European Covered Bond bietet eine Chance

Der Markt wird breiter, wodurch die Fundingkosten tendenziell eher sinken dürften - Ob das auch für den eng bepreisten Pfandbrief gilt, bleibt abzuwarten

European Covered Bond bietet eine Chance

Der deutsche Pfandbrief gilt seit jeher als Vorbild für zahlreiche internationale Covered-Bond-Gesetzgebungen. Seit seiner Erfindung im Jahre 1769, als Friedrich der Große mit einer “Cabinets Ordre” den Grundstein für die ersten Pfandbriefe legte, gilt er als stabiles Refinanzierungsinstrument. Ziel war es damals, die Kreditwürdigkeit adliger Großgrundbesitzer wiederherzustellen und damit die Landwirtschaft wiederzubeleben, die durch den Siebenjährigen Krieg sowie einer Finanzkrise in Mitleidenschaft geraten war. Seitdem wurde der Pfandbrief umfassend weiterentwickelt: Mit dem Inkrafttreten des Hypothekenbankgesetzes am 1. Januar 1900 wurde ein wichtiges charakteristisches Merkmal des modernen Pfandbriefs kodifiziert: der Schutz der Pfandbriefgläubiger durch ein gesetzliches Insolvenzvorrecht.Weitere Meilensteine waren die Novellierung des Hypothekenbankgesetzes und die zunehmende europäische Integration im Rahmen des Maastricht-Prozesses in den 1990er Jahren: Die Ausdehnung des Geschäftsgebiets von Pfandbriefbanken auf den Europäischen Wirtschaftsraum führte dazu, dass der Pfandbrief als Refinanzierungsinstrument auch in anderen europäischen Ländern zunehmend Anklang fand. Folglich hat sich eine Vielzahl an Produkten etabliert, vereinheitlicht “Covered Bonds” genannt, welche dem Pfandbrief zwar ähnlich sind, rechtlich aber unterschiedlich konzipiert sind. Fels in der BrandungDiese Entwicklung hält bis heute an: Waren zum Ende der 1990er Jahre mit Deutschland und Frankreich nur zwei Covered-Bond-Jurisdiktionen im Benchmark Index iBoxx EUR Covered vertreten, sind es heute 25, Tendenz steigend.Der Pfandbrief, beziehungsweise sein europäisches Pendant, der Covered Bond, konnten schnell überzeugen: In der Banken- und Staatsschuldenkrise im Jahre 2008 galt der Pfandbrief als Fels in der Brandung. Die emittierenden Banken profitierten trotz der Marktverwerfungen weiterhin von einem hohen Anlegervertrauen und konnten sich bereits nach kurzer Zeit mit der Hilfe von Pfandbriefemissionen wieder am Kapitalmarkt refinanzieren. Anders als bei Staatsanleihen kam es dabei weder bei Pfandbriefen noch bei Covered Bonds jemals zu Ausfällen.Die hohe Sicherheit und Widerstandsfähigkeit von Covered Bonds und Pfandbriefen bildet somit auch die Grundlage für die Privilegierungsfähigkeit, zum Beispiel im Rahmen der Eigenkapitalunterlegung. Dieses Privileg zu verteidigen, war ein Ausgangspunkt für den EU-weiten Covered-Bond-Harmonisierungsprozess, der 2014 mit dem EBA-Report zu EU-Covered-Bond-Gesetzgebungen und der Eigenkapitalbehandlung seinen Anfang nahm. Im April 2019 erfolgte schließlich der Abschluss des EU-Covered-Bond-Harmonisierungspakets. Damit konnte ein weiterer historischer Meilenstein am Covered-Bond-Markt erreicht werden, der nicht unwesentlich vom deutschen Pfandbrief beeinflusst wurde.Viele der neuen Mindestanforderungen an EU-Covered-Bond-Gesetze basieren auf dem deutschen Pfandbriefgesetz. Hierzu gehören etwa die Definition des doppelten Rückgriffrechts sowie die Sicherstellung der Insolvenzfestigkeit der Deckungsstockwerte oder die Einführung eines 180-Tage-Liquiditätspuffers. Auch die explizite Anforderung an eine spezifische Covered-Bond-Aufsicht, welche mit zahlreichen Rechten und Pflichten für die Aufsichtsbehörden verbunden ist, rührt aus der deutschen Grundidee.Werden alle Maßgaben der neuen Covered-Bond-Richtlinie erfüllt und entsprechen die Deckungsstockwerte der Kapitaladäquanzverordnung CRR, wird entsprechenden Papieren das Label “European Covered Bond (Premium)” verliehen. In dieses Premiumsegment sind auch die deutschen Hypothekenpfandbriefe, die öffentlichen Pfandbriefe sowie die Schiffspfandbriefe einzuordnen, bei denen Investoren von einer bevorzugten Eigenkapitalunterlegung profitieren. Der Anpassungsbedarf, der aus der EU-Harmonisierung heraus entsteht, ist für das deutsche Pfandbriefgesetz als insgesamt gering einzuschätzen.Auch in Zukunft werden Unterschiede zwischen einzelnen nationalen Covered-Bond-Gesetzen erhalten bleiben. Das deutsche Pfandbriefgesetz wird hier, wie schon in der Vergangenheit, durch seine Klarheit und Transparenz überzeugen und somit auch in Zukunft den Goldstandard am Covered-Bond-Markt darstellen. Nicht zuletzt hat das deutsche Pfandbriefgesetz schon des Öfteren seine Anpassungsfähigkeit im Rahmen verschiedenster Pfandbriefgesetzesnovellen bewiesen – zum Beispiel jüngst im Rahmen der Erweiterung der Drittstaatenregelung im Pfandbriefgesetz um das Vereinigte Königreich als Folge des Brexit. Erhöhte AufmerksamkeitDie einheitlichen EU-Standards werden zudem dafür sorgen, dass sich der Covered Bond als Refinanzierungsprodukt weiter ausbreitet und in neuen Jurisdiktionen etabliert. Zahlreiche neue Covered-Bond-Gesetzgebungen sind aktuell vor allem in Osteuropa, wie zum Beispiel im Baltikum, zu beobachten. Von der gesteigerten Aufmerksamkeit für das Produkt Covered Bond wird auch der deutsche Pfandbrief profitieren.Mit 200 Jahren ist die LBBW zwar etwas jünger als der deutsche Pfandbrief, aber auf diesem Gebiet nicht minder erfolgreich: Mit einem ausstehenden Pfandbriefvolumen von ca. 20 Mrd. Euro ist sie eine der führenden Emittentinnen am Markt. Der Pfandbrief stellt einen wesentlichen Bestandteil ihrer Refinanzierungsstrategie dar, da sich die LBBW mit diesem Instrument bester Bonität günstig am Kapitalmarkt refinanziert und damit ihre Fundingkosten optimieren kann. Im Geschäftsjahr 2018 wurde über ein Viertel des gesamten Kapitalmarktfundings über Pfandbriefe abgedeckt.Regelmäßig emittiert die Landesbank dabei Pfandbriefe in verschiedenen Laufzeiten und Volumina, in Euro oder Fremdwährung, mit öffentlicher oder hypothekarischer Deckung. Dabei wurden auch neue Standards am Markt gesetzt: Im Januar 2018 konnte ein Hypothekenpfandbrief auf dem günstigsten Niveau, mit dem je ein Pfandbrief in Euro bepreist wurde, emittiert werden. Im Mai 2018 hat die LBBW ihren ersten Hypothekenpfandbrief in britischen Pfund emittiert. Im Mai 2019 wurde schließlich der weltweit erste grüne Pfandbrief in Dollar begeben. Das große, international diversifizierte Orderbuch zeigte das starke Interesse der Investoren am ESG-Segment (Environment, Social, Governance).Von den europäischen Harmonisierungsbestrebungen sollten vor allem Emittenten profitieren, die gerade dabei sind, ihr erstes Covered-Bond-Programm aufzulegen. Dies gilt besonders für Emittenten, in deren Heimat Pfandbrief- oder Covered-Bond-Gesetzgebungen bislang noch nicht etabliert sind. Dabei ist es positiv, dass die Covered-Bond-Harmonisierung Raum für nationale Auslegungen belässt. Die strengen Regelungen des deutschen Pfandbriefgesetzes können und werden deswegen weiterhin bestehen bleiben.Die überwiegende Mehrheit der Emittenten, unter ihnen auch die Pfandbrief-Emittenten, wird auch in Zukunft ihre Transaktionen im Segment Premium Covered Bonds vermarkten. Die Premium-Kategorie hat nicht nur Anforderungen, die bereits den Mindeststandards vieler nationaler Gesetzgebungen entsprechen, sondern wird auch regulatorisch bevorzugt behandelt. Im Gegensatz dazu wird sich das Segment der European Covered Bonds vor allem für Emittenten aus Märkten mit bis dato weniger anspruchsvollen Covered-Bond-Gesetzgebungen eignen. Etabliertes ProduktFür etablierte Pfandbrief-Emittenten wie die LBBW bietet der European Covered Bond weniger Gefahr als vielmehr eine Chance. In Deutschland ist der Pfandbrief ein etabliertes Produkt mit einem sehr guten Marktzugang, gerade auch in Krisenzeiten. Vor allem die gesteigerte internationale Aufmerksamkeit für das Produkt Covered Bond ist zudem positiv einzuschätzen. Denn je mehr Investoren sich für das Produkt im Allgemeinen interessieren, desto höher auch die Anzahl der potenziellen Pfandbrief-Käufer.Der Markt wird breiter und diversifizierter, wodurch die Fundingkosten für die Emittenten tendenziell eher sinken dürften. Ob das auch für den traditionell bereits sehr eng bepreisten Pfandbrief gelten wird, bleibt dennoch abzuwarten. Auf jeden Fall bleibt der Pfandbrief aufgrund seiner besonders hohen Qualität für die LBBW auch weiterhin das Maß aller Dinge und wird auch zukünftig fester Bestandteil der Fundingstrategie der Bank bleiben. Von Christian Ricken, Kapitalmarktvorstand der LBBW