Bankenaufsicht

EU nimmt Auslands­banken an die Kandare

Zum Abschluss des Kapitalregelwerks Basel III unterwirft die EU Zweigstellen von Banken außerhalb der Union einheitlichen und überraschend strikt ausfallenden Regeln. Bei Beobachtern wird vor Eskalation gewarnt.

EU nimmt Auslands­banken an die Kandare

bn Frankfurt

– Die EU-Kommission zieht zum Abschluss des Kapitalregelwerks Basel III die Zügel für Auslandsbanken überraschend stark an. „Schlimmer als erwartet“, hieß es am Donnerstag im Markt über die entsprechenden Vorschläge der Behörde, die erstmals verpflichtende Vorgaben für sogenannte Drittstaaten-Zweigstellen vorsehen, also für EU-Niederlassungen von Banken außerhalb der Union. Vor allem in Deutschland, Belgien und Luxemburg, in denen die Zweigstellen von Nicht-EU-Banken meist sitzen (siehe Grafik), dürften die Vorgaben größere Umbauten erforderlich machen.

Ende vergangenen Jahres zählte die EU 106 Drittstaaten-Zweigstellen von Banken aus 23 Ländern in 17 Staaten der Union. Sie vereinten 510 Mrd. Euro an Aktiva auf sich, 120 Mrd. mehr als im Jahr zuvor. Die Assets entfielen zu 86% auf Belgien, Frankreich, Deutschland und Luxemburg.

Konkret laufen die Regelungen auf Neuzulassungen für alle 106 Zweigstellen in den kommenden 12 bis 18 Monaten hinaus. Geplant ist dabei je nach Größe eine unterschiedliche Regulierung: Im Falle von Zweigstellen, die Aktiva von 30 Mrd. Euro oder mehr auf sich vereinen, soll die Aufsicht prüfen, ob diese sich infolge von Systemrelevanz in eine Tochter umwandeln müssen. Zweigstellen mit einer Bilanzsumme von mindestens 5 Mrd. Euro sowie Retail-Einlagen entgegennehmende Niederlassungen sollen anhand ihrer Passiva berechnete Kapitalmindestanforderungen erfüllen, kleinere Zweigstellen eine absolute Summe an Kapital vorhalten. Laut EU fielen Ende 2020 drei Zweigstellen unter die strengste Regulierung, bis zu 40 Zweigstellen in die zweite Kategorie, der Rest in die dritte.

Nach dem Brexit komme dem Ziel, einen robusten Regelungsrahmen für Drittstaatengruppen vorzugeben, eine neue Dimension zu, begründet die Kommission den Vorstoß. Derzeit unterliege die Einrichtung solcher Filialen allein der nationalen Gesetzgebung und sei durch die EU-Eigenkapitalrichtlinie nur „sehr begrenzt“ harmonisiert. Dies biete Drittstaatenzweigstellen die Chance zu regulatorischer und aufsichtlicher Arbitrage und ziehe Mängel der aufsichtlichen Kontrolle sowie erhöhte Risiken für die Finanzstabilität für die EU nach sich. Der Verband der Auslandsbanken in Deutschland begrüßt laut Geschäftsführer Andreas Prechtel, dass die EU eine Regulierung einführt und nicht mehr jeder EU-Staat eine eigene Linie fährt. Zugleich bemängelt er die auf 12 bis 18 Monate bemessene Frist zur Neuzulassung als zu knapp und warnt vor unbeabsichtigten Folgen. Allein deutsche Banken würden den Finanzierungsbedarf von Unternehmen im Lichte des anstehenden Aufbaus einer nachhaltigeren Wirtschaft, der Folgen von Corona und der Digitalisierung kaum leisten können. Eine Zweigstelle mit eigener Kapitalausstattung aber werde im Falle von Millionenkrediten eher an Kapazitätsgrenzen stoßen als eine Niederlassung, die auf die Mittel am Hauptsitz zurückgreife.

Beobachter werfen die Frage möglicher Reaktionen von Drittstaaten auf, falls EU-Aufsichtsbehörden die Errichtung von Töchtern anstelle einer Zweigstelle anordnen sollten. Angesichts des Kriteriums einer Bilanzsumme von 30 Mrd. Euro und mehr gehe es im Grunde allein um Zweigstellen von Banken aus den USA, Japan, China und eventuell Großbritannien: Alles Länder, in denen auch europäische Banken mit Zweigstellen vertreten sind.