Ein heimlicher Riese wird 50
Von Bernd Wittkowski, FrankfurtAllianz Global Investors? Die kennt Erika Musterfrau. DWS? Auch von dieser großen und traditionsreichen Adresse im Fondsgeschäft hat Otto Normalsparer schon gehört oder ist sogar ihr Kunde. Aber Universal-Investment-Gesellschaft? Das Fondshaus mit Sitz in Frankfurt ist aus Sicht der breiten Öffentlichkeit ein eher heimlicher Riese, dafür ist es umso mehr den Finanzprofis ein Begriff, bei denen es sich sogar eines Rufs wie Donnerhall erfreut. Schließlich ist die Firma so etwas wie ein Synonym für das Anlagekonstrukt Masterfonds, also, vereinfacht gesagt, die Bündelung und Administration von unterschiedlichen Kapitalanlagen institutioneller Partner. Vom David zum GoliathUnd sie kann mit Superlativen geradezu um sich werfen: “Größte bankenunabhängige Investmentgesellschaft im deutschsprachigen Raum.” Oder: “Einzigartiges Geschäftsmodell mit dem Fokus auf Master-KVG beziehungsweise Service-KVG (KVG = Kapitalverwaltungsgesellschaft), das uns zum Marktführer für Masterfonds und Private-Label-Fonds macht.” Oder: Seit 2009 erzielte die Gruppe die höchsten Nettomittelzuflüsse der Branche, nämlich kumuliert einen Anteil von 22 %, womit sie klar vor populäreren Namen des Assetmanagements lag. Schon 2004 hatte die Börsen-Zeitung über den einstigen “David” unter den Vermögensverwaltern geschrieben, der bei den Zuflüssen sämtliche Goliaths schlage. Längst ist er selbst ein Goliath.Falsche Bescheidenheit oder fehlenden Ehrgeiz kann man Universal-Investment auch nicht nachsagen: “Wir wollen die führende europäische Fonds-Service-Plattform für alle Assetklassen werden und die Assets under Administration bis 2023 auf 500 Mrd. Euro steigern”, lautet die Ambition. Noch keine fünf Jahre ist es her, da hatten wir berichtet, das damals von den Bankhäusern Berenberg und Lampe getragene Unternehmen administriere ein Vermögen von gut 200 Mrd. Euro. Im September dieses Jahres überschritt das Volumen die Schwelle von 400 Mrd. Euro und hat sich damit binnen einer Dekade annähernd verfünffacht. So buchstabiert man wohl das Wort “Wachstumsgeschichte”. “Under Management” sind aktuell rund 38 Mrd. Euro.An Tradition mangelt es der am 4. November des wilden Jahres 1968 von mehreren Privatbanken gegründeten Gesellschaft auch nicht. In diesen Tagen feiert sie die Vollendung ihres ersten halben Jahrhunderts. Dass Universal-Investment dem breiten Publikum gleichwohl relativ unbekannt ist, liegt an dem recht speziellen Geschäftsmodell für institutionelle Anleger und Fondsinitiatoren als zentrale Kundengruppen.Das Haus mit rund 650 Beschäftigten, davon über 50 in Luxemburg, beschreibt sich selbst als KVG, die Fonds im Auftrag von Vermögensverwaltern, Banken oder Investmentboutiquen unter deren Namen auflegt sowie Spezialfonds für große Versorgungswerke, Versicherungen und Pensionskassen sowie Unternehmen oder Stiftungen verwaltet. In diesem Geschäft ist die Nummer 3 (gemessen am verwalteten Vermögen) sogar Branchenprimus, eine Position, die sie 2017 mit deutlichem Vorsprung auch beim Fondsabsatz insgesamt innehatte. Institutionelle Investoren und Assetmanager haben Universal-Investment, die sich als Full-Service-Provider versteht, mehr als 1 000 Administrationsmandate anvertraut. Mit ihren seit 1970 aufgelegten Private-Label-Fonds für externe Partner sieht sich die Gesellschaft als Pionier. Auf ihrer Plattform für unabhängiges Assetmanagement verwaltet sie mehr als 700 Publikumsfonds mit einem Volumen von 31 Mrd. Euro. Übernahme durch MontaguIn seinen ersten 50 Jahren hat das Unternehmen eine Reihe von Meilensteinen gesetzt. Einer der jüngsten war Anfang 2017 die in der Branche vielfach mit Verwunderung und Rätselraten über die strategische Logik registrierte Übernahme der Anteile der verbliebenen Altgesellschafter Berenberg und Lampe durch das britische Private-Equity-Haus Montagu (früher hatten auch die BW-Bank sowie die Bankhäuser Hauck & Aufhäuser und Merck, Finck zum Gesellschafterkreis gehört). Anscheinend hat die Transaktion bei dem Spezialanbieter, wiewohl es diesem ja schon zuvor nicht an Dynamik mangelte, sogar noch für zusätzlichen Schwung gesorgt. “Seit dem Eigentümerwechsel erfahren wir noch größeren Zuspruch durch die Kunden”, freute sich Bernd Vorbeck, der Vorsitzende der Universal-Geschäftsführung, Anfang dieses Jahres im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Investor unterstützt die bewährte Unabhängigkeit.Am Anfang der Firmenhistorie, 1968, standen der Unternehmenschronik zufolge die Schaffung der “wohl ersten originären Administrationsplattform überhaupt in Deutschland” und die Auflegung eines ersten Spezialfonds. Beschäftigt wurden damals fünf Teilzeitmitarbeiter. Die erste Milliarde beim verwalteten Vermögen – allerdings noch in DM gerechnet – wurde 1980 gewuppt. 1992 schlug dann die Geburtsstunde der Master-Kapitalanlagegesellschaft. Weitere Innovationen folgten im Lauf der Jahre: die Etablierung einer länderübergreifenden Plattform, Angebot des Insourcing für andere Investmentgesellschaften und Verwahrstellen, Gründung einer eigenen Investment-AG und einer Luxemburger Verbriefungsgesellschaft sowie Erweiterung der Produktpalette um die Administration von Immobilien oder die Strukturierung von alternativen Anlagen wie Infrastruktur, Private Equity und Private Debt. Weiter auf Wachstumskurs In jüngerer Zeit kam die Lizenz zur Auflegung geschlossener Fonds hinzu. Vor kurzem gewann die Gesellschaft – dem Vernehmen nach vom Volkswagen-Konzern – das größte, mehr als 20 Mrd. Euro schwere Master-KVG-Mandat in Deutschland. Bei solchen Volumina bleibt dann auch trotz der in diesem Geschäft typischerweise äußerst schmalen Margen etwas hängen – hier macht’s wirklich die Masse. Ein Projekt der Gegenwart ist der Aufbau einer Niederlassung im polnischen Krakau.Und wie sieht die Zukunft aus? “Wir sind sehr profitabel und haben darüber hinaus einen finanzstarken Eigentümer. Wir sind daher in der Lage und auch willens, die Optionen zu nutzen, die sich auch aus der Marktkonsolidierung in der Fondsbranche bieten”, gab Vorbeck im schon erwähnten Gespräch die Marschrichtung vor. Diese heißt Wachstum, und wenn sich Opportunitäten auftun, gerne auch durch Zukäufe. In den großen Zukunftsthemen auch seiner Branche, Digitalisierung und Regulierung, sieht der langjährige Chef für Universal-Investment eher Chancen als Bedrohungen. Schließlich brauchen viele Kunden Partner in der Fondsindustrie, die diese Themen beherrschen.—–Im ersten halben Jahrhundert hat Universal-Investment eine Reihe von Meilensteinen gesetzt.—–