Einsamer Fondsriese im Sparkassenland

Durch eine Deka-Helaba-Fusion entstünde ein noch gewichtigerer Assetmanager - Wirtschaftlich sinnvoll, aber politisch heikel

Einsamer Fondsriese im Sparkassenland

Ein zentrales Wertpapiergeschäft in einer Finanzgruppe haben die Kreditgenossenschaften schon erreicht – in der Sparkassenfamilie bringt nun die angestrebte Zusammenarbeit zwischen DekaBank und Helaba dieses Ziel näher. Eine Fusion brächte einen neuen Fondsriesen hervor. Größte Unbekannte ist die Politik.Von Jan Schrader, FrankfurtEine hohe Konzentration hat das Fondsgeschäft der Sparkassen schon heute: Die Landesbanken haben sich 2011 als Eigner der DekaBank zurückgezogen, und das Institut steuert heute das Fondsgeschäft mit privaten Anlegern in der öffentlich-rechtlichen Gruppe nahezu allein. Doch das Assetmanagement für institutionelle Investoren wird hingegen nicht nur von ihr, sondern gerade auch von den Landesbanken gesteuert. Eine Fusion aus Helaba und DekaBank würde damit Schluss machen und auch das Geschäft mit Spezialfonds überwiegend in eine Hand legen. Mit der seit Dienstag offiziell ins Auge gefassten Zusammenarbeit zwischen Helaba und DekaBank zeichnet sich eine Fusion des Fondsgeschäfts ab, die das Sparkassenlager verändern würde.Insgesamt käme ein fusioniertes Haus auf Grundlage von Angaben zur Jahresmitte auf ein verwaltetes Fondsvolumen von 420 Mrd. Euro, wovon die Deka den größeren Teil von 275 Mrd. Euro ohne Zertifikate beisteuern würde und die Helaba Invest rund 145 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Die BayernLB-Tochter Bayerninvest bringt es auf knapp 81 Mrd. Euro per Ende 2018, das Assetmanagement der LBBW kommt Ende September auf ebenfalls 81 Mrd. Euro. Während in der Finanzgruppe der Genossenschaftsbanken Union Investment das Fondsgeschäft nahezu allein managt, entstünde nun im Sparkassenlager mit einer “Dekalaba” ein Fondsriese, der sich vom Assetmanagement der Landesbanken deutlich abheben würde. Helaba Invest ergänzt das Bild Die Stärke der Helaba Invest ist die Begleitung von Investoren in das Assetmanagement. Beratung bei der Auswahl anderer Fondsadressen zählt ebenso dazu wie eine gebündelte Berichterstattung zu den verwalteten Vermögen, ein übergeordnetes Risikomanagement (Overlay Management) und natürlich das Assetmanagement selbst, wo die Helaba-Tochter in der Frankfurter Junghofstraße nahe der Zentrale der Konzernmutter Helaba etwa eine strategische und taktische Verteilung der Mittel anbietet sowie verschiedene andere Anlagestrategien. Die Gesellschaft betont ihre Wurzeln im Assetmanagement und zählt diverse Kernkompetenzen auf, seien es Credit- und Multi-Asset-Strategien, das Risikomanagement sowie Expertise mit Immobilien und Infrastruktur.Interessant ist dabei auch das Geschäft der “Master”-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die Helaba Invest zählt zu den größeren Häusern, die Vermögen von Investoren im Spezialfondsmantel bündeln und die Verwaltung der Mittel auf andere Fondsgesellschaften verteilen. Das Geschäft ist margenarm und wird von wenigen großen Spielern dominiert. In den zurückliegenden Jahren hatte die Gesellschaft auch schon mal nach Worten ihres Firmenchefs Uwe Trautmann auf Neugeschäft verzichtet, weil sich nicht jedes Geschäft gelohnt hätte. Um den Anschluss an die größten Gesellschaften nicht zu verlieren, erscheint ein Zusammenschluss mit dem Segment der DekaBank sinnvoll. Denn Allianz Global Investors, Universal-Investment und HSBC Inka sind hier schon weit vorangeschritten. Pferdefuß: Da manche Investoren die Bündelung der Mittel und die eigentliche Verwaltung trennen, wäre ein Absprung einiger Investoren im Falle eines Zusammenschlusses denkbar. Gut verwahrt Mehr Gewicht in einem margenarmen Geschäft wäre aber auch in der Wertpapierverwahrung der Fall: Auch hier leben Anbieter von Margen im unteren einstelligen Basispunktbereich, also in der Sphäre der Zehntausendstel eines Fondsvermögens. Und auch hier zählt Größe: Gerade BNP Paribas hat ihre Position in den vergangenen Jahren ausgebaut. Das Verwahrstellengeschäft, das im Konzern der Helaba und nicht bei Helaba Invest angesiedelt ist, käme nach einem Zusammenschluss mit dem Segment der Deka auf ein Gewicht annähernd auf einer Höhe zum Rivalen DZ Bank, der für die genossenschaftliche Gruppe Mittel betreut.Unangefochten die Nummer 1 wäre eine “Dekalaba” aber im Zertifikategeschäft mit privaten Kunden. Denn die Deka konzentriert sich nicht allein auf Fonds, sondern ist unter Führung ihres scheidenden Konzernchefs Michael Rüdiger 2013 in das Zertifikategeschäft eingestiegen. Mit geschäftlichem Erfolg: Seit Jahresbeginn ist das Sparkassenhaus in dem Segment bereits an der Spitze, die DZ Bank ist heute schon deutlich abgehängt worden. Die Helaba hat das Zertifikategeschäft von der gescheiterten WestLB geerbt, ehe sie es zunächst stutzte und dann wieder hochfuhr.Aus betriebswirtschaftlicher Sicht erscheint der Zusammenschluss attraktiv: Die ein oder andere Einsparung wäre bei einem Zusammenschluss vermutlich möglich, und mit ihrem Ziel, die jährlichen Kosten von 1,04 Mrd. Euro im Jahr 2018 wieder unter die Milliardenschwelle zu drücken, hat die DekaBank bereits ihren Willen zum Kürzen bekräftigt. Ein breites Produktangebot käme noch hinzu, und auch das Thema Auslandsexpansion käme womöglich auf den Tisch. Bisher sind die öffentlich-rechtlichen Assetmanager im Ausland nahezu unbedeutend – ein neues zentrales Sparkassenhaus hätte wohl eher die Mittel dazu. Ohne Stuttgart und MünchenWeniger unternehmerische, sondern politische Vorbehalte im Sparkassenlager dürften daher die höchste Hürde darstellen. Die Interessen im heterogenen Eignerkreis sind schwer miteinander in Einklang zu bringen, etliche Fragen wie der Verbleib der Frankfurter Sparkasse, die derzeit zur Helaba zählt, Stärke, Rolle und Kompetenzen eines Zentralinstituts, der Umgang mit den Ländern und viele andere Fragen sind unbeantwortet. Eine rasche Entscheidung wie zuletzt zwischen Commerzbank und Deutscher Bank, die nach wenigen Wochen ihre Fusionsverhandlungen beendet haben, wäre für eine “Dekalaba” kaum denkbar. Es hat einen Grund, dass nach jüngster offizieller Lesart des Sparkassenverbands DSGV keine “Fusion” zwischen Helaba und DekaBank angestrebt wird, sondern eine “Prüfung einer engeren Zusammenarbeit”. Je heikler ein Projekt, desto genauer werden Worte gewogen.Ein neues Zentralinstitut mitsamt starkem Assetmanagement dürfte nicht zuletzt in München und erst recht in Stuttgart auf Skepsis stoßen. Zu einer fortbestehenden Selbständigkeit von BayernLB und LBBW gehört vermutlich auch ein eigenes Fondsgeschäft, das Provisionserträge generiert und somit ein Gegengewicht zum Zinsüberschuss der Landesbanken darstellt. Aktives Fondsmanagement bietet auch mittleren Häusern eine Existenz, sofern sie sich spezialisieren. Für die öffentlich-rechtliche Gruppe hätte ein Fortbestehen mehrerer Assetmanager den Vorteil, dass Investoren eine Auswahl bliebe.Ihr Assetmanagement schlagen Landesbanken bisher erst dann los, wenn sie sich in Not befinden oder zusammengestutzt werden. Die LBB-Invest, ehemalige Tochter der um wesentliche Geschäftsfelder beraubten Landesbank Berlin, ist bereits in der DekaBank aufgegangen. Das Assetmanagement der gescheiterten WestLB ist über Umwege an die heutige Oddo BHF übergegangen, also an ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Ein ähnliches Schicksal hat auch das Assetmanagement der Nord/LB hinter sich, das mittlerweile zur Privatbank Warburg gehört. Ein Zusammengehen von DekaBank und Helaba wäre somit außergewöhnlich. Zwei gesunde Akteure würden aus betriebswirtschaftlicher Sinnhaftigkeit, aber ohne akute Not zusammengehen.Dass die Chancen von Fusions- und Umbauvorhaben kaum kalkulierbar sind, hat auch die DekaBank in ihrer langen Geschichte erlebt. 1999 ging das Institut aus der Fondsgesellschaft Deka und der DGZ Bank erfolgreich hervor. Die Pläne, mit der DGZ Bank ein Spitzeninstitut für die Sparkassen zu schaffen, waren 1989 jedoch gescheitert.