Im GesprächJan-Philipp Schmitz und Florian Kluge

„Einige Assetmanager werden kein Geld mehr bekommen“

Jan-Philipp Schmitz und Florian Kluge vom Assetmanager Ardian über die Stimmung und das Verhalten von Investoren in alternativen Anlageklassen. Für Fondsmanager wird das Geschäft deutlich komplizierter.

„Einige Assetmanager werden kein Geld mehr bekommen“

Im Gespräch: Jan Philipp Schmitz und Florian Kluge

Einige Assetmanager werden kein Geld bekommen

Der Deutschlandchef und der europäische IR-Chef des Vermögensverwalters Ardian berichten über die Investorenstimmung in alternativen Anlageklassen

Von Philipp Habdank, Frankfurt

In der jahrelangen Nullzinsphase haben Investoren mit alternativen Anlageklassen gute Erfahrungen gemacht: Investments in Private Equity, Private Debt, Real Estate oder Infrastruktur haben auskömmliche bis hohe Renditen gebracht – bei rückblickend überschaubaren Risiken. Die nun eingeleitete Zinswende macht das Geschäft für Finanzinvestoren wie Ardian wieder deutlich komplizierter.

Den alternativen Anlageklassen droht dieses Jahr ein ähnliches Schicksal wie dem FC Bayern München: ein Jahr ohne Titel und Rekorde. Dieses Gefühl kannte in den vergangenen zehn Jahren weder der deutsche Fußballrekordmeister, noch die erfolgsverwöhnten Manager von Private-Equity-, Private-Debt-, Real-Estate- oder Infrastrukturfonds. Beflügelt durch das jahrelange Niedrigzinsumfeld sind die Assets under Management in den alternativen Anlageklassen dem Datenanbieter Preqin zufolge seit 2010 Jahr für Jahr gestiegen und gipfelten im März 2022 bei über 10 Bill. Dollar.

Dann kam die Ukraine-Krise, gefolgt von der Energiekrise samt hoher Inflation und der eingeleiteten Zinswende durch die Notenbanken. „Im November und Dezember 2022 hatte die Investorenstimmung ihren Tiefpunkt erreicht“, berichtet Florian Kluge, der als Co-Head für die europäische Investor-Relations-Arbeit des Finanzinvestor Ardian verantwortlich ist.

Investoren wägen ab

Zum Jahresstart habe sich die pessimistische Stimmung laut Kluge wieder aufgehellt und der Realität angepasst. Der Investor-Relations-Manager hat das Gefühl, dass Investoren reifer geworden sind und in unsicheren Zeiten Portfolio-Anpassungen besonnener vornehmen als vor zehn Jahren. „Es war abzusehen, dass die Hochstimmung der vergangenen Jahre irgendwann enden wird“, so Kluge. Zudem hätten Investoren gute Erfahrungen mit der Anlageklasse gemacht und viel Expertise aufgebaut, die sie nicht von heute auf morgen aufgeben würden.

Dennoch wird das Fundraising für alternative Assetmanager komplizierter. Laut Kluge wägen Investoren im aktuellen Umfeld sehr kritisch ab, welchen Managern sie ihr Geld anvertrauen. „Wir beobachten eine Flucht zur Qualität“, sagt Kluge. Diese wird für gewöhnlich größeren Fonds mit langjähriger Erfolgsbilanz zugesprochen. Dem Investor-Relations-Manager zufolge wollen Investoren ihre Managerbeziehungen derzeit eher konsolidieren als diversifizieren. „Das bedeutet, dass einige Assetmanager kein Geld mehr bekommen werden“, sagt Kluge.

Einige Assetmanager werden kein Geld mehr bekommen.

Florian Kluge, Ardian

Hinzu kommt, dass die alternativen Anlageklassen im Fundraising wieder mehr Konkurrenz außerhalb des eigenen Lagers bekommen. „Durch das höhere Zinsniveau hat der Ansturm der Investoren auf alternative Anlageklassen etwas nachgelassen“, sagt Jan Philipp Schmitz, der das deutsche und asiatische Geschäft von Ardian leitet und zudem im Executive Committee des Vermögensverwalters sitzt. Auch an den liquiden Märkten könnten Investoren inzwischen wieder 5% Rendite erwirtschaften.

Druck auf Real Estate wächst

Innerhalb der alternativen Anlageklassen wirkt sich ein höheres Zinsniveau unterschiedlich aus. Während Schmitz in Gesprächen mit großen Kapitalsammelstellen gerade „viel Interesse an Private-Debt-Produkten“ sieht, seien steigende Zinsen für Manager von Immobilienfonds „natürlich eine Herausforderung“. Manager, die ihre Hausaufgaben gemacht und langfristige Finanzierungen aufgesetzt hätten, sollten jedoch gut durch die Krise kommen. Aber: „Eine Immobilie mit 50% Fremdkapital zu kaufen, ein paar Jahre zu halten und teuer weiterzuverkaufen, funktioniert nicht mehr“, sagt Schmitz.

Die höhere Komplexität in der Wertsteigerung erschwert Managern auch das Fundraising im Real-Estate-Bereich. „Die Volumina, die noch 2021 eingesammelt wurden, wurden 2022 nicht erreicht und werden das auch 2023 nicht“, sagt Schmitz. Die Immobilien-Renditen seien vielleicht nicht mehr so hoch wie noch in den Boom-Jahren 2018 bis 2021, aber sie seien schon noch auskömmlich.

Private Debt bekommt gerade wieder mehr Wettbewerb durch die liquiden Märkte.

Florian Kluge, Ardian

Private Equity setzen steigende Zinsen tendenziell eher zu, da sich höhere Zinsen negativ auf den Unternehmenswert auswirken. Da Private-Equity-Übernahmen in der Regel zu einem hohen Grad fremdfinanziert sind, drücken höhere Finanzierungskosten auf die Rendite. Nach einem historischen Rekordjahr 2021 kühlte sich das Transaktionsvolumen im vergangenen Jahr merklich ab. Das spürt auch die Anlageklasse Private Debt, die es sich im Schatten von Private Equity gemütlich gemacht hat und weitgehend als Erfüllungsgehilfe dient, um die Übernahmen der Finanzinvestoren zu finanzieren. Geht es dem Leveraged-Finance-Markt gut, geht es Debt Funds gut – und umgekehrt.

„Private Debt bekommt gerade wieder mehr Wettbewerb durch die liquiden Märkte“, sagt Kluge. Mutige Investoren würden sich gerade stärker nach Distressed-Investmentmöglichkeiten umsehen. „Aber klassisches erstrangig besichertes Direct Lending wird im Fundraising mehr Wettbewerb bekommen“, ist sich der Investor-Relations-Manager sicher. Für Schmitz ist im Direct Lending ein gutes Risikomanagement noch wichtiger als im Private-Equity-Geschäft. „Kreditausfälle dürfen nicht vorkommen“, so Schmitz.

Zur Not müsse ein Debt Fund auch ins Eigenkapital gehen und die Kontrolle über das Portfoliounternehmen übernehmen, um eine Wertaufholung des Kredits zu sichern. Aufgrund des aktuellen Marktumfelds sei der Dealflow zurückgegangen. Da sich einige Akteure aus dem Markt zurückgezogen hätten, könne es sich Ardian jedoch erlauben, bei der Kreditvergabe sehr selektiv vorzugehen. Dem Beratungsunternehmen Deloitte zufolge ist die Anzahl der Debt Funds im vierten Quartal 2022 erstmalig gesunken.

Der Bereich Infrastruktur ist in der Summe seiner Eigenschaften die stabilste aller alternativer Anlageklassen.

Jan Philipp Schmitz, Ardian

„Der Bereich Infrastruktur ist in der Summe seiner Eigenschaften die stabilste aller alternativer Anlageklassen“, sagt Schmitz. In den meisten Infrastrukturbeteiligungen habe Ardian einen Inflationsschutz eingebaut. Zudem erhalte man laufende Ausschüttungen in Höhe von 5 bis 8%. „Die Nachfrage nach privatem Infrastruktur-Kapital ist enorm“, sagt Schmitz. Das gelte vor allem für die Bereiche Transport und Energiewende. Ardian selbst halte Beteiligungen an Mautstraßen in Europa, dem Mailänder Flughafen, Funktürmen und Glasfasernetzen und am viertgrößten deutschen Versorger EWE. Bei deutschen Investoren sei Infrastruktur Kluge zufolge aufgrund der hohen Resilienz, des Inflationsschutzes und der vorhersehbaren Cashflows gerade die meistnachgefragte Anlageklasse.

Reiferer Sekundärmarkt

Im Infrastrukturbereich gibt es laut Schmitz weniger Anbieter als bei Private Equity oder Real Estate. „Im Fundraising haben wir dadurch deutlich weniger Wettbewerb“, so der Ardian-Manager. Wie aus Marktkreisen zu vernehmen ist, befindet sich Ardian derzeit auch im Fundraising für einen der größten Infrastrukturfonds Europas. Der aktuelle Fonds ist 6 Mrd. Euro schwer. Dem Vernehmen nach soll der neue bis zu 10 Mrd. Euro groß werden. Ardian wollte dies nicht kommentieren.

Sowohl Schmitz als auch Kluge sind der Ansicht, dass die alternativen Anlageklassen reifer geworden sind. Dies lasse sich unter anderem an der Entwicklung des Sekundärmarkts erkennen, über den Investoren Anteile an Fonds vor Laufzeitende verkaufen können. „2021 war für den Sekundärmarkt ein Rekordjahr, das 2022 nur knapp verfehlt wurde“, sagt Schmitz. Als dieser vor 18 Jahren bei Ardian – damals noch Axa Private Equity – angefangen habe, seien lediglich 0,5% der institutionellen Gelder am Sekundärmarkt gehandelt worden. Heute seien es bereits 1,7% – immerhin ein Markt, der weiterhin von neuen Rekorden in diesem Jahr träumen kann.

Jan Philipp Schmitz (links) ist Head of Germany and Asia und Mitglied im Executive Committe des französischen Vermögensverwalters Ardian. Florian Kluge (rechts) ist Co-Head Investor Relations Europe.