Zahlungsmittel

DZ Bank dringt auf Giralgeld 2.0

Banken haben es selbst in der Hand, im Zahlungsverkehr mit tokenisiertem Giralgeld relevant zu bleiben – In zwei Jahren möglich

DZ Bank dringt auf Giralgeld 2.0

bg Frankfurt

Die im Juli von der EZB getroffene Entscheidung, den digitalen Euro auf den Weg zu bringen, hat die DZ Bank am Mittwoch zum Anlass genommen, um die Chancen und Risiken dieses Projektes aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Dabei stellte der für den Zahlungsverkehr zuständige Vorstand Thomas Ullrich eingangs heraus, dass die Einführung von digitalem Zentralbankgeld und tokenisiertem Giralgeld ein richtiger Schritt sei, da sich die Payment-Ökosysteme mit nachlassender Bargeldnutzung veränderten.

Ullrich zufolge müssten die Banken „Innovationen schaffen und Giralgeld weiterentwickeln, um im Zahlungsverkehr nicht ersetzbar zu werden.“ Wie er weiter ausführte, könne ein Eingriff der Notenbank in die bestehende Geldordnung gravierende Folgen für die Geschäftsbanken haben, wobei er dafür plädierte, dass die funktionale Trennung von Geschäftsbank und Zentralbanken erhalten bleibe. Denn würden die Zentralbanken eigene Konten für einen digitalen Euro führen, wären die Banken mit einem Abfluss an Depositen konfrontiert. Ziel müsse deshalb sein, dass der digitale Euro als reiner Bargeldersatz (Inhaberinstrument) konzipiert werde und die Banken das Giralgeld in eine tokenisierte Form weiterentwickeln, wie es für den Einsatz im Zahlungsverkehr für die Industrie geplant sei als Giralgeld 2.0.

Devisen-Analyst Sören Hettler erklärte, die Abschaffung des Bargelds werde von den Bürgern vorangetrieben und nicht von der Zentralbank. „Damit ist der Vorwurf, die Zentralbank wolle das Bargeld abschaffen, um den Leitzins zu senken, haltlos. Zwar brauchten die Verbraucher den digitalen Euro derzeit nicht. „Perspektivisch ist eine digitale Zentralbankwährung aber sowohl aus Sicht der Bevölkerung als auch der Notenbank sinnvoll.“ Aufgabe der EZB sei es, Zentralbankgeld als sicheres und allgemein akzeptiertes (und mit Blick auf geringe Transaktionshöhen auch anonymes) Zahlungsmittel begrenzt zur Verfügung zu stellen – und da sich die Nutzung auf das elektronische Zahlen verlagere, tue die Notenbank gut daran, jetzt die Einführung des digitalen Euro voranzutreiben. Allerdings gab auch Hettler zu bedenken, dass die Kontenbefüllung einer CBDC (Central Bank Digital Currency) nicht die Fähigkeit der Banken zur Kreditvergabe einschränken dürfe. Ullrich ergänzte, ein kontenbasierter digitaler Euro habe das Potenzial, das zweistufige Bankensystem abzuschaffen.

Dass Handlungsdruck für die Banken in ihrem Feld des Giralgeldes besteht, ist offensichtlich: „Wenn wir jetzt nicht handeln, könnten uns bald die Big Techs mit eigenen Angeboten im Zahlungsverkehr ersetzen“, so Claus George, Zahlungsverkehrsexperte für technologische Innovationen und digitale Währungen bei der DZ BANK. Großes Potenzial für Unternehmen sieht er in einem Giralgeld-Token auf Blockchain-Basis. „Triggerlösungen, die als Brücke zwischen der Blockchain-Technologie in Unternehmen und dem traditionellen Zahlungsverkehr fungieren, haben wir bereits erfolgreich erprobt.“ Dazu hatte die Bundesbank zusammen mit der Deutschen Börse und einigen Banken bereits einen Test durchgeführt. George erwartet, dass sich tokenisiertes Giralgeld innerhalb von zwei Jahren in der Praxis anwenden lässt. Dabei sei es wichtig, dass es für die Interoperabilität Standards gebe – und das würde dann über das Token-Design gehen, womit es kein Problem sei, dass Giral-Token aus unterschiedlichen Blockchains kommen.

Link zu Payment-Systemen

Um das als gängige Lösung aufzubauen, müssen aber Banken und Industrie-Blockchain-Strukturen aufbauen, die sich mit den von den Notenbanken betriebenen Systemen für den Zahlungsverkehr (Sepa, Tips) verbinden lassen – denn nur so lassen sich programmierbare Zahlungen in der Masse automatisiert bewerkstelligen. Dafür hatte die DZ Bank im vergangenen Jahr eine Zusammenarbeit mit dem Blockchain-Start-up Payperchain aufgesetzt. Dabei betreibt Payperchain eine B2B-Plattform, die Maschinenherstellern Abrechnungen von Pay-per-Use-Modellen ermöglicht. Die Industrie brauche die Zuarbeit der Banken, damit sie das volle Potenzial der Blockchain-Technologie heben kann, erklärte Payperchain-CEO Stephen Hartmetz. Heute sei es im grenzüberschreitenden Geschäft so, dass die Zahlung noch unterwegs sei, wenn die Maschine schon beim Kunden ausgeliefert sei. Hartmetz scharrt mit den Hufen, beim Start des digitalen Euro ist ihm die Zentralbank zu zögerlich: „Gerade im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr sind digitale Währungen hochrelevant. Die EZB ist im internationalen Vergleich spät gestartet und muss nun an Tempo zulegen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.