Finanzaufsicht wird frei in der Organisationsstruktur
wf Berlin
Mit einem Nachtrag zum Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) reagiert die Bundesregierung erneut auf den Wirecard-Skandal. Die Leitung der deutschen Finanzaufsicht BaFin soll organisatorisch neu geordnet und die Verantwortung des Präsidenten im Direktorium gestärkt werden. Zudem wird im Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz die Passage zu den dort festgelegten Geschäftsbereichen komplett gestrichen – ebenso wie die Vorgabe der Zahl von fünf Exekutivdirektoren, die zusammen mit dem Präsidenten das Direktorium bilden. Künftig muss das Organisationsstatut, das sich das Direktorium selbst gibt, nicht mehr einstimmig beschlossen werden. Die neue Formulierung lässt dabei offen, welche Mehrheitsverhältnisse für den Beschluss nötig sind.
Mit der Gesetzesänderung wird die Finanzaufsicht frei, die bisherigen gesetzlich fixierten fünf Geschäftsbereiche – Innere Verwaltung und Recht, Bankenaufsicht, Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, Wertpapieraufsicht/Assetmanagement sowie Abwicklung – anders zuzuschneiden. Auf die BaFin warten ohnehin neue Aufgaben im Verbraucherschutz. Mit dem gestern in Berlin beschlossenen Nachtrag zu dem vom Kabinett im Dezember beschlossenen Entwurf des FISG soll die BaFin zu Testkäufen ermächtigt werden, dem sogenannten Mystery Shopping. Die Finanzaufsicht kann damit Inhalte und Abläufe von Verkaufsgesprächen unter die Lupe nehmen.
Amtszeiten werden kürzer
Mehr Dynamik verspricht sich die Bundesregierung auch von einer kürzeren Regelamtszeit der Mitglieder des Direktoriums. Die Dauer sinkt von acht auf fünf Jahre. Letzteres war bislang als Ausnahme möglich. Gestärkt wird die Rolle der Präsidenten. Aufgaben, die bislang beim Direktorium lagen, fallen nun in dessen alleinige Verantwortung. Dies betrifft die Aufstellung des Haushaltsplans, die Abrechnung am Jahresende sowie Prüfergebnisse. Über dem Präsidenten schweben der Verwaltungsrat und das Ministerium.
Die neue Formierung hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in Aussicht gestellt, als Ende Januar BaFin-Präsident Felix Hufeld und die Exekutivdirektorin für Wertpapieraufsicht, Elisabeth Roegele, ihre Posten verloren hatten. Beide Ämter sind vakant. Die BaFin steht wegen einer Reihe von Versäumnissen bei Wirecard unter Beschuss, darunter die schwierige Aufsicht über Tech-Unternehmen im Finanzsektor, die Prüfung unstimmiger Bilanzen, ein zweifelhaftes Leerverkaufsverbot und lebhafter Aktienhandel von BaFin-Beschäftigten mit Papieren des Skandalkonzerns. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft prüft, ob die Behörde ihren Aufsichtspflichten bei Wirecard nachgekommen ist und Insiderhandel ausreichend vorgebeugt hatte. Beamte der Staatsanwaltschaft Frankfurt hätten die Zentrale in Bonn sowie weitere Büros der BaFin aufgesucht und um Auskünfte gebeten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf einen Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es habe keine Durchsuchung gegeben.
Die vom Kabinett gebilligte Formulierung aus dem Bundesfinanzministerium bringen die Regierungsfraktionen in das bereits laufende FISG-Gesetzgebungsverfahren ein. Damit können die Punkte noch in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden.