Ein Fintech mit klassischer Bilanz

TF Bank verbindet Online-Payment-Dienste mit Ausreichung von Konsumentenkrediten - Frankfurt schlägt London als IPO-Platz

Ein Fintech mit klassischer Bilanz

Der erste Börsengang in Deutschland seit der Sommerpause kommt als Mix aus Fintech und klassischem Bankgeschäft daher. Die schwedische TF Bank nimmt mit ihrem IPO zusätzliches Kapital auf, um das angestrebte Bilanzwachstum abzubilden. Es geht um ein Emissionsvolumen von 200 Mill. Euro, wenn am obersten Ende der Preisspanne zugeteilt wird.bg Frankfurt – Mainmetropole statt Themse: Das schwedische Online-Institut TF Bank hat sich Verwaltungsratschef Matthias Carlsson zufolge bei seinem Börsengang bewusst für den deutschen Handelsplatz und gegen ein britisches Listing entschieden. Eine Londoner Notiz sei um einiges komplizierter, der Frankfurter Markt gebe Investoren zudem eine Orientierung, da hier schon Vergleichsunternehmen (Peers) notiert seien, führte Carlsson aus – die in der Vergabe von Mikrokrediten tätige finnische Ferratum ist seit Februar an der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Zudem wolle die TF Bank im Rahmen ihre Expansion perspektivisch eine Euro-Anleihe auflegen sowie zur Refinanzierung auch Depositen zum Beispiel in Deutschland einsammeln. Bislang fokussiert sich das Stockholmer Institut auf Einlagen aus Schweden und Finnland.Damit ist ein Teil der Equity Story auch schon skizziert: Bei der TF Bank handelt es sich um ein Fintech mit Bankbilanz, das seit 2012 über eine schwedische Banklizenz verfügt. Die Bilanz umfasst zur Jahresmitte 263 Mill. Euro, wobei Depositen von 220 Mill. Euro ein Volumen an Konsumentenkrediten von 140 Mill. Euro gegenübersteht. Die Einlagenbasis stelle die Hauptrefinanzierungsquelle dar, so CEO Declan Mac Guinness auf der IPO-Pressekonferenz. Im Schnitt hat ein Kunde der TF Bank Einlagen über 27 000 Euro anvertraut, bis zu 100 000 Euro sind pro Konto über die schwedische Einlagensicherung gedeckt. Konsumentenkredite sind auf 4 000 bis 6 000 Euro pro Person gedeckelt. Das Segment erzielte im ersten Halbjahr einen Betriebsgewinn von 13 Mill. Euro, wobei die Nettokreditausfallrate 4,7 % betrug – von faulen Krediten trennen sich die Schweden sehr schnell, im Schnitt nach 69 Tagen werden Ausplatzierungen von Kreditrisiken vorgenommen. Geschäft abjagenMit der im Juli erfolgten Akquisition der norwegischen BB Finans wird das Angebot der Konsumentenfinanzierung um Kreditkarten erweitert, die als virtuelle Karten im Mobile Banking nutzbar gemacht werden sollen. BB Finans ist Mac Guinness zufolge seit 40 Jahren am Markt, mit Hilfe von TF-Bank-Technologie könnten Kreditentscheidungen wesentlich beschleunigt werden, zeigt der CEO Synergien auf. In ihrer für Payment-Dienstleistungen – das ist das zweite Geschäftsfeld – genutzten Datenbank befinden sich 2,2 Millionen Nutzerprofile, die Zahl der aktiven Kunden beträgt 1,1 Millionen. Diese verteilen sich auf sieben europäische Länder, der Markteintritt in Tschechien sowie der Slowakei erfolgt derzeit – fünf weitere Länder sollen bald folgen.Mit ihren Payment-Lösungen für Online-Händler tritt die TF Bank gegen die Kreditkartenkonzerne an und nimmt dem Shopbetreiber das Kreditrisiko ab, indem nach blitzschneller Bonitätsprüfung Konsumentenkredite mit Ratenzahlung direkt online angeboten werden können – im Schnitt geht es um Summen von knapp 200 Euro. Das Segment weist in den zwölf Monaten zum 30. Juni einen operativen Gewinn von 1,9 Mill. Euro aus. Viel Auftrieb verspricht das Management der TF Bank von dem zur Jahresmitte vereinbarten Joint Venture “Avarda”, in das der Partner Intrum Justitia, ein Kreditmanagement-Dienstleister, reichlich skandinavische Online-Händler als Kunden einbringt. Lange Lock-upWerden die Aktien der TF Bank am oberen Ende der Preisspanne von 15 bis 19 Euro zugeteilt, würde das Unternehmen mit 468 Mill. Euro bewertet und eine Free-Float-Marktkapitalisierung von knapp 200 Mill. Euro erreicht. Knapp 50 Mill. Euro würden der Unternehmenskasse zugutekommen. Die Altaktionäre (vor allem wohlhabende schwedische Familien) lassen sich im Rahmen des Börsengangs auf 55 % verwässern, für die verbliebenen Anteile gelten Lock-up-Vereinbarungen von zwei bis fünf Jahren. Der Mehrheitsanteil von 51 % an Avarda, den Intrum Justitia ab 2020 an sich ziehen kann, gilt als Werttreiber für die Aktie. In der IPO-Studie wird allein der Wert der Beteiligung auf 129 Mill. Euro taxiert. Als besonderes Asset der Gesellschaft wird die für Big-Data-Analysen geeignete IT-Plattform genannt, die mit der Ausweitung des Geschäfts an Skalierbarkeit gewinnen könne – insgesamt sei die TF Bank damit mehr ein Fintech als eine klassische Bank, meinen Analysten. Als Risiko gilt eine sich verschlechternde Kreditqualität infolge eines konjunkturellen Abschwungs in Europa. Begleitet wird der Börsengang von der ICF Bank als Sole Global Coordinator, Sole Bookrunner und Joint Lead Manager. Joint Lead Manager ist M. M. Warburg, als Co-Lead Manager fungiert die DZ Bank.