Federal Reserve bald komplett?
Von Peter De Thier, WashingtonZum ersten Mal seit dem Jahr 2006 könnte die US-Notenbank bald wieder einen voll besetzten Vorstand haben. Am Donnerstag billigte der Bankenausschuss des amerikanischen Senats den Nationalökonomen Jeremy Stein (51) und den Investmentbanker Jerome Powell (58) für die zwei freien der insgesamt sieben Sitze im Direktorium der Federal Reserve (Fed). Allerdings wollen einige Republikaner bei der nach der Osterpause stattfindenden Abstimmung im Plenum des Senats beide Kandidaten ablehnen. Präsident Barack Obama hatte Stein und Powell dem Senat bereits im Dezember 2011 vorgeschlagen.Die Neubesetzung des Fed-Vorstandes zieht sich bereits seit langem hin. Der Demokrat Obama findet wie in so vielen Fragen keinen Konsens mit der republikanischen Opposition. Im Juni 2011 sah sich der renommierte Ökonom und Nobelpreisträger Peter Diamond vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) gezwungen, seine Kandidatur zurückzuziehen. Einige Republikaner hatten ihm die nötige praktische Erfahrung für eine Führungsposition in der Fed abgesprochen.Unter den Republikanern wächst der Widerstand gegen weitere sozialliberale Kandidaten im Fed-Vorstand, die Notenbankchef Ben Bernankes aktivistischen geldpolitischen Kurs kritiklos unterstützen. Die sieben Vorstände der Fed haben alle Stimmrecht im Offenmarktausschuss, der aus insgesamt zwölf stimmberechtigten Mitgliedern besteht und über die Geldpolitik in den USA entscheidet.Im Januar spitzte sich der Konflikt um Obamas Personalpolitik zu, als der Präsident vier weitere ranghohe wirtschaftspolitische Beraterpositionen mit Kandidaten besetzen wollte, ohne vorher den Senat zu informieren. Republikaner sprachen von einer Kampfansage und erklärten, weitere Nominierungen sofort blockieren zu wollen. Mit der Berufung von Stein und Powell wollte der Präsident nun das Kriegsbeil begraben. Die beiden Kandidaten stellen nämlich einen überparteilichen Kompromiss dar: Während Harvard-Ökonom Stein als eher proaktivistischer Sozialliberaler gilt, der 2009 als Berater unter Finanzminister Timothy Geithner gedient hatte, ist Powell, der stellvertretender Finanzstaatssekretär unter Präsident George W. Bush war, ein ausgewiesener Republikaner. Der mehrfach ausgezeichnete Stein gilt als Experte in Fragen der Finanzmarktregulierung, Geldpolitik, Unternehmensfinanzierung und Risikomanagement. Der Jurist und Investmentbanker Powell gilt hingegen als Marktwirtschaftler, der sich für eine weniger interventionistische Geldpolitik einsetzen wird.Brookings-Expertin Sarah Binder glaubt, dass “die Chancen vielleicht 50 zu 50 stehen, dass beide bestätigt werden”. Der republikanische Senator David Vitter kündigte an, dass er auf keinen Fall weitere Kandidaten des Präsidenten absegnen werde, die “für eine Fortsetzung der Anleihenkaufprogramme und anderer proaktivistischer Maßnahmen eintreten werden”.