Faktor Mensch wird entscheidendes Element der künftigen Bankberatung sein

Technologie ist nur ein Hygienefaktor - Bedürfnisse mündiger Bürger umsetzen

Faktor Mensch wird entscheidendes Element der künftigen Bankberatung sein

Von Mirko Siepmann, Vorstandssprecher Bankhaus August Lenz & Co. AG und Jochen Werne, Direktor Marketing, Business Development & Treasury Bankhaus August Lenz & Co. AGTechnologie verändert Gewohnheiten, eröffnet neue Geschäftsmodelle und zerstört Altbekanntes. Eine Zeitung oder Medienseite, die keine eigenen Inhalte produziert, wäre früher unvorstellbar gewesen. Heute heißt eine der größten Medienseiten weltweit Facebook und produziert keine eigenen Inhalte. Ist dies das Schicksal der Banken und der Bankberatung?Online-Banking ohne Bankberatung durch Menschen wird bereits seit langem praktiziert. Die Frage ist nur, ob das für alle funktioniert und sinnvoll ist. Klar ist: Informationen sind das A und O für jeden, der Geld anlegen will. Sie gibt es heute ausreichend und kostenfrei im Internet. Engagierte Privatanleger können beinahe ebenso gut informiert sein wie Profis, sofern sie das wollen und die Zeit dazu haben. Ob Kurse in Echtzeit, die neuesten Einschätzungen von Analysten oder Experten, Kennzahlen zu einem Wertpapier im Branchenvergleich, die Meinungsvielfalt einer Community – das ist alles rund um die Uhr verfügbar.Wie intensiv und zielgerichtet dieses Angebot genutzt wird, ist eine andere Frage. Man kann davon ausgehen, dass sich nur eine Minderheit derart intensiv mit ihrer Geldanlage beschäftigt – und überhaupt beschäftigen kann.Die Fülle an Informationen, die tagtäglich aufläuft, kann niemand registrieren, geschweige denn, dass sie viele Privatkunden im richtigen Kontext deuten können. Hinzu kommt für sie eine nahezu unüberschaubar und ständig wachsende Masse an Finanzprodukten. Kurzum: Eine Mehrheit der Privatkunden agiert bei der Geldanlage aus dem Bauch heraus.Auf der einen Seite stehen also die Daten. Auf der anderen Seite – zumindest für vermögende Privatkunden – der Dialog mit einem kompetenten Experten. Einer Person, der sie vertrauen – und zutrauen, nicht nur aus der Datenfülle das Relevante für ihr Geld herauszufiltern, sondern auch sie vor den klassischen emotionalen Fehlern der Finanzentscheidungen in volatilen Märkten zu bewahren. Allen anderen, die nicht zu dieser Klientel gehören, und dies ist zumeist der klassische Retailkunde, bleibt wenig mehr, als den Nullzins auf ihren Konten und bei kurzfristigen Papieren zu akzeptieren, denn darin hat laut Bundesbank-Statistik der Großteil der Deutschen sein Vermögen investiert. Das macht die Bundesrepublik in Finanzangelegenheiten zu einer führenden Nation in Sachen verpasster Chancen.Objektiv betrachtet entsteht eine Marktlücke, hervorgerufen durch den immer stärker werdenden Abbau von persönlicher Beratung aufgrund des Kostendrucks bei traditionellen Banken und das Nichtangebot persönlicher Beratung bei Online-Banken. Die Nachfrage des Kunden nach der Dienstleistung “Beratung”, nach Dialog ist jedoch groß, vielleicht sogar in Zeiten des “information overload” größer denn je. Das heißt, der Kunde sucht jemanden, der den vielen auf ihn einströmenden Informationen Sinn verleiht, Zusammenhänge herstellt, Konsequenzen aufzeigt, jedoch ohne dass er bereit ist, diesen Experten zu suchen, geschweige denn aufzusuchen.Diese Lücke ist offen für kleinere, schnell agierende und flexible Institute, die es verstehen, das Beste aus beiden Welten zu verbinden – aus den Daten und dem Dialog. Hierbei reicht es heutzutage nicht mehr aus, einfach Standards in der Beratung und in der Technologie zu bieten. Der Kunde erwartet das Beste aus beiden Welten. Anbieter, die innovativ denken und die wahren Bedürfnisse, mündiger Bürger umzusetzen verstehen, die kundenzentrierten Service in den Mittelpunkt ihres Angebots stellen. Und zwar nicht erst ab einer bestimmten Summe, sondern ab dem ersten Euro.Das bedeutet auf der einen Seite, technologische Innovation zu bieten, die der Kunde egal wann und wo nutzen kann. Idealerweise kann er über dieses Institut einfach und bequem auch alle Konten und Depots, die er bei anderen Banken unterhält, einsehen. Auf der anderen Seite bedeutet das den persönlichen Dialog mit einem kompetenten Gegenüber.Bei Bankhaus August Lenz nennen wir diesen Experten “Family Banker”. Er steht dem Kunden zur Verfügung, wenn dieser ihn braucht. Der Family Banker kennt nicht nur die Erwartungen seines Kunden und sein Risikoprofil, sondern auch wie er emotional auf verschiedene Neuigkeiten der Nachrichten reagiert. Der Family Banker erklärt und schafft somit Vertrauen, so dass es ihm gelingt, seinen Kunden in Krisenzeiten vor den Behavioral-Finance-Fallen zu bewahren. Sollte ein gravierendes Ereignis die Welt an einem Samstag erschüttern, steht er bereits am Wochenende mit seinen Kunden in Kontakt.Dies sind Herausforderungen für traditionelle Banken. Online-Banken wiederum sehen persönliche Betreuung in ihrem Modell nicht vor. Das heißt in der Konsequenz: Der Privatkunde wünscht den Dialog. Nur will er heute mündig das Wann, Wie und Wo bestimmen. Der Faktor Mensch wird in der Bankberatung der Zukunft das entscheidende Element sein und Technologie nur ein Hygienefaktor.