EU-Wettbewerbsbehörde und Justiz sind wegen Rom alarmiert
EU-Wettbewerbsbehörde und Justiz wegen Rom alarmiert
Massive staatliche Interventionen in Italiens Bankensektor säen erhebliche Zweifel
bl Mailand
Massive Interventionen der italienischen Regierung und die Umstände des Verkaufs staatlicher Anteile an der Monte dei Paschi di Siena (MPS) haben die italienische Justiz und die EU-Wettbewerbsbehörde DG Comp alarmiert. Es besteht der Verdacht, dass Rom beim Anteilsverkauf gegen Regeln verstoßen hat. "Befreundete Unternehmen“ wie der Unternehmer Francesco Caltagirone und die Holding Delfin der Familie Del Vecchio sollen gezielt bevorzugt worden sein. Das berichten diverse italienische Medien.
Die Untersuchungen bzw. Ermittlungen könnten Auswirkungen auf das Übernahmeangebot der Monte dei Paschi di Siena für die Investmentbank Mediobanca, die Offerte der Mediobanca für die Banca Generali und das Angebot der Unicredit für die BPM haben. Im Extremfall könnten die Vorhaben gar blockiert werden.
Umstände des Verkaufs
Bei den Untersuchungen der DG Comp geht es konkret um die Umstände des Verkaufs eines Staatsanteils von 15% an die Monte dei Paschi (MPS) im November 2024. Rom hatte die Anteile über die kleine Bank Akros, die zur BPM gehört, in einem beschleunigten Bookbuilding-Verfahren an Caltagirone, Delfin, die BPM und den mittlerweile von ihr übernommenen Vermögensverwalter Anima veräußert. Formal erfüllte Rom damit die Auflage der EU, den Staatsanteil bis Jahresende auf unter 20% zu reduzieren. Damit wurde die MPS in die Lage versetzt, wieder Übernahmen tätigen zu können. Insofern ist die Übernahme-Offerte für die Mediobanca vom Januar 2025 korrekt.
Doch die DG Comp prüft, ob das Verfahren, wie vorgeschrieben, tatsächlich „transparent, offen und im Wettbewerb“ erfolgte. Denn Unicredit hat bei der italienischen Finanzaufsicht Consob interveniert. Man sei in dem Verfahren von der Banca Akros ausgeschlossen worden. Es gilt im Übrigen als ungewöhnlich, eine auf diesem Gebiet so unerfahrene und kleine Bank wie die Banca Akros mit dem Verfahren zu beauftragen.
Druck des Staates
Interessanterweise sind es genau die genannten neuen Monte-dei-Paschi-Anteilseigner Caltagirone, BPM und Delfin, die zusammen mit dem Staat die im April gestartete Übernahme-Offerte der MPS für die an der Börse doppelt so hoch bewertete Mediobanca unterstützen. Und es sind auch diese Anteilseigner, die die Übernahme-Offerte der Mediobanca für die Banca Generali ablehnen. Der Grund ist klar: Mediobanca und Banca Generali sind im Bereich Private Banking/Vermögensverwaltung tätig und würden mit ihrem Zusammengehen ihren Wert steigen. Damit würden die Chancen der Monte dei Paschi für eine Übernahme der Mediobanca drastisch sinken – außer, sie würde ihre Offerte deutlich aufstocken.
Angeblich auf Druck des Staates haben zuletzt mehrere Pensionsfonds sowie Caltagirone und andere Aktionäre ihre Anteile an der Mediobanca aufgestockt. Damit können sie die Übernahme der Banca Generali verhindern. Die Mediobanca verschob deshalb kürzlich eine Hauptversammlung, bei der die Aktionäre dem Vorhaben zustimmen sollten. Wie es weitergeht, ist unklar. Caltagirone und Delfin zielen im Grunde auf die Generali ab, deren größter Aktionär derzeit die Mediobanca ist.
Orcel vernommen
Die Staatsanwaltschaft Mailand ermittelt. Es geht unter anderem um mögliche Markt- und Kursmanipulationen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Monte-dei-Paschi-Anteile. Dem Vernehmen nach hat die Justiz sowohl Unicredit-CEO Andrea Orcel als auch Vertreter der Mediobanca dazu vernommen.
Möglicherweise in Zusammenhang mit den diversen Verdachtsmomenten hat die Europäische Zentralbank (EZB) bis dato das Übernahmeangebot der Monte dei Paschi für die Mediobanca noch immer nicht genehmigt. Dagegen haben die EU-Kartellbehörden der Unicredit unter geringen Auflagen grünes Licht für die Übernahme der BPM erteilt. Die Offerte startet nach einer vierwöchigen Unterbrechung am 23. Juni.
In der Sackgasse
Dennoch ist das Vorhaben in der Sackgasse. Denn Rom hat im Rahmen der Golden-Power-Regelung Unicredit so harte Auflagen für die Übernahme gemacht, dass diese unattraktiv wäre. Rom verlangt von der HVB-Mutter den kompletten Rückzug aus Russland bis Mitte Januar 2026, eine Beibehaltung des Engagements in italienischen Staatsanleihen sowie ein bestimmtes Niveau bei der Kreditvergabe. Orcel versucht, von der Regierung eine Lockerung der Bedingungen zu bekommen, beißt damit aber auf Granit.