ESRB sieht Finanzstabilität gewahrt
fir Frankfurt
Hilfsmaßnahmen der Regierungen von gut 30 europäischen Staaten zur Abmilderung der Pandemie haben dem europäischen Systemrisikorat (ESRB) zufolge die Kreditvergabe der Banken und das Finanzsystem stabilisiert. Es verblieben aber Risiken, insbesondere durch mögliche negative Übertragungseffekte von der Real- auf die Finanzwirtschaft. Zu dieser Erkenntnis kommt das bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angedockte Gremium, dem Zentralbanker und Aufseher aus den EU-Staaten angehören, in einem am Dienstag veröffentlichen Bericht über die Effekte, die fiskalpolitische Aktivitäten zum Schutz der Realwirtschaft auf die Finanzstabilität haben. Auch wenn geldpolitische Maßnahmen nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen sind, hält der ESRB, dessen Aufgabe die makroprudenzielle Überwachung des Finanzsystems in der EU ist, der EZB-Geldpolitik zugute, begleitend zu den Staatsprogrammen und regulatorischen Erleichterungen eine wohltuende Wirkung auf das Finanzsystem zu haben.
Kreditklemme verhindert
Staatliche Kreditgarantien und Darlehen, direkte Unterstützungszahlungen, Kreditmoratorien und steuerliche Erleichterungen hätten dazu beigetragen, zu Beginn der Krise eine Kreditklemme zu verhindern und die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems zu erhalten, heißt es in dem Report. In dieser Phase sei bis zu einem Drittel der Neukreditvergabe der Banken an krisenbezogene Fiskalmaßnahmen gekoppelt gewesen. Die Mitgliedsländer meldeten dem ESRB den Angaben zufolge fiskalische Unterstützungspakete in Höhe von 2,44 Bill. Euro, fast 15% ihrer kumulierten Wirtschaftskraft. Den größten Anteil hatten Staatsgarantien mit 1,6 Bill. Euro.
Von dem Gesamtpaket seien bis September 2020 Hilfsleistungen in Anspruch genommen worden, die sich auf insgesamt 4% der kombinierten Wirtschaftskraft der Mitglieder summierten. Außerdem unterlägen etwa 5% der gesamten Kredite der Banken Moratorien. Die Zahlen seien jedoch angesichts von Datenlücken mit Vorsicht zu genießen, schreiben die ESRB-Analysten.
Auf NPL-Anstieg vorbereiten
Angesichts der Wucht, mit der die Pandemie über die Volkswirtschaften hereinbrach, sei das Volumen fauler Kredite (NPL) geringer als erwartet, heißt es weiter. Das müsse aber nicht so bleiben. „In den vergangenen zehn Jahren gab es sehr wenige Insolvenzen und faule Kredite“, befand Claudia Buch, Vizepräsidentin der Bundesbank und Vorsitzende der Arbeitsgruppe, die den Bericht verfasst hat, am Dienstag. Es müsse jedoch sichergestellt werden, dass für den Fall eines NPL-Anstiegs Gerichte und Banken gewappnet sind. „Wir müssen uns auf Worst- Case-Szenarien vorbereiten.“
Die große Frage sei nun, wann die fiskalischen Maßnahmen zurückgefahren werden könnten. Die Unwägbarkeiten der Krise ließen sie zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich beantworten. Werde die staatliche Unterstützung zu früh beendet, könnte dies die Wirtschaftskrise verschärfen und die Finanzstabilität gefährden. Werde sie zu lange beibehalten, werde dies den Druck auf die Staatshaushalte erhöhen und könne strukturelle Veränderungen verzögern. Klar sei nur: „Je länger die Krise dauert und je stärker sie sich auf die Wirtschaft auswirkt, desto größer die Gefahr, dass Verluste im Nichtfinanzsektor in den Finanzsektor überschwappen.“ Diese Warnung hatte das Gremium bereits zu Beginn der Krise ausgesprochen (vgl. BZ vom 10.4.2020). Nicht auszuschließen sei, dass solche Spillover-Effekte auch Banken Verluste bescherten. Der ESRB werde die Auswirkungen staatlicher Maßnahmen weiter beobachten und das Augenmerk auf mögliche grenzüberschreitende Effekte legen.