Augsburger Aktienbank

Eine Direktbank macht dicht

Fast 60 Jahre nach ihrem Start steht die Augsburger Aktienbank vor dem Aus. Die Direktbank macht bis Ende 2022 dicht.

Eine Direktbank macht dicht

Von Stefan Kroneck, München

In einem Jahr ist es so weit. Ende 2022 schließt die Augsburger Aktienbank 60 Jahre nach ihrer Gründung ihre Pforten. Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Kreditinstitut in Deutschland ihren Geschäftsbetrieb von sich aus einstellt. Zumal dann, wenn es sich wie im Fall der Adresse aus Bayrisch-Schwaben um eine Direktbank handelt, die in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung von Arbeitsprozessen und Geschäftsaktivitäten eigentlich kraft ihres Ge­schäftsmodells eine gute Basis haben müsste, sich im Wettbewerb zu behaupten. Doch das ist bei der Augsburger Aktienbank offensichtlich nicht so. Das noch rund 90000 On­line-Kunden – zumeist in Besitz von Giro- und Tagesgeldkonten – zählende Institut macht dicht.

Auf Nachfrage der Börsen-Zeitung sagte ein Unternehmenssprecher, man werde die „Kunden dabei unterstützen, zu einem anderen Anbieter zu wechseln“. Das werde „voraussichtlich im ersten Halbjahr 2022 weitestgehend umgesetzt“. Er sprach von unterschiedlichen Alternativen in Abhängigkeit von der Art der Bankprodukte. „In letzter Konsequenz“ werde die Bank von sich aus die Kontoverbindung „fristgerecht“ kündigen. Das Neugeschäft sei bereits vollständig eingestellt worden, laufzeitabhängige Produkte würden nicht verlängert. „Zu den Details der geplanten Abwicklung befinden wir uns in einem engen Austausch mit weiteren Stakeholdern unseres Instituts – Mitarbeiter, Vertragspartner, Verbände etc. – und selbstverständlich in einem inten­siven Dialog mit den Aufsichts­behörden.“

Nach letztem Stand zählt die Augsburger Aktienbank noch rund 130 Mitarbeiter. Zu Hochzeiten des Instituts waren es rund 500. Die verbliebenen Beschäftigen verlieren ihre Arbeitsplätze. In der zweiten Hälfte 2022 drohen ihnen betriebsbedingte Kündigungen.

Die Augsburger Aktienbank gehört seit fast 20 Jahren vollständig zum Erstversicherer LVM mit Sitz in Münster. Die Kombination von Versicherungs- und Bankgeschäften unter einem Dach – Stichwort Bankassurance – erwies sich aus Sicht der Eigentümerin wohl als nicht lukrativ genug, um im Zinstief mit der Tochtergesellschaft aus dem Freistaat über die Runden zu kommen. Nach dem gescheiterten Versuch, die Banktochter komplett zu veräußern, entschied sich die Führung von LVM, die Augsburger Aktienbank nach dem Verkauf von Teilbereichen einzustellen.

Das Institut war keine Ertragsperle. Aus dem im September im Elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Geschäftsbericht für 2020 geht hervor, dass die Bank in diesem Berichtszeitraum nach Steuern den Break-even erreichte. Ein Jahr zuvor hatte das Institut 4,1 Mill. Euro Miese gemacht. Zur Verbesserung der Lage trug ein gesteigertes Provisionsergebnis aus dem Wertpapier- und Depotgeschäft bei. Der Boom an den Aktienmärkten half.

Ebase greift zu

Die LVM zog aber die Reißleine. Mit Verweis auf die Kosten der wachsenden Regulierung teilte die Augsburger Aktienbank im Juli 2020 mit, sich aus dem Wertpapiergeschäft zurückzuziehen und diesen Bereich an die European Bank for Financial Services (Ebase) abzutreten.

Ebase mit Sitz in Aschheim bei München ist eine ehemalige Tochter des Online-Brokers Comdirect, die mittlerweile unter dem Dach der Londoner FNZ-Gruppe operiert (vgl. BZ vom 2.7.2020). Die Transaktion wurde im Herbst vollzogen. Die Bayerisch-Schwaben gaben 180000 Depots mit einem Volumen von etwa 17 Mrd. Euro ab.

Das Institut machte nach eigenen Angaben eine wechselvolle Ge­schichte durch. Unter dem Namen Absatz-Kreditbank, später UTB Kreditbank, hatte die Gesellschaft im Ja­nuar 1963 als erste filiallose Direktbank in Deutschland ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen. 1986 folgte die Umfirmierung in Augsburger Aktienbank.

Zwischenzeitlich war die Allianz Eigentümerin. Im Zuge der Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz zog sich der Erstversicherungsriese aus Augsburg zurück. 2002 erwarb die LVM das Bankhaus. Das Management verfolgte zunächst einen Expansionskurs. Unter der Regie des neuen Mutterkonzerns schluckte die Augsburger Aktienbank 2015 die Netbank. Die heutige Restbank besteht zum großen Teil aus den Aktivitäten dieses Zukaufs. Offensichtlich fand sich kein Wettbewerber, der sich für den übrig gebliebenen Geschäftsbereich ernsthaft interessierte.