite Kontrolle von Sanktionsregelungen Herausforderungen bei der Einhaltung der Vorschriften aufgezeigt. Der einzige Weg zur wirksamen Durchsetzung besteht in der genauen Identifizierung von Personen und Unternehmen, die sanktioniert werden. Deshalb ist auch hier die Kombination von Bank Identifier Code (BIC) und LEI – aufgrund ihres globalen, standardisierten Charakters – besonders geeignet, um sanktionierte Organisationen zu identifizieren oder potenzielle Treffer auszuschließen.
Ansatz für Sanctions Screening
Dies steht auch im Einklang mit den von der PMPG und der Wolfsberg-Gruppe befürworteten SWIFT-Leitprinzipien für das Screening von ISO-20022-Zahlungen, in denen hervorgehoben wird, wie der LEI einen wirksamen, zielgerichteten Ansatz für das Sanctions Screening unterstützen kann. Auch der FSB-Bericht empfiehlt Leitlinien und weitere Maßnahmen zur Verwendung des LEI als standardisierte Kennung für Sanktionslisten und als primäres Identifizierungsmittel für Kunden oder Begünstigte von juristischen Personen, insbesondere im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht bei Kunden und Überweisungen.
Sichere, qualitativ hochwertige und standardisierte Unternehmensidentitäten sind der Schlüssel für Vertrauen und Transparenz bei globalen Wertschöpfungsketten. Globale Standards und Interoperabilität sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung des weltweiten Handels.