"Es wird weiterhin investiert"
Der Freistaat Bayern hat die LfA im Jahr 1951 gegründet, um den Neustart des Bundeslandes nach dem Zweiten Weltkrieg zu fördern. Heutzutage geht es nicht mehr um Wiederaufbau, aber um Umbau: Die Förderung von Innovationen ist unter dem Vorstandsvorsitzenden Otto Beierl ein wichtiges Thema für die rund 330 Beschäftigten. Herr Dr. Beierl, dämpft die nachlassende Konjunktur das Geschäft der LfA Förderbank Bayern?Die Konjunktur-Experten sind pessimistischer unterwegs, als sich die tatsächliche wirtschaftliche Lage in unserem Fördergeschäft widerspiegelt. Im Jahr 2018 hatten wir mit 2,8 Mrd. Euro die höchste Nachfrage nach Förderkrediten unserer Geschichte. Per Ende August sieht es so aus, als würde die Förderhöhe nicht wesentlich schlechter ausfallen. Unserer Planung zufolge landen wir Ende Dezember bei etwa 2,5 Mrd. Euro Kreditvolumen. Diese Zahl liegt über dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Dies heißt: Es wird weiterhin investiert, und der Unternehmer investiert nur dann, wenn er seine Geschäftsaussichten positiv einschätzt. Gibt es irgendwo trotzdem Bremsspuren?In manchen Branchen haben wir eine sehr gute Konjunktur, beispielsweise im Bau und im Handwerk und bei vielen kleineren mittelständischen Betrieben. Schwieriger wird es bei den größeren Mittelständlern und Industrieunternehmen, die viel exportieren und daher von den weltweiten Herausforderungen stärker betroffen sind. Je höher die internationale Ausrichtung ist, desto schwieriger ist es für diese Unternehmen, ihre wirtschaftliche Entwicklung richtig einzuschätzen und zu steuern. Ist die Rezession-Diskussion also im Fall von Bayern übertrieben?Ich bin kein Konjunktur-Prophet. Unsere Förderzahlen normalisieren sich, zeigen aber keinen Einbruch. Mehr noch: Die Firmen investieren vor allem in Zukunftsthemen, nämlich in Energieeffizienzmaßnahmen und Innovation. In schlechteren konjunkturellen Zeiten dagegen wären eher die Darlehen gefragt, die stabilisierend wirken, wie beispielsweise Betriebsmittelkredite. Dies lässt den Schluss zu, dass sich die konjunkturelle Lage zwar abgeschwächt hat, sich aber noch in einer zufriedenstellenden Verfassung befindet. Der Ifo-Index ist jedoch stark gesunken, wie erklärt sich der Widerspruch?In allen konjunkturellen Phasen gilt: Wer stehen bleibt, der fällt zurück. Die Unternehmen treiben weiterhin die technologischen Veränderungen. Selbst wenn Firmen die Geschäftsaussichten negativer einschätzen, bleiben die Investitionen in die technologische Entwicklung hoch, weil der internationale Wettbewerb um die besten Produkte so stark ist. Zudem werden die Geschäftsaussichten beim Mittelstand, den wir fördern, unserer Wahrnehmung nach gar nicht so negativ eingeschätzt. Auf welche Firmen konzentrieren Sie sich?Wir gleichen die Refinanzierungsnachteile aus, die die kleinen und mittleren Unternehmen haben, weil sie sich nicht wie ihre großen Konkurrenten am Kapitalmarkt Geld besorgen können, sondern auf Eigenmittel und Bankkredite angewiesen sind. Meist haben sie auch ein schlechteres Rating, weil die Unternehmensgröße im Ratingverfahren mit einfließt. Wir unterstützen den Mittelstand in Programmkrediten bis zu einer Umsatzgrenze von 50 Mill. Euro und weniger als 250 Beschäftigten oder bis zu einem Jahresumsatz von 500 Mill. Euro. Bei größeren Unternehmen treten wir auf Einladung von Geschäftsbanken auch als Konsortialpartner auf. Welche Produkte stehen dabei im Vordergrund?Im Energiebereich haben wir eine Produktoffensive gestartet. Unsere Tilgungszuschüsse helfen Unternehmen, in energiesparende Anlagen und Prozesse zu investieren. Viele Unternehmen erwarten, dass die Energiekosten perspektivisch steigen werden. Bei energiesparenden Betriebsgebäuden bieten wir mit einer Refinanzierung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau sehr attraktive Tilgungszuschüsse bis 18,5 % des Darlehensvolumens. Die Bundesregierung hat einen Klimapakt geschlossen, der Freistaat Bayern intensiviert sein Engagement gegen die Klimaerwärmung. Welche Rolle kann die LfA hierbei zusätzlich übernehmen?Durch Anreize versuchen wir, die Unternehmen noch stärker zum energieeffizienten Handeln zu bewegen. Ich glaube, dass so ein Anreizsystem wesentlich mehr bewirkt, als es Verbote tun. Jeder Unternehmer wird darüber hinaus unabhängig von seiner gesellschaftlichen Verantwortung, die er trägt, auch prüfen, wie sich eine Maßnahme betriebswirtschaftlich rechnet. Welche Schwerpunkte setzen Sie darüber hinaus?In den Feldern Innovation und Digitalisierung läuft ebenfalls eine Produktoffensive. Anfang August haben wir den Innovationskredit 4.0 auf den Markt gebracht, er ist gut angelaufen. Welche Kreditvolumina streben Sie grundsätzlich an?Wir sind nicht starr an Planzahlen orientiert, unsere Benchmark ist vielmehr die Erfüllung des Förderauftrags. Wir fördern dort, wo wir gebraucht werden, und dafür müssen wir durchgängig am Markt präsent sein. Wie ändert sich die Aufgabe der LfA, wenn die Wirtschaft einbricht?Mit unserem Produktportfolio sind wir für alle Situationen konjunktureller oder unternehmensspezifischer Art gerüstet. Wir können auch Unternehmen in Liquiditäts- und Rentabilitätsschwierigkeiten helfen, beispielsweise mit dem Akutkredit, einer Betriebsmittelfinanzierung oder einer Haftungsfreistellung. Momentan besteht aber dafür wie gesagt kaum Bedarf. Wie beurteilen Sie die jüngsten geldpolitischen Entscheidungen der EZB?Das Rutschen der Leitzinsen immer tiefer in den negativen Bereich ist aus deutscher Sicht nur schwer nachvollziehbar. Offenbar soll die Niedrigzinsphase auf Dauer angelegt sein. Es ist zu befürchten, dass sich negative Effekte wie etwa eine Bestrafung der Sparer und die Gefahr von Preisblasen einstellen. Wird die LfA perspektivisch auch Negativzinsen anbieten?Wir selbst refinanzieren uns am Kapitalmarkt durch unser “AAA”-Rating sehr günstig, also ähnlich negativ wie der Bund und der Freistaat Bayern auch. Diesen Zinsvorteil geben wir abzüglich unserer Kosten weiter an die Hausbanken, die abhängig von Bonität und Sicherheiten ihres Unternehmenskunden den Fördervorteil weitergeben. Wir haben keine Produkte, die beim Endkunden mit einem Negativzins angeboten werden. Damit beschäftigen wir uns auch deswegen nicht, weil wir nicht sehen, dass bei einer risikoorientierten Marge für die Hausbanken ein Produkt mit Negativzinsen für den Kreditnehmer möglich ist. Unsere Antwort auf die Negativzins-Thematik sind bislang Tilgungszuschüsse. Könnten diese Zuschüsse erhöht werden?Dies hängt von den weiteren Marktbedingungen ab. Der Tilgungszuschuss ist ein Förderinstrument, um in Zeiten extremer Niedrigzinsphasen wirtschaftspolitische Ziele banktechnisch umzusetzen. Dadurch, dass das Förderziel durch ein weiteres Absenken der Zinsen nicht mehr dargestellt werden kann, weil man sich dann in einen negativen Bereich begeben würde, kann es sein, dass wir hier nochmals Änderungen vornehmen. Welches ist die größte Herausforderung für die LfA Förderbank Bayern?Wir wollen ja nicht nur den Unternehmen den Weg in die Digitalisierung erleichtern, auch das Fördergeschäft der LfA muss weiter digitalisiert werden. Für die Hausbanken ist Schnelligkeit sehr wichtig und welche Bearbeitungskosten seitens der Hausbank damit verbunden sind. Wir erhöhen daher mit einfachen Produkten und optimierten Prozessen unsere Schlagkraft. Wir sind momentan bei drei bis vier Arbeitstagen. Im Frühjahr nächsten Jahres wollen wir mit einem voll automatisierten Zusageprozess bei einem ersten Produkt starten. Was muss dafür geleistet werden?Wir haben bereits auf eine webbasierte schnelle Kommunikation mit den Hausbanken umgestellt. Für die Automatisierung werden wir zudem die Produkte weiter so vereinfachen, dass sie automatisch bearbeitbar sind. Die Produkte müssen schlanker werden. Eine der großen Herausforderungen ist daher die IT. Dort schlägt das Herz der Bank. Wie sieht Ihr IT-Plan aus?Wir werden uns nicht abhängig machen von anderen. Wir wollen in den Kernbereichen unabhängig bleiben, um auf die Bedürfnisse des Marktes und die Anforderungen unserer Träger schnell und in hoher Qualität reagieren zu können. Daher halten wir die IT-Kompetenz im eigenen Haus und betreiben aktuell ein Insourcing von IT-Personal. Daran führt kein Weg vorbei. Ist dies nicht zu teuer?Die IT-Ausgaben steigen dadurch natürlich. Diese Investition zahlt sich aber aus, weil wir damit unseren Förderauftrag in einer digitalisierten Welt noch besser erfüllen können. Wir versuchen, die Produktionskosten trotz steigender IT-Ausgaben gleich zu halten und nach Möglichkeit sogar zu senken. Sind Fusionen unter Förderbanken denkbar?Wir gehen davon aus, eigenständig zu bleiben. Schließlich ist unser Auftrag, die regionale Wirtschaftspolitik des Landes mit banktechnischen Mitteln umzusetzen. Bayern ist größer als beispielsweise Österreich, sowohl vom Bruttoinlandsprodukt als auch von der Einwohnerzahl her. Dieser große und starke Wirtschaftsraum rechtfertigt eine eigenständige Förderbank. Wir pflegen aber selbstverständlich eine gute Kooperation mit den anderen Förderbanken auf verschiedensten Ebenen. Die Fintech-Plattform Funding Circle strebt eine direkte Kreditvergabe der KfW an. Ist es auch für die LfA denkbar, mit der Ausschaltung des Mittlers Hausbanken zu experimentieren?Das Hausbank-Prinzip ist für uns sakrosankt. Es bietet den Unternehmen, den Geschäftsbanken und der LfA viele Vorteile. Wir brauchen auf der Geschäftsbankenseite die fachliche Expertise und Bereitstellung der technischen Möglichkeiten, unsere Produkte an den Endkreditnehmer durchzuleiten. Dadurch haben wir weniger Aufwand in der LfA und können einen größeren Teil unseres Budgets in Form von Fördervorteilen an die Unternehmen weitergeben. Eine hohe Qualität des Kreditantrags ist übrigens auch Voraussetzung dafür, dass eine automatisierte Zusage möglich wird. Wie gehen Sie mit Vermittlungsplattformen um?Unsere Hausbanken entscheiden selbst, ob sie auf Plattformen gehen und ob sie dort Fördervorteile der LfA mit einbinden. Wir haben derzeit nicht im Fokus, uns selbst auf Plattformen als eigenständiges Produktangebot zu präsentieren. Wie sieht Ihre persönliche weitere Berufsplanung aus?Es ist eine schöne und erfüllende Aufgabe, auf der Förderseite dazu beizutragen, dass aus Start-Ups erfolgreiche Mittelständler werden, und die Entwicklung von Mittelständlern im Interesse des Wirtschaftsstandorts Bayern positiv zu beeinflussen. Sie macht mir sehr viel Spaß. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen mit sich, denen ich mich gerne stelle. Mein derzeitiger Vertrag läuft noch zwei Jahre. Das Interview führte Michael Flämig.