Fed rudert bei Kapitalaufschlägen für US-Banken zurück
Fed rudert bei Kapitalvorgaben zurück
Führenden US-Banken sollen deutlich niedrigere Aufschläge blühen als zunächst geplant
xaw New York
Amerikas Regulatoren schrauben ihre Pläne hinsichtlich höherer Kapitalvorgaben für Finanzinstitute nach Gegenwind aus der Branche zurück. Die Mindestanforderungen für das harte Kernkapital (Common Equity Tier 1, CET1) globaler, systemisch wichtiger US-Institute sollen um 9% steigen, wie der für Aufsicht zuständige Vize-Vorsitzende der Federal Reserve, Michael Barr, am Dienstag in einer Rede vor der Non-Profit-Organisation Brookings Institution ankündigte.
Zuvor hatten die Notenbank, die Einlagensicherung FDIC und das für die Überwachung des nationalen Kreditwesens zuständige OCC für die komplexesten Geldhäuser Mehranforderungen von bis zu 20% angepeilt. Die Aufschläge sollten Teil der Umsetzung des globalen Bankenpakets Basel III in den USA ab Mitte des kommenden Jahres werden und ursprünglich deutlich höher ausfallen, als es zum Beispiel die Aufsichtsbehörde EBA für europäische Institute vorsieht.

US-Branchenköpfe um Jamie Dimon und David Solomon, die CEOs von J.P. Morgan und Goldman Sachs, waren über die vergangenen Monate gegen die Regeln Sturm gelaufen. „Die Wettbewerbsfähigkeit des US-Kapitalmarkts wird leiden“, warnte Solomon bei einer Senatsanhörung im vergangenen Dezember. Unternehmen würden sich für Finanzierungen künftig wohl verstärkt an europäische Banken wenden.
Das Bank Policy Institute, der Interessenverband der größten US-Geldhäuser, betonte, die Branche sei nach jedem glaubwürdigen Maß außerordentlich gut kapitalisiert und habe diverse reale Stresssituationen robust überstanden. Die geplanten Aufschläge seien hingegen dazu angetan gewesen, die Kreditvergabe einzudämmen und damit die Gesamtkonjunktur zu belasten. Barr räumte nun ein, dass „umfangreiche und tiefgreifende Änderungen“ an den Plänen geboten seien, die er seinen Kollegen im Fed-Gouverneursrat empfehlen wolle. Darauf soll eine neuerliche Marktkonsultation folgen.
Kritik an laxem Auftrete in der Krise
Nach den ursprünglichen Vorschlägen im vergangenen Juli warfen Stimmen aus der Branche Barr und führenden FDIC-Vertretern vor, sie hätten sich durch die Regionalbankenkrise 2023 unter Druck setzen lassen und bereits auf den Weg gebrachte Regeländerungen deshalb noch ausgeweitet. Kritiker hatten Regulatoren zuvor beschuldigt, bei den kollabierten Geldhäusern Silicon Valley Bank, Signature Bank und First Republic Bank trotz offensichtlicher Probleme nicht entschlossen genug eingeschritten zu sein.
Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 250 Mrd. Dollar – zuletzt lagen laut der Fed nur 13 der über 4.500 US-Institute oberhalb dieser Schwelle – könnten nach Barrs Änderungsvorschlägen indes fast aus dem Schneider sein. Auf sie käme lediglich die Verpflichtung zu, nicht realisierte Gewinne und Verluste aus ihren Wertpapierportfolios in die Berechnung ihrer Eigenkapitalquoten einzubeziehen. Je nach Lesart könnte dies für sie langfristige Anstiege ihrer Mindestvorgaben um 3 bis 4% nach sich ziehen.
Hohe Gewinnbelastung bei Goldman
Barr will bei den führenden Instituten zudem die Vorgaben bezüglich der Reserveverpflichtungen für Hypotheken und das Kreditkartengeschäft in Einklang mit dem globalen Basel-III-Standard bringen. Mit Goldman Sachs arbeitet eine der führenden Investmentbanken der USA nach einem verlustreichen, mehrjährigen Ausflug ins Privatkundengeschäft daran, ihre Kartenpartnerschaften loszuwerden. Am Montag teilte CEO Solomon bei einer Branchenkonferenz in New York mit, sein Geldhaus werde im dritten Quartal voraussichtlich eine Belastung des Vorsteuergewinns von 400 Mill. Dollar hinnehmen, der hauptsächlich auf den geplanten Verkauf ihrer Kooperation mit General Motors zurückzuführen sei.
Die GM-Karten richte sich hauptsächlich an Leasing-Kunden und Autokäufer des Detroiter Konzerns, die darüber Punkte sammeln und für Ratenzahlungen oder Service-Leistungen einlösen können. Die offenen Salden in dem Programm belaufen sich auf rund 2 Mrd. Dollar. Goldman verhandelt nach Berichten des „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Insider seit April mit Barclays über einen Verkauf der GM-Kooperation, die Zahlungsbereitschaft des britischen Geldhauses soll sich aber in engen Grenzen halten.
Gewaltige Ausfallraten
Hintergrund sollen vor allem die hohen Ausfallraten in dem Programm sein. Bei Konten, die Goldman nach der Übernahme der Partnerschaft von Capital One im Jahr 2020 lancierte und die wohl ein Drittel des Portfolios ausmachen, liegt die durchschnittliche Abschreibungsquote auf Kartenkredite angeblich bei über 10%. Laut der Fed lag das landesweite Mittel im zweiten Quartal bei 4,5%. Die ungewöhnlich schwache Rückzahlungsaktivität dürfte laut Analysten darauf zurückzuführen sein, dass Flugmeilen- und andere Reisepunkte-Angebote bei vermögenderen Nutzern deutlich beliebter sind als Karten mit anderen Bonusfunktionen. Dies habe es für Goldman wesentlich schwieriger gemacht, die GM-Karten zu vermarkten, weshalb die Bank für die Kundenakquise auf Drittparteien-Webseiten zurückgegriffen und darüber Kreditnehmer mit niedrigeren Bonitätsscores angezogen habe.
Mit dem angepeilten Verkauf seiner Kreditkartenpartnerschaft mit Apple steht dem Geldhaus noch eine weitere große Herausforderung ins Haus. Die Salden fallen darin mit 17 Mrd. Dollar ungleich höher aus als jene im GM-Programm. Analysten fürchten deshalb im Fall einer Veräußerung noch deutlich herbere Verluste.
Sieg in Konflikt mit Regulator
Dabei trug die Abkehr vom Consumer Banking zuletzt noch dazu bei, dass sich Goldman in einem Konflikt mit der Fed hinsichtlich höherer Kapitalquoten durchsetzte. Nach dem diesjährigen US-Bankenstresstest hatte der Regulator noch ein CET1-Minimum von 13,9% der risikogewichteten Aktiva bestimmt, den Wert nach einem Einspruch des Geldhauses zuletzt aber auf 13,7% gesenkt. Goldman wurde damit zum ersten Institut, das erfolgreich Einspruch gegen die Resultate einer Belastungsprobe einlegte.
Die New Yorker hatten mit Unverständnis auf die Resultate des Stresstests reagiert, gemäß denen dem Wall-Street-Institut im Fall einer schweren Rezession Kredit- und Tradingverluste im Volumen von über 40 Mrd. Dollar drohen würden. Vorstandschef David Solomon kritisierte darauf, die neue Vorgabe reflektiere „die strategische Weiterentwicklung unseres Geschäfts nicht“ – und konnte dabei auch auf erfolgreiche Verkäufe verlustreicher Privatkunden-Abteilungen sowie stabilere Erträge aus der gesteigerten Aktivität im Wealth Management pochen.