Fannie und Freddie vor Machtprobe

Chef der Aufsicht FHFA will Gewinn der Hypothekenfinanzierer nicht mehr an Finanzminister überweisen

Fannie und Freddie vor Machtprobe

Den US-Hypothekenfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac steht eine Machtprobe zwischen der Regierung und der zuständigen Aufsichtsbehörde FHFA bevor. Es geht um Dividenden in Milliardenhöhe und die künftigen Eigentumsverhältnisse bei den halbstaatlichen Instituten.Von Stefan Paravicini, New YorkBei den staatlich kontrollierten US-Hypothekenfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac zeichnet sich eine Machtprobe zwischen der Federal Housing Finance Agency (FHFA) und dem US-Finanzministerium ab. Während der Chef der FHFA, Mel Watt, die Dividendenzahlungen von Fannie und Freddie an die Staatskasse reduzieren will, um einen Puffer für mögliche Verluste sicherzustellen, pocht Finanzminister Steven Mnuchin auf die seit 2012 geltende Regelung, die die Institute verpflichtet, ihre Gewinne fast komplett an das Finanzministerium abzuführen und bis Ende 2018 ihr Kapital auf null zu fahren. Das machte Mnuchin vor dem Bankenausschuss des Senats deutlich, vor dem zuvor auch Watt aufgetreten war. Risiko für Hypothekenmarkt”Ich hatte die Gelegenheit, Mel Watt schon mehrfach zu sprechen”, sagte Mnuchin vor dem Senat. Beim letzten Gespräch sei es auch um die Dividende gegangen und er habe dem FHFA-Chef erklärt, dass das Finanzministerium davon ausgehe, auch weiterhin die Zahlungen zu erhalten, sagte Mnuchin weiter. Watt, dessen Amtszeit an der Spitze der FHFA noch bis 2019 läuft und der vom US-Präsidenten nur aus besonderen Gründen entlassen werden kann, hatte dem Ausschuss zuvor erklärt, dass er das Kapital von Fannie und Freddie nicht auf null reduzieren könne, ohne damit erhebliche Risiken für den Hypothekenmarkt einzugehen. Die Regierung steht zwar im Wort, die beiden Institute mit bis zu 256 Mrd. Dollar zu stützen, sollten sie nach der Finanzkrise 2008 erneut in Schieflage geraten, als der Staat mit knapp 190 Mrd. Dollar zu Hilfe kam. Müssten Fannie und Freddie ganz ohne Puffer auskommen und schon wegen eines kleinen Quartalsverlusts Staatshilfe in Anspruch nehmen, könnte das nach Einschätzung des FHFA-Direktors dennoch ungewollte Folgen haben und die Kosten für die Eigenheimfinanzierung in die Höhe treiben. Dividenden ohne ReformDie 2012 angepasste Regelung für die Dividendenzahlungen von Fannie und Freddie sei nur getroffen worden, um den Druck für eine bis heute ausstehende Reform des Hypothekenmarktes zu erhöhen, erklärte Watt, der mit der FHFA neben Fannie und Freddie noch weitere elf sogenannte Home Loan Banks unter seinen Fittichen hat, vor dem Senat. Nach der Rettungsaktion 2008 hatten die beiden Branchenführer zunächst Quartal für Quartal 10 % ihrer Gewinne an Washington abgeführt. Seither haben Fannie und Freddie insgesamt 266 Mrd. Dollar an die Staatskasse überwiesen.Es gehe der Behörde mit der Einbehaltung eines Teils der Gewinne nicht um eine Rekapitalisierung der Institute, stellte ein Spitzenbeamter der FHFA bei einem Auftritt in New York wenige Tage nach dem Hearing mit Watt vor dem Senat klar. Die Dividendenzahlungen würden aufgeschoben und nicht gestrichen, erklärte Rob Ryan, der innerhalb der Aufsichtsbehörde die Obhutspflichten gegenüber Fannie und Freddie übernommen hat.Die für Juni erwartete nächste Dividendenzahlung ist allerdings nicht die einzige Machtprobe, die der Regierung bei Fannie und Freddie bevorsteht. Unterschiedliche Vorstellungen gibt es auch über die Zukunft der beiden Institute, die selbst keine Hypotheken vergeben, von Geschäftsbanken gezeichnete Verträge aber aufkaufen und zu Wertpapieren bündeln, die mit staatlichen Garantien versehen an Investoren weitergereicht werden.Im Hearing vor dem Senat bekräftige FHFA-Chef Watt seine Überzeugung, dass der Kongress über eine mögliche Privatisierung der Institute, wie sie vor allem von der Partei der Republikaner immer wieder gefordert wurde, entscheiden müsse, während Mnuchin im Februar nicht ausschließen wollte, dass die Regierung die FHFA auch ohne ein entsprechendes Gesetz anweisen könnte, eine Änderung der Eigentumsverhältnisse in die Wege zu leiten. Mehr privates KapitalÖffentlich bekannte Pläne für eine Privatisierung gibt es derzeit nicht. Dass die Regierung mehr privates Kapital im US-Hypothekenmarkt engagieren möchte, steht aber außer Zweifel. Im Kern der Vorhaben der Regierung für den Immobilienmarkt stehe der Transfer von Risiken weg von Fannie und Freddie, erklärte Craig Phillips, ein Berater von Mnuchin im Finanzministerium, erst vor wenigen Tagen bei einem Auftritt auf einer Konferenz in New York. Ein zentrales Ziel der Regierung sei es daher, den Umfang von Hypotheken zu steigern, die mit privatem Kapital finanziert werden und ohne staatliche Garantien auskommen.Die Aussicht auf eine möglichst beschleunigte Privatisierung ohne die Umstände eines Gesetzgebungsverfahrens und das damit verbundene Ende der Dividendenzahlungen an das Finanzministerium würde vor allem Hedgefonds wie Perry Capital, Fairholme Funds oder Pershing Square freuen, die Anteile an Fannie und Freddie halten, seit Jahren aber keine Dividende mehr gesehen haben. Mit ihrer 2014 eingebrachten Klage gegen die Dividendenvereinbarung mit dem Staat sind die Investoren erst in diesem Frühjahr vor einem Berufungsgericht gescheitert (vgl. BZ vom 23. Februar). Große DepressionDie Geschichte von Fannie und Freddie geht bis auf die Zeit der Großen Depression zurück. Als der US-Kongress die Federal National Mortgage Association 1938 gründete, lag der US-Hypothekenmarkt schon fast zehn Jahre danieder. Fannie Mae, wie die Behörde bald gerufen wurde, sollte Hypotheken aufkaufen und mit staatlichen Garantien versehen an Investoren weiterreichen, um die Hypothekenzinsen zu drücken und die Geschäftsbanken zu entlasten. 1968 wurde Fannie zur gewinnorientierten Aktiengesellschaft umgebaut. Ab 1970 gab es mit der Federal Home Loan Mortgage Corporation staatlich verordnete Konkurrenz, die 1989 als Freddie Mac an die Börse folgte.Beim Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 garantierten Fannie und Freddie etwa die Hälfte aller Hypotheken auf US-Wohnimmobilien und damit ein Volumen von rund 5 Bill. Dollar, darunter auch Hypotheken aus dem Subprime-Segment, das von Wall-Street-Banken in Bündel mit Triple-A-Ratings gepackt worden war. Heute garantieren sie 46 % auf dem 11 Bill. Dollar großen Markt.