Frankreichs Finanzsektor trotzt Turbulenzen
Frankreichs Banken trotzen Turbulenzen
Enge Überwachung der steigenden Risiken – Festgeld gegenüber Tagesgeld bevorzugt
wü Paris
Trotz der vielfältigen Spannungen, die seit Beginn des Jahres aufgetreten seien, erscheine der französische Finanzsektor sehr solide, urteilt die für Banken und Versicherungen zuständige Aufsichtsbehörde ACPR (Autorité de contrôle prudentiel et de résolution). So hätten die sechs wichtigsten Bankengruppen trotz des sich verschlechternden Umfeldes im ersten Halbjahr erneut gute Ergebnisse verbucht, erklärt ACPR-Generalsekretärin Nathalie Aufauvre.
Das Vorsteuerergebnis der sechs wichtigsten Banken Frankreichs, die zusammen auf einen Marktanteil von 80% kommen, hat nach Angaben der ACPR zwischen Ende Juni 2022 und Ende Juni 2023 um 2,6% von 21,1 Mrd. Euro auf 21,7 Mrd. Euro zugelegt. Dagegen sind ihre Einnahmen im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 9,4% gesunken. Bei den Bankeinlagen bevorzugen sowohl Haushalte als auch nichtfinanzielle Unternehmen in diesem Jahr Festgeld gegenüber Tagesgeld. Während die Banken von Haushalten in diesem Jahr 45 Mrd. Euro einsammeln konnten, flossen 51 Mrd. Euro von Unternehmen ab, die nach rentableren Anlagemöglichkeiten suchen.
Im Vergleich zu den regulatorischen Anforderungen hätten die sechs wichtigsten Banken ein hohes Solvabilitäts- und Liquiditätsniveau gewahrt, sagt ACPR-Generalsekretärin Aufauvre. Allerdings haben sie wegen der Banque Postale bei dem Stresstest der EBA schlechter als europäische Wettbewerber abgeschnitten.
Auch profitieren die französischen Banken im Gegensatz zu ihren Konkurrenten in Europa bisher nicht von den gestiegenen Zinsen. Das liege an dem französischen Modell, erklärt Aufauvre. Zum einen werden hauptsächlich Kredite mit festen Zinssätzen vergeben. Zum anderen gibt es die staatlich reglementierten Sparbücher Livret A, die inzwischen mit 3% verzinst werden.
Dieses Modell schütze jedoch auch Haushalte und Unternehmen vor den Auswirkungen des Zinsanstiegs, sagt die ACPR-Generalsekretärin. Auch wenn die französischen Banken von den Turbulenzen des Sektors Anfang des Jahres verschont geblieben sind, müsse man wachsam bleiben. "Wir führen eine enge Überwachung des mit der Geopolitik verbundenen Anstiegs der Risiken durch, die vor allem von den Ereignissen im Mittleren Osten geprägt sind", so Aufauvre.