Provisionsverbot kommt auf Wiedervorlage
Provisionsverbot kommt auf Wiedervorlage
Entwurf für Kleinanlegerstrategie: EU-Kommission will strengere Regeln für Finanzberater – Aufsicht soll Benchmarks entwickeln
rec Brüssel
Die EU-Kommission will die Regeln für Finanzberater verschärfen. Das geht aus einem Gesetzesentwurf zur Kleinanlegerstrategie hervor, welcher der Börsen-Zeitung vorliegt. Vor einem flächendeckenden Provisionsverbot schreckt sie demnach wie kürzlich berichtet zurück. Interessenkonflikte in der Finanzberatung will sie vorerst mit milderen Mitteln verringern. Fruchtet das nicht, soll ein Komplettverbot von Provisionen nach drei Jahren auf Wiedervorlage.
Über Monate hat sich EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness dafür starkgemacht, Provisionen für den Verkauf von Finanzprodukten EU-weit zu verbieten. Vertreter von Banken, Sparkassen, Versicherungen und Finanzberatern begehren auf. Auch die Regierungen etlicher EU-Staaten sind dagegen. Dass die EU-Kommission von ihren weitreichenden Plänen Abstand nimmt, sorgt in weiten Teilen der Branche für Erleichterung. Verbraucherschützer zeigen sich ernüchtert: „Die Finanzlobby hat sich in Brüssel durchgesetzt“, kritisiert die Bürgerbewegung Finanzwende.
Die EU-Kommission begründet ihren Verzicht auf ein umfassendes Provisionsverbot mit einer internen Folgenabschätzung. Ein Komplettverbot wäre zwar „die wirksamste Maßnahme, um potenzielle Interessenkonflikte zu beseitigen oder erheblich zu verringern“. Zu erwarten seien jedoch „erhebliche und plötzliche Auswirkungen auf die bestehenden Vertriebssysteme, deren Folgen schwer vorhersehbar sind“. So steht es im Gesetzentwurf.
Damit hat ein wesentliches Argument von Finanzvertretern gegriffen. Sie warnen vor einer Beratungslücke, sollte statt des weit verbreiteten Provisionsgeschäfts künftig nur noch eine Honorarberatung bleiben. Hier bezahlen Anleger ihren Berater direkt. Das dürfte allerdings gerade Anleger mit kleinem Geldbeutel abschrecken, so Kritiker eines Provisionsverbots.
Provisionsverbot light
Die EU-Kommission plant nun eine Art Provisionsverbot light. Künftig soll keine Provision mehr fließen, wenn Depotbanken oder andere Finanzdienstleister eine Wertpapierorder bloß ausführen, ohne dass damit eine Beratung einhergeht. Darüber hinaus will sie strengere Regeln zur Offenlegung und Vermarktung, Eignung und Angemessenheit von Produkten sowie striktere Vorgaben für Beratung und Produktverwaltung.
Konkret bedeutet das beispielsweise für Finanzberater, einen „Best Interest“-Test im Sinne des Kunden zu machen. Aufsichtsbehörden sollen „Preis-Leistungs-Benchmarks“ entwickeln. Alles mit dem Ziel, dass Kunden günstigere Finanzprodukte angeboten bekommen als bislang. Eine Nebenrolle spielen Nachbesserungen für die Industrie: So kündigt die EU-Kommission an, Pflichten zu Information und Offenlegung zu vereinheitlichen und an die Erfordernisse im Digitalgeschäft anzupassen.
Ihr Fokus liegt erklärtermaßen auf mehr Verbraucherschutz. Die EU-Kommission benennt vier Probleme: Informationen über Anlageprodukte seien oft schwer verständlich, Marketing tendenziell unrealistisch und irreführend. Sie stößt sich an Interessenkonflikten von Beratern, die hauseigene Produkte verkaufen und oft nicht unabhängig seien. Und die Kosten einiger Anlageprodukte sind ihr zu hoch. Ziel des Gesetzes, das sie am 24. Mai vorstellen will und bis dahin noch ändern kann: „Kleinanleger sollten in der Lage sein, bessere Anlageergebnisse zu erzielen, als dies derzeit der Fall ist.“