Facebook geht in Zahlungsverkehr
Facebook betritt mit der Digitalwährung Libra Neuland und steigt in den Zahlungsverkehr ein. In der Schweizer Betreibergesellschaft hat der US-Konzern aber keine Kontrollmacht. Mit Libra folgt man dem Blockchain-Prinzip einer dezentralen Steuerung. Wer zum Club gehören will, muss in Server investieren. bg Frankfurt – Der US-Konzern Facebook hat am Dienstag seine Pläne für die Einführung der hauseigenen Digitalwährung Libra vorgestellt. Um den Bedenken der Datenschützer keine Angriffsfläche zu bieten, hat Facebook mit 28 Partnern aus Finanzwirtschaft und Technologiesektor die Betreibergesellschaft Libra Association gegründet, die das Management des auf den Zahlungsverkehr zielenden Stablecoin übernimmt und dafür einen von Facebooks Plattformen getrennten Datenhaushalt führen wird. Schweizer AdresseFacebook-Manager David Marcus zufolge soll das Digitalgeld anfangs vor allem für Überweisungen zwischen verschiedenen Währungen eingesetzt werden. Später soll Libra dann ein vollwertiges Zahlungsmittel sein. Die Betreibergesellschaft ist in der Schweiz angesiedelt und dürfte dann auch von dem dortigen Regulator beaufsichtigt werden. Notenbanken und Regulatoren stehen aus dem Nichts erschaffenen Digitalwährungen skeptisch gegenüber. Der Libra Coin wäre ein mit verschiedenen Währungsreserven gedeckter Stablecoin, für den die Partner in Dollar, Euro oder Yen einzahlen werden. Facebook-Chef Mark Zuckerberg gibt an, für Libra mit allen Regulatoren zusammenarbeiten zu wollen – wie das funktionieren kann, hatte er kürzlich mit Mark Carney, Chef der Bank of England, besprochen. Die Londoner gelten als innovationsfreudig und haben als erste große Notenbank ihr Settlement-System für ein Fintech (Transferwise) geöffnet.Für die Integration in den elektronischen Zahlungsverkehr von Libra sind Mastercard, Paypal, Stripe, Visa sowie die Naspers-Tochter PayU an Bord. Als Technologie- und Marktplatz-Partner sind u. a. Uber und Spotify dabei – in ihrem Ökosystem könnte der Libra Coin eingesetzt werden. Als Blockchain-Spezialist hat u. a. Coinbase angeheuert, die einen Handelsplatz für Kryptowährungen betreibt. Ist der Libra Coin frei handelbar, muss dafür gesorgt werden, dass er immer nahe 1 Dollar oder 1 Euro notiert. Dafür hält die Betreibergesellschaft immer Reserven bereit, um Angebot und Nachfrage entsprechend zu steuern.Einsatzgebiet von Libra sollen Überweisungen zum Beispiel direkt in Facebooks Ökosystem mit Instagram und Whatsapp sein, die dann wohl über den Messenger ausgeführt werden bzw. die neue Calibra Wallet. Mit einer Verknüpfung zum Bankkonto soll Libra später auch direkt auf dem Smartphone in andere Währungen umgetauscht werden können. Letztendlich soll Libra eine globale Währung sein, mit der man analog zu heutigem Geld online oder direkt im Laden vor Ort bezahlen kann, heißt es. Dafür müsste Libra dann eine Zulassung als gesetzliches Zahlungsmittel besitzen. Schon jetzt operieren Digitalwährungen in einer Grauzone, wenn sie als Zahlungsmittel eingesetzt werden – allerdings besteht ja Vertragsfreiheit, wenn sich zwei private Parteien einvernehmlich auf diese Zahlungsmethode verständigt haben.Der Abgeordnete des Europaparlaments Markus Ferber betrachtet Facebooks Pläne skeptisch: “Mit diesem Schritt wird die Datenkrake Facebook zur Schattenbank und das sollte bei den Aufsichtsbehörden die Alarmglocken schrillen lassen. Wenn Facebook seinen mehr als 2 Milliarden Nutzern künftig den Risiken von virtuellen Währungen aussetzt, sollte das auch für die Europäische Kommission Anlass genug sein, einen wirksamen Rechtsrahmen für virtuelle Währungen auf den Weg zu bringen. Es kann nicht sein, dass multinationale Unternehmen wie Facebook mit virtuellen Währungen de facto im rechtsfreien Raum agieren können”, so der Sprecher der EVP-Fraktion im Wirtschafts- und Währungsausschuss (Econ). Superschneller TransferGestartet wird nun das Testnetz für den Betrieb der Libra-Blockchain, die irgendwann im ersten Halbjahr 2020 reif sein soll für den operativen Betrieb. Die Blockchain soll 1 000 Transaktionen pro Sekunde verarbeiten können. Die kommerziellen Partner, zu denen aus der VC-Branche Andreessen Horowitz, Ribbit und Thrive Capital sowie Union Square Ventures gehören, haben bereits jeweils 10 Mill. Dollar in die Libra Association eingezahlt. Rund 100 Partner sollen mit Start des Live-Betriebes zum Ökosystem gehören. Facebook kündigt an, über Private Placements für Libra weitere Mittel einzusammeln und diese auch für ein Anreizsystem einzusetzen – Libra-Akzeptanzstellen könnten in Libra Coins entlohnt werden oder Discounts beim Bezug erhalten.Facebook wird wie jedes andere Libra-Mitglied nur eine Stimme in der Gesellschaft haben und sieht die Governance damit sauber aufgestellt. Alles, was bei Facebook in Sachen Kryptotransaktionen läuft, wird in der Tochter Calibra gebündelt, deren Betrieb abgeschirmt vom Datentracking (“Ad Targeting”) der Mutter läuft. Die Identitäten der Libra-Nutzer sollen außerdem nicht mit den “öffentlich sichtbaren Transaktionen” zu verknüpfen sein. Die Mitglieder der Libra Association (inklusive Calibra) können von Nutzern eingezahlte Depositen als Überschussliquidität am Markt in zinstragende Instrumente investieren – so wie Block One als Betreibergesellschaft der EOS-Blockchain Milliarden in US-Treasuries geparkt hat.Der Code der Libra-Blockchain ist Open Source. Facebook verspricht, dass die Libra-Blockchain – im Gegensatz zu Bitcoin und Ethereum – skalierbar ist. Es handele sich um eine “globale Finanzinfrastruktur”, heißt es in der Mitteilung. Um Libra zu nutzen, wird Cash in lokaler Währung eingezahlt, dann werden Coins ausgegeben.Die Mitglieder der Libra Association haben Stimm- und Dividendenrechte und können optional eine Schnittstelle/Netzwerknoten in der Libra-Blockchain betreiben und damit zur Validierung von Transaktionen beitragen. Facebook legt die Latte recht hoch für die Qualifizierung als Libra-Mitglied – so müssen auf Krypto fokussierte Investoren mindestens 1 Mrd. Dollar Assets under Management haben.