PRIVATISIERUNG DER HSH NORDBANK

Einmal Größenwahn und zurück

Aufstieg und Fall der HSH Nordbank - Eine Chronik

Einmal Größenwahn und zurück

Februar 2003: Die Landesregierungen Hamburgs und Schleswig-Holsteins unterzeichnen einen Staatsvertrag zur Fusion der Landesbank Kiel und der Hamburgischen Landesbank, der nach Zustimmung durch die Länderparlamente rückwirkend zum 1. Juni 2003 in Kraft tritt. Das neue Institut heißt HSH Nordbank.November 2003: Die neue Landesbank will nach Worten ihres Vorstandsvorsitzenden Alexander Stuhlmann in den kommenden drei Jahren ihre Eigenkapitalrendite auf “über 15 %” verbessern, um nach dem Wegfall der Staatsgarantien das angepeilte “A+”-Rating zu erhalten.April 2004: Das Institut plant eine Plattform für die Verbriefung von Schiffsportfolios und schätzt das jährliche Emissionsvolumen auf 500 Mill. bis 1,5 Mrd. Euro.April 2005: Mit einem Portfolio von 24 Mrd. Euro ist die HSH Nordbank der größte deutsche Player in der Schiffsfinanzierung.November 2007: Die HSH Nordbank meldet ein Rekordergebnis für die ersten neun Monate des Jahres, räumt aber erstmals Belastungen aus der US-Immobilienkrise ein.Februar 2008: Die Bank verklagt UBS wegen eines Investments von 500 Mill. Dollar auf dem US-Immobilienmarkt.März 2008: Die Bank erklärt, sie sei in der Finanzkrise bislang mit einem blauen Auge davongekommen. Bankchef Hans Berger beziffert die Wertberichtigungen auf 1,1 Mrd. Euro. Der geplante Börsengang wird daraufhin vorläufig abgesagt.April 2008: Die HSH Nordbank meldet weitere Belastungen durch die Krise von 180 Mill. Euro für das erste Quartal. Dennoch bleibe das Quartalsergebnis positiv, heißt es.Mai 2008: Die Anteilseigner stellen 2 Mrd. Euro frisches Kapital zur Verfügung.September 2008: Die Zeitung “Schleswig-Holstein am Sonntag” meldet, die Bank wolle 700 Arbeitsplätze streichen. Ein Sprecher weist den Bericht als “zur Gänze falsch” zurück. Zwei Tage später kündigt die Bank den Abbau von 750 Arbeitsplätzen bis 2010 an.Die Abschreibungen der Bank für das erste Halbjahr belaufen sich auf 511 Mill. Euro, der Konzernüberschuss schmilzt auf 129 Mill. Euro. Wenige Tage später zieht die Bank ihre Gewinnprognose zurück. Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers bestätigt die Bank weitere Abschreibungen über 500 Mill. Euro. Damit steigen die gesamten Lasten auf mehr als 2,3 Mrd. Euro.November 2008: Die HSH Nordbank beantragt Staatsbürgschaften von bis zu 30 Mrd. Euro.Juni 2009: Das Kapital der Bank wird um 3 Mrd. Euro erhöht, zudem wird dem Institut eine 10 Mrd. Euro schwere Zweitverlustgarantie gegeben.Ab März 2011: Die Bank führt die Garantie schrittweise von 10 Mrd. Euro auf 7 Mrd. Euro zurück.September 2011: Die EU gibt im Beihilfeverfahren zu den Maßnahmen des Jahres 2009 ihr Plazet.Mai 2013: Auf Bitten der HSH Nordbank stocken die Länder ihre Garantie wieder auf 10 Mrd. Euro auf.Juli 2013: Gegen sechs frühere Topmanager der HSH Nordbank, darunter der ehemalige Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher, startet ein Prozess wegen Untreue und Bilanzfälschung. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht die Transaktion “Omega 55”, welche die Bank vor ihrem für 2008 geplanten Börsengang bilanziell besser aussehen lassen sollte.Juli 2014: Im Strafverfahren spricht das Hamburger Landgericht die Angeklagten vom Vorwurf der Untreue in einem besonders schweren Fall frei.Mai 2016: Das EU-Beihilfeverfahren zur Wiedererhöhung der Garantie wird formell abgeschlossen. Ergebnis: Die HSH Nordbank muss bis Ende Februar 2018 verkauft oder abgewickelt werden.Oktober 2016: Der Untreue-Prozess gegen sechs ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank muss neu aufgerollt werden. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hebt die Freisprüche von 2014 auf.Januar 2017: Das Verfahren zum Verkauf der HSH Nordbank beginnt. 35 Marktteilnehmer bekunden Interesse.Ende Juni 2017: Fünf Bieter werden bis 27. Oktober in die nächste Verkaufsphase eingeladen. Sie haben dabei Zugang zu weitergehenden Informationen zur Bank sowie Gelegenheit zu Treffen mit EZB, BaFin und Bundesbank, um ihr Konzept vorzustellen.15. Januar 2018: Die Ländereigner Hamburg und Schleswig-Holstein verhandeln nur mehr exklusiv mit einem Konsortium aus den Finanzinvestoren Cerberus und J.C. Flowers über den Verkauf der HSH Nordbank.28. Februar 2018: Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein einigen sich mit einem Konsortium um die US-Finanzinvestoren Cerberus und J.C. Flowers darauf, ihre Mehrheitsanteile an der HSH Nordbank für 1 Mrd. Euro zu verkaufen. Die Steuerzahler bleiben auf einem Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe sitzen.26. April: Der schleswig-holsteinische Landtag stimmt der Transaktion zu.13. Juni: Die Hamburgische Bürgerschaft gibt ihr Plazet.Mai 2018: Der Verkauf der HSH Nordbank an das Konsortium um die beiden US-Finanzinvestoren droht zu wackeln: Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) macht hinsichtlich des Übergangs des Instituts von der öffentlich-rechtlichen Institutssicherung in die Einlagensicherung der privaten Banken “noch eine Reihe von Stolpersteinen” aus. Ohne Depositenschutz droht der Bank ein Einleger-Run.Juli 2018: Die Politik interveniert im Streit um den Übergang der Einlagensicherung. Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein bitten alle am Verfahren Beteiligten zu Gesprächen nach Hamburg.5. November: Der BdB-Vorstand genehmigt den Übergang der HSH Nordbank in die Einlagensicherung der privaten Banken. Die Käufer und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband müssen indes Sicherheiten stellen.20. November: HSH-Chef Stefan Ermisch erklärt, die Transformation des 2018 auf einen Verlust zusteuernden und künftig unter Hamburg Commercial Bank (HCOB) firmierenden Instituts zu einer nachhaltig profitablen Bank werde “ein immenser Kraftakt”.21. November: Die EZB stimmt dem Verkauf der HSH Nordbank an das Konsortium zu.26. November: Die EU-Wettbewerbsbehörde genehmigt den Verkauf der HSH Nordbank an die Investorengruppe um Cerberus und J.C. Flowers.28. November: Die erste Privatisierung einer deutschen Landesbank ist perfekt.bn