PERSONEN

Ein Ausnahmebanker verabschiedet sich

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 7.7.2020 Als António Horta-Osório (56) vor einem Jahrzehnt die Führung der Lloyds Banking Group übernommen hat, schlug ihm nicht nur Wohlwollen entgegen. Die "Daily Mail" empörte sich über sein großzügiges...

Ein Ausnahmebanker verabschiedet sich

Von Andreas Hippin, LondonAls António Horta-Osório (56) vor einem Jahrzehnt die Führung der Lloyds Banking Group übernommen hat, schlug ihm nicht nur Wohlwollen entgegen. Die “Daily Mail” empörte sich über sein großzügiges Vergütungspaket, das den Portugiesen zu einem der bestbezahlten Manager in der City machte – ausgerechnet an der Spitze eines Instituts, das sich nach seiner Rettung durch die Steuerzahler während der Finanzkrise noch zu gut zwei Fünfteln im Staatsbesitz befand. Es überwog allerdings die Freude, jemanden von seinem Kaliber für die Spitzenposition bei der schottischen Großbank gefunden zu haben. Bei seinem damaligen Arbeitgeber Santander war der ehemalige Chef der britischen Tochter, die gerade an die Börse gebracht werden sollte, schließlich als möglicher Nachfolger von Konzernchef Alfredo Sáenz gehandelt worden.Nun kündigte Horta-Osório “natürlich mit gemischten Gefühlen” an, das Amt des CEO Ende Juni kommenden Jahres niederzulegen. Der ebenfalls scheidende Chairman Norman Blackwell dankte ihm für seinen “herausragenden Beitrag” zum Unternehmenserfolg.Unter Horta-Osórios Führung zahlte die Bank die 21 Mrd. Pfund zurück, mit denen die öffentliche Hand eingesprungen war, nachdem sich Lloyds TSB an der maroden Halifax Bank of Scotland (HBOS) verhoben hatte. Der Vater dreier Kinder kann sich zugutehalten, die Bank wieder auf Kurs gebracht zu haben. Das war nicht einfach. Lloyds Banking Group kostete der branchenweite Skandal um den Verkauf nutzloser Restschuldversicherungen mehr als jedes andere Institut. Auch andere Schatten der Vergangenheit wie die Beteiligung an der Manipulation des Referenzzinses Libor (Libor Interbank Offered Rate) verdunkelten zeitweise die Perspektive.Kein Wunder, dass er sein Amt ein Jahr nach Antritt erst einmal wegen Erschöpfung ruhen lassen musste. Nach zwei Monaten Auszeit kehrte Horta-Osório auf seinen Posten zurück – und delegierte einen Teil seiner Aufgaben an die anderen Führungsmitglieder. Der Ausnahmebanker musste zudem die von der EU im Gegenzug für die während der Krise erhaltenen Staatshilfen geforderte Ausgliederung von 631 Geschäftsstellen vollziehen, die seither als TSB Bank firmieren.Erfahrung in Haifischbecken hatte er. Der Hobbytaucher beobachtete vor der südafrikanischen Küste weiße Haie. An Ende schaffte es Lloyds Banking Group zurück in die Gewinnzone und durfte ihren Aktionären wieder eine Dividende zahlen. Tausende Stellen wurden von ihm gestrichen. Der Staat schaffte es, sich von seiner Beteiligung zu trennen. Nicht einmal das britische Votum für den EU-Austritt vermochte dem Geschäft wesentlich zu schaden. Horta-Osório erwies sich dabei alles andere als stromlinienförmig. So sprach sich der Absolvent der Katholischen Universität Portugal für die Errichtung einer Brandmauer zwischen Retail Banking und riskanteren Geschäftsbereichen aus. Banken mit starkem Investment Banking waren dem sogenannten Ringfencing weniger zugeneigt. Er setzte zudem klare Ziele für den Frauenanteil in der Führungsetage der Lloyds Banking Group, während man sich anderenorts mit Lippenbekenntnissen zufriedengab. Das Institut hat nun zwölf Monate Zeit, einen geeigneten Nachfolger zu finden.Wer auf Blackwell als Chairman folgen soll, teilte es nun mit: Der City-Veteran Robin Budenberg kennt sich mit der Lloyds Banking Group bestens aus. Der ehemalige UBS-Banker beriet die Regierung während der Finanzkrise und leitete anschließend UK Financial Investments, die Agentur, bei der sie ihre Beteiligungen an Finanzinstituten parkte.