Fall Banco Popular

EU-Bankenabwicklung besteht vor Gericht

Zweites Grundsatzurteil zum Präzedenzfall Banco Popular: Anteilseignern und Gläubigern der abgewickelten Bank steht keine Entschädigung zu. Das Urteil dürfte die EU-Kommission in umstrittenen Reformplänen bestärken.

EU-Bankenabwicklung besteht vor Gericht

EU-Bankenabwicklung besteht vor Gericht

Betroffenen der Banco-Popular-Rettung steht keine Entschädigung zu – Urteil bestätigt Entscheidung der EU-Behörde SRB

Das Gericht der EU hat ein zweites Grundsatzurteil zum Präzedenzfall Banco Popular gesprochen: Demnach haben betroffene Anteilseigner und Gläubiger keinen Anspruch auf Entschädigung durch die zuständige Abwicklungsbehörde SRB. Das Urteil dürfte die EU-Kommission in umstrittenen Reformplänen bestärken.

rec Brüssel

Die europäische Bankenabwicklungsbehörde SRB hat einen wichtigen Test vor Gericht bestanden. Anteilseigner und Gläubiger der im Jahr 2017 kollabierten spanischen Bank Banco Popular haben keinen Anspruch auf Entschädigung. Das hat das Gericht der Europäischen Union in erster Instanz entschieden.

Das Urteil der Luxemburger Richter stärkt einen Eckpfeiler der EU-Bankenunion, nämlich den 2014 eingeführten einheitlichen Abwicklungsmechanismus. Bei der Abwicklung des Banco Popular handelt es sich um einen Präzedenzfall. Insofern sind dieses und ähnliche Verfahren von grundsätzlicher Bedeutung.

Ein erstes Grundsatzurteil datiert vom 1. Juni 2022. Darin erklärte das EU-Gericht die Abwicklung des Banco Popular durch das Single Resolution Board (SRB) per se für rechtens. Auf Geheiß der Abwicklungsbehörde war der Banco Popular im Juni 2017 in der Santander-Gruppe aufgegangen, um einen Zusammenbruch der damals sechstgrößten Bank Spaniens zum Schaden von Sparern und Steuerzahlern abzuwenden.

Das jetzige Urteil geht zurück auf eine nachgelagerte Entscheidung des SRB drei Jahre später: Am 18. März 2020 entschied die Abwicklungsbehörde unter Leitung der Deutschen Elke König, dass Anteilseignern und Gläubigern des Banco Popular keine Entschädigung zustehe. Begründung: Wäre die Bank in die Insolvenz gegangen, anstatt ihre Vermögenswerte zur Banco Santander zu transferieren, wäre das teurer geworden.

Insolvenz umgangen

Dutzende Betroffene klagten gegen diese Entscheidung, um Schadenersatz aus dem milliardenschweren Abwicklungsfonds SRF zu erhalten. Ohne Erfolg. Die Richter urteilten, dass die Behörde die Alternativen sehr wohl wie vorgeschrieben habe durchrechnen lassen. Beauftragt war die Beratungsgesellschaft Deloitte. Auch hätten die Betroffenen Gelegenheit gehabt, sich zu äußern.

Königs Nachfolger an der SRB-Spitze, Dominique Laboureix, begrüßt das Urteil. Es habe "unsere Entscheidung bestätigt, dass die betroffenen Aktionäre und Gläubiger nicht bessergestellt gewesen wären, wenn die Banco Popular in eine normale Insolvenz gegangen wäre", sagte Laboureix laut einer offiziellen Mitteilung. "Letztlich hat die Abwicklung die Finanzstabilität und die spanischen Steuerzahler geschützt, und ich freue mich, dass das Gericht unserer Position zustimmt."

Das Urteil dürfte die Europäische Kommission in ihrer Absicht bestärken, das Mandat der Bankenabwicklungsbehörde auszuweiten. Anlass ist eine laufende Überprüfung von Krisenmanagement und Einlagensicherung, in Fachkreisen CMDI Review. Das Vorhaben stößt vor allem im Lager von Sparkassen und Genossenschaftsbanken auf vehemente Ablehnung: Sie befürchten eine "Abwicklung für alle" auf Kosten ihrer eigenen Institutssicherungssysteme. Vertreter der EU-Kommission weisen das zurück.

250 Gerichtsverfahren

Insgesamt sind rund 250 Verfahren mit Bezug zum EU-weiten Abwicklungsregime in Luxemburg anhängig. In Dutzenden Fällen fechten Banken Beiträge zum Abwicklungsfonds SRF an, etliche Urteile stehen aus. Dieses Jahr kommt die acht Jahre lange Aufbauphase des Single Resolution Fund (SRF) zum Abschluss, er wird dann voraussichtlich mit rund 78 Mrd. Euro befüllt sein. Gemessen daran, sind die strittigen Beiträge mickrig: Laut EU-Rechnungshof bewegen sich die möglichen Erstattungen im einstelligen Millionen-Euro-Bereich.

Zig weitere Verfahren drehen sich um die Abwicklung des Banco Popular. Die meisten ruhen, solange ausgewählte Pilotverfahren laufen. In einem hat das EU-Gericht nun im Sinne von SRB und EU-Kommission, die den Abwicklungsplan für den Banco Popular absegnen musste, geurteilt. Die Brüsseler Beamten waren sich ihrer Sache offenbar sehr sicher: Finanzielle Risiken wiesen sie für diese Verfahren anders als für die angefochtenen Beiträge zum Abwicklungsfonds laut EU-Rechnungshof nicht aus. Das letzte Wort ist mit dem Urteil allerdings nicht automatisch gesprochen: Die Kläger haben bis Ende Januar Zeit, Einspruch einzulegen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.