Ein Optionsschein macht Karriere
Bloomberg Wien – Investoren, die mutig genug waren oder das Glück hatten, einen wenig bekannten, undurchsichtigen und illiquiden Restbestand aus einem der dramatischsten Bankenausfälle in Europa zu kaufen, könnten nun den großen Reibach machen. Ihre Glückssträhne ist eine weitere seltsame Wendung in der turbulenten Geschichte der Hypo Alpe-Adria-Bank International. Die ehemalige Tochter der BayernLB war beinahe unter der Last notleidender Kredite zusammengebrochen, die im Zuge eines staatlich gesponserten Kaufrauschs im ehemaligen Jugoslawien angehäuft wurden. Die Rettung, Zerschlagung und Liquidierung der Bank kostete deutsche und österreichische Steuerzahler Milliarden Euro, beendete politische Karrieren und brachte Banker ins Gefängnis – jetzt profitieren Anleger vom Überraschungserfolg beim Verkauf von Vermögenswerten.Nachdem eine Art Optionsschein im vergangenen Jahr robuste Gewinne eingebracht hatte, verlangen Spezialisten für notleidende Verbindlichkeiten nun mehr davon. Das Instrument ist daran gekoppelt, dass es der Hypo Alpe und der zu ihrer Abwicklung gegründeten Bad Bank Heta Asset Resolution gelingt, Vermögenswerte zu verkaufen. Die Erträge dürften über den Zuwächsen liegen, sagen sechs Personen, die sich an diesen Geschäften beteiligen, aber nicht namentlich genannt werden wollen. “Ich habe sie im März und dann im Juni auf sehr niedrigen Niveaus gekauft”, sagte Najib Nakad, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Hof Hoorneman Bankiers NV in der niederländischen Stadt Gouda, bezüglich seiner Käufe im Jahr 2018. “Ich bedauere nur, dass ich nicht genug gefunden habe.”Die Geschichte dieses Instruments geht auf die Umschuldung im Jahr 2016 zurück, bei der Österreich und das Bundesland Kärnten als ursprünglicher Eigentümer von Hypo Alpe von den vorrangigen Gläubigern Verbindlichkeiten in Höhe von 12 Mrd. Euro zu 90 % des Nennwerts kauften.Zusätzlich erhielten die Gläubiger Rechte auf einen Optionsschein. Der sogenannten Contingent Additional Purchase Price (CAPP) sollte erst dann wirksam werden, wenn die Aktiva-Verkäufe der Bad Bank genügend eingebracht haben, um die österreichische Regierung zu entschädigen und die Abwicklungskosten der Bank zu decken. Der Optionsschein sollte sicherstellen, dass alle über diese Kosten hinausgehenden Gelder an die Anleihegläubiger gehen, zu denen die Commerzbank, Dexia Kommunalbank Deutschland sowie verschiedene Finanzinvestoren zählten.Zunächst rechnete kaum jemand damit, dass das Instrument etwas wert sein könnte. Die zum Verkauf stehenden Vermögenswerte reichten von einem beschlagnahmten 5er BMW bis zu einer heruntergekommenen Holiday-Inn-Anlage in Sarajewo. Da schien es unwahrscheinlich, dass die Verkaufserfolge reichen würden, um die für den Optionsschein erforderliche Schwelle von 79 Cent pro 1 Euro Schulden zu knacken. 2016 prognostizierte die österreichische Aufsichtsbehörde FMA, dass die Verwertungsquote lediglich bei 46 % liegen werde. Investition verachtfachtDoch die Aufseher hatten ihre Rechnung ohne die kroatische Konjunkturerholung gemacht. Im Laufe des Jahres 2017 begannen Hedgefonds und Banker, ihre Fühler zu den vorrangigen Anleihegläubigern auszustrecken. “Sobald sich die Dinge zu verbessern begannen und klarer wurden, wandte ich mich an einen Broker, um zu sehen, ob es jemanden gab, der verkaufen wollte”, sagte Portfoliomanager Nakad.Nach Angaben eines Brokers bei einer großen Investmentbank bezahlte einer der ersten Käufer rund 260 000 Euro für Optionsscheine, die an einen Nominalwert von Verbindlichkeiten in Höhe von rund 100 Mill. Euro gekoppelt waren. Bis April 2018, als die Heta selbst zum ersten Mal signalisierte, dass die Instrumente sich im Geld befinden könnten, stieg der Preis auf 1%, oder 1 Mill. Euro für 100 Mill. Euro des Nominalwerts. Der erste Käufer verkaufte die Papiere nach Angaben des Brokers einige Monate später für etwas weniger als 2 Mill. Euro weiter – und hatte damit seine Investition fast verachtfacht. Das ist noch nicht das Ende der Geschichte: Einige Broker sagen, dass die Auszahlung 10 % oder rund 1,2 Mrd. Euro erreichen könnte – auf diesem Niveau ist die Obergrenze festgelegt.Nach Berechnungen der FMA steuern die Optionsscheine auf eine Zahlung von mindestens 6,5 % des Nominalbetrags zu. Heta selbst rechnete im Dezember mit mindestens 6,9 %. Seit Jahresbeginn ist der Preis nach Angaben von Marktbeobachtern auf mehr als 7 % gestiegen. Die größte Unsicherheit ist der Zeitpunkt der Auszahlung. Das Geld fließt erst, wenn Heta mit allen Sparten vollständig liquidiert ist. Der Liquidationsprozess kann 2023 beginnen und danach noch einige Jahre dauern.