Finlab erwartet Fintech-Konsolidierungswelle
Die Hamburger Deposit Solutions wird es nach Aussage des Fintech-Investors Finlab demnächst auch in die Schweiz verschlagen. Die Frankfurter Gesellschaft ist nach einem Teilexit im August noch mit knapp 8 % in Deposit Solutions investiert. Bei Fintechs erwartet Finlab hierzulande eine Flurbereinigung. Von Tobias Fischer, Frankfurt Der Frankfurter Fintech-Investor Finlab, der unter anderem an der Geldanlage-Plattform Deposit Solutions beteiligt ist, geht davon aus, dass am Ende einer Fintech-Konsolidierungswelle in Deutschland drei oder vier größere Adressen pro Geschäftsfeld plus einigen Nischenanbietern übrig bleiben werden. Dass je ein Akteur das Geschäft auf sich vereint, sei unwahrscheinlich, sagt Vorstandsmitglied Stefan Schütze im Gespräch mit der Börsen-Zeitung: “, The winner takes it all` wird es nicht geben, dazu ist der Markt zu fragmentiert.” Es kristallisiere sich hier und da schon heraus, wer sich durchzusetzen vermag. So würden beispielsweise bei den Robo-Advisors Scalable und Liquid hervorstechen. Im Geschäft mit dem Mittelstand hätten etwa Funding Circle und das eigene Portfolio-Unternehmen Kapilendo gute Chancen, und auch Creditshelf habe mit dem Börsengang im Juli einige Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Zusammenführung forciert Die im Handelssegment Scale der Deutschen Börse notierte Finlab, die im vergangenen Jahr einen Jahresüberschuss von 1,8 Mill. Euro erzielte, hält sich zugute, ein Stück weit zu dem Konzentrationsprozess beigetragen zu haben. “Wir waren ein Vorreiter”, sagt Schütze und nimmt damit Bezug darauf, dass sich Deposit Solutions im August 2017 das Berliner Fintech Savedo einverleibt hatte und Finlab 2016 die Crowdfunding-Plattform Venturate mit Kapilendo zusammenführte. Savedo dient als internationale Ergänzung zu Zinspilot, die es Sparern ermöglicht, Geld bei unterschiedlichen Banken anzulegen, ohne jeweils neue Konten eröffnen zu müssen. Einer der härtesten Konkurrenten aus dem Fintech-Lager ist die Berliner Raisin, besser bekannt unter der Marke “Weltsparen”.Mit seinen Marken Zinspilot und Savedo ist Deposit Solutions dem zweiten Finlab-Vorstandsmitglied Juan Rodriguez zufolge in den Niederlanden, in Österreich und darüber hinaus auch in Großbritannien aktiv, was bislang weniger bekannt sei. Demnächst wird es Deposit Solutions auch in die Schweiz verschlagen, kündigt Rodriguez an.Im August hatten die in London ansässige Private-Equity-Gesellschaft Vitruvian Partners und der schwedische Risikokapitalgeber Kinnevik als Hauptinvestoren bekannt gegeben, zusammen mit anderen Geldgebern 100 Mill. Dollar in Deposit Solutions investiert zu haben. Dadurch habe die Unternehmensbewertung 500 Mill. Dollar erreicht, was dem eines halben Einhorns entspräche und Deposit Solutions zum wertvollsten deutschen Fintech nach N26 mache. Als Einhörner werden Start-up-Unternehmen bezeichnet, die mehr als 1 Mrd. Dollar wert sind. Recherchen von “Finanz-Szene.de” zufolge hat der Abschluss der Finanzierungsrunde von Deposit Solutions aber gar keine 100 Mill. Dollar umfasst, weil ein Teil der Summe an bisherige Investoren geflossen sei.Tatsächlich hatte Finlab im Zuge der Finanzierungsrunde Anteile an Deposit Solutions abgestoßen, was ihm 11,5 Mill. Dollar bescherte. Der Frankfurter Investor gab am 15. August in einer Ad-hoc-Mitteilung bekannt, dass er “im Rahmen einer sogenannten Secondary-Transaktion Anteile im Wert von 11,5 Mill. Dollar an die Neugesellschafter veräußert” hat, was im Geschäftsjahr 2018 voll ertragswirksam werde. Damit verbleibt Finlab noch ein Anteil von 7,7 %.Dabei soll es vorerst auch bleiben, beteuern die Finlab-Chefs: Ein Komplettausstieg sei nach dem Teilexit vorerst nicht vorgesehen. “Für uns besteht aktuell erst mal keine Notwendigkeit, sich davon zu verabschieden”, sagt Schütze. Auch ein Börsengang sei nicht angedacht, ergänzt sein Vorstandskollege Rodriguez, der auch im Beirat von Deposit Solutions sitzt. “Derzeit spielt das keine Rolle, aber wer weiß, was in den nächsten zwölf bis 24 Monaten passiert. Wenn man eine bestimmte Größenklasse erreicht hat und das Umfeld gut ist, dann macht man das, aber Stand der Dinge ist da nichts dran.”Schwerpunkte von Finlab sind die Bereitstellung von Wagniskapital und die Entwicklung deutscher Fintechs. Aktuell ist Finlab an zehn Start-up-Firmen beteiligt (siehe Kasten). Vielleicht werden es noch mehr, aber mehr als 13, 14 Beteiligungen würden auf keinen Fall angestrebt, weil dann nicht mehr gewährleistet sei, sie aktiv zu managen und Mehrwert zu erzielen.Darüber hinaus betätigt sich die Gesellschaft im Assetmanagement. Gemeinsam mit Block One, Entwickler der Kryptowährung EOS, hat Finlab einen Fonds in Höhe von 100 Mill. Dollar aufgelegt, der Investitionen in EOS-Projekte tätigt. Finlab managt diesen Fonds. Hinter EOS stecken Christian Angermayer, der über sein Investmentvehikel Apeiron Investment Group rund 30 % an Finlab hält, sowie Silicon-Valley-Milliardär Peter Thiel. Beide, Angermayer wie Thiel, sind wiederum in Deposit Solutions investiert. Mit knapp unter 50 % der Anteile nimmt Bernd Förtsch, Chef der Kulmbacher Börsenmedien AG, die unter anderem das Wochenmagazin “Der Aktionär” herausgibt, “praktisch einen beherrschenden Einfluss” auf Finlab aus, wie aus dem Jahresfinanzbericht 2017 hervorgeht. Weiter gut 4 % hält das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin, womit über 80 % der Anteile in festen Händen sind. Beabsichtigt sei, den Free Float in den nächsten Jahren etwas auszuweiten, sagt Schütze. Aktivistischer AnsatzDie Frankfurter Gesellschaft, die bis Ende 2014 noch als Altira AG firmierte, versteht sich als aktivistischer Investor mit zwei bis drei Engagements pro Jahr. “Wir gehen in der Regel Minderheitsbeteiligungen von 20 % plus ein, die wir dann aktiv betreuen”, berichtet Schütze. Üblich seien Investments von 500 000 bis 5 Mill. Euro pro Beteiligung. Seit ihren ersten Finanzierungen im Jahr 2015 habe Finlab noch keine Ausfälle zu beklagen gehabt. Schütze, wie Rodriguez von Anfang an Finlab-Vorstandsmitglied, war zuvor bei Altira tätig und arbeitete von 2000 bis 2004 in der Rechtsabteilung der börsennotierten BMP, einer Berliner Venture-Capital-Gesellschaft. Rodriguez hatte vor seiner Finlab-Zeit von 1992 an in den Bereichen Finanzen, Rechnungswesen und Treasury gewirkt, so bei Alstom Energietechnik, MCN Telecom und Altira.Neue Investments in Start-ups, die sich auf Privatkunden konzentrieren (B2C), halten die Finlab-Chefs für weitgehend sinnlos, sei das B2C-Geschäft doch mittlerweile abgegrast. Stattdessen wollen sie sich auf B2B konzentrieren, also Investitionen in Fintechs, die sich an Geschäftskunden richten. Bestimmte Bereiche haben sie von vornherein gemieden, da sie nicht daran glauben (Peer-to-Peer Lending) oder weil der Markt schon weitgehend verteilt sei (Payment, Robo-Advisor). Auf ihrer Suche nach vielversprechenden Investmentzielen hätten sie unter anderem ihre Fühler nach Gesellschaften ausgestreckt, die sich der Themen Regulierung, Compliance und Geldwäsche annehmen. Dabei komme stets die “Vier-Stunden-Regel” zum Tragen: “Wir müssen alle Unternehmen in vier Stunden erreichen können, um vor Ort präsent zu sein”, erklärt Schütze. “Wir würden keine Einzelinvestments in den USA oder in Asien machen, weil man sie mangels Leuten und Zugriff nicht so managen kann, wie das nötig wäre.” Den Fokus auf Deutschland begründet er damit, sich hier am besten mit der Regulierung auszukennen. Und was in Deutschland – streng reguliert – funktioniert, das funktioniere auch andernorts: “Wenn man hier beispielsweise ein Produkt in den Markt bekommen hat, dann schafft man das auch theoretisch in anderen Ländern.”Als besonders zukunftsträchtig erachtet Finlab sein Portfoliounternehmen Authada. Die Darmstädter, ein Spin-off der dortigen Hochschule, bieten eine geldwäschekonforme Kundenidentifizierung mittels elektronischem Personalausweis (eID) und NFC-, also funkfähigem Endgerät, binnen Sekunden an. Das Verfahren ist vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert. Auch die Fintech-Schmiede der Commerzbank, Main Incubator, hat in Authada investiert. “Wir sehen Authada als Modell für die Branche”, berichtet Schütze. “Ich behaupte sogar, dass es in fünf Jahren die Nummer 1 sein wird.” Der Durchbruch werde spätestens dann kommen, wenn die Behörden flächendeckend auf die Nutzung der eID umstellten.In der deutschen Kreditwirtschaft feilen mehrere Anbieter an einem eigenen Authentifizierungsservice. Die Deutsche Bank hat sich mit Partnern wie Lufthansa, Allianz und Daimler zusammengetan und bietet seit April “Verimi” an. Die Sparkassen arbeiten an “Yes”, und zuletzt hatten im Juli auch die Genossenschaftsbanken angekündigt, einen Identifikationsdienst errichten zu wollen. Wenig Sehnsucht nach BerlinMit dem Fintech-Standort Frankfurt zeigen sich Schütze und Rodriguez zufrieden, auch wenn die Mainmetropole nicht das Zeug habe, Berlin den Rang abzulaufen. “Frankfurt ist sehr gut, was die Finanzierungsmöglichkeiten angeht”, sagt Schütze, der hier besonders das Deutsche Börse Venture Network ins Feld führt. “Wir glauben, dass sich Frankfurt als renommierter Standort erhalten wird – dazu wollen auch wir beitragen. Aber Berlin wird schon aufgrund der Struktur und der internationalen Mitarbeiter Start-up-Hauptstadt bleiben.” Dennoch hätten er und sein Vorstandskollege Rodriguez sich dagegen entschieden, in Berlin ein Büro zu eröffnen, weil sie der Meinung sind, dass das gute Dutzend Finlab-Mitarbeiter vom Firmensitz im Grüneburgweg aus mindestens genauso gut die Beteiligungen managen kann. “Frankfurt ist anders als Berlin, beschaulich. Man sollte die Stadt auch nicht duplizieren wollen. Und ob in Berlin wirklich immer alles so toll ist wie dargestellt, sei mal dahingestellt.”