Digitale Weltwährung
Letztes Wochenende waren die Notenbanken noch in Stockholm zusammengekommen, um auf einer akademischen Konferenz über die Möglichkeiten zur Einführung von zentralbankgestützten Digitalwährungen (CBDC) zu diskutieren. Zwei Tage später sehen sich die Währungshüter von der Realität eingeholt und dürfen online das “White Paper” von Facebook zur Einführung der digitalen Weltwährung Libra studieren.Ob Facebook diesen hohen Anspruch erfüllen kann, sei zunächst mal hintangestellt. Klar ist, dass die Libra Association, bei der Facebook nur einer von vielen Gesellschaftern ist, mit dem Einsatz des Stablecoin im Zahlungsverkehr in einen Graubereich vorstößt. Denn noch kann in Transaktionen eigentlich nur verwendet werden, was als gesetzliches Zahlungsmittel legitimiert ist. Zwar ist der Libra Coin mit Reserven gedeckt, aber als Token doch nur (oder immerhin) ein digitales Abbild einer Währungseinheit. Da es noch keinen Rechtsrahmen für Token gibt, ist unklar, ob das zulässig ist.Die G20 und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) haben zu lange rumgedaddelt und sich in Abwehr eines unliebsamen Themas in inhaltsleeren Warnungen zu Bitcoin als spekulatives Asset erschöpft – mit dem Ergebnis, dass Tech-Konzerne wie Facebook sowie bald auch Telegram mit eigenen Systemen Fakten schaffen und Bitcoin im Libra-Fahrwasser haussiert. Es braucht nicht viel, um hier einen neuen Hype zu zünden – auch wenn Bitcoin selbstverständlich keine Währung ist und mit ihrer katastrophalen Umweltbilanz so gar nicht in den Zeitgeist passt.Dabei gibt es zwei Aspekte, die nicht nur in Abgrenzung zu Bitcoin für Libra sprechen. Zum einen stößt der Stablecoin in eine Lücke, die selbst von den Bankenaufsehern beklagt wird: Grenzüberschreitende Zahlungen sind mit im Schnitt 7 % Gebühr zu teuer. Einige Fintechs widmen sich dem Thema bereits, auch hat Swift als Grundlage des Korrespondenzbankensystems Fortschritte erzielt – die Preise mit Tendenz zum Abkassieren (im Fachjargon “Lifting Fees” genannt) setzen aber immer noch die Banken. Libra jedoch kann mit ihrem “Token Swap” für einen Bruchteil der Kosten abwickeln, weil die Banken es verpasst haben, im Geflecht ihrer Legacy-Systeme effizienter zu werden. Außerdem hat man den Zahlungsverkehr zu sehr als Produkt mit möglichst hohem Gewinnbeitrag betrachtet und nicht auf die Rolle als Brücke für Girokonten in digitale Ökosysteme abgestellt mit ihren Wallet-Funktionalitäten. Das rächt sich jetzt mit dem Eintritt von Big Tech ins Bankgeschäft.Zweitens stellt die Libra Blockchain mit ihrer Kapazität von 1 000 Transaktionen pro Sekunde unter Beweis, dass sich auf diesen Strukturen skalierbares Geschäft betreiben lässt. Alle Blockchain-Zweifler dürfen nun Abbitte leisten. Im Verbund mit der Tokenisierung von Assets entsteht eine leistungsfähige Maschinerie, die das Finanzsystem effizienter macht.Für Facebook geht es nun darum, den Dialog mit den Notenbanken aufzunehmen. Bei denen geht der Puls hoch, sobald sie den Begriff “Digitalwährung” registrieren. Noch im Juli soll eine erste Konsultation dazu stattfinden. Kleiner Tipp an dieser Stelle: Es handelt sich um einen Payment-Token und nicht um eine volle Währung.