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Frauenpower für die Bank of England

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 27.4.2019 Das Rennen um die Nachfolge von Mark Carney (54), dem Gouverneur der Bank of England, hat nun auch ganz offiziell begonnen. Neben den allseits bekannten männlichen Mitarbeitern und Alumni der...

Frauenpower für die Bank of England

Von Andreas Hippin, LondonDas Rennen um die Nachfolge von Mark Carney (54), dem Gouverneur der Bank of England, hat nun auch ganz offiziell begonnen. Neben den allseits bekannten männlichen Mitarbeitern und Alumni der Notenbank, denen Interesse an dem Amt unterstellt wird, gibt es auch weibliche Kandidatinnen, die dafür in Frage kämen. In Großbritannien wird nämlich zunehmend die Frage laut, ob es nicht an der Zeit wäre, dass eine Frau die Führung der Zentralbank übernimmt. Der Karrierebeamtin Sharon White (52), die schon für das Schatzamt, die britische Botschaft in Washington und die Weltbank tätig war, werden Chancen eingeräumt. Sie führt derzeit den Telekomregulierer Ofcom. Auf der Liste der zehn einflussreichsten Briten afrikanischer oder afrokaribischer Herkunft von Powerlist, die seit 2007 erstellt wird, findet sie sich auf Platz 2. Ihre Eltern waren in den fünfziger Jahren aus Jamaika eingewandert. Neuer Traumjob für Shafik?Auch ein Comeback von Nemat “Minouche” Shafik (57) wäre denkbar. Die in Alexandria geborene Ägypterin führte mehrere Jahre lang beim Internationalen Währungsfonds als stellvertretende Direktorin das Tagesgeschäft. Sie hat an der American University in Kairo studiert. Danach erwarb sie Abschlüsse der University of Massachusetts Amherst, der London School of Economics und einen PhD in Volkswirtschaft des St. Anthony’s College zu Oxford. Sie fungierte bereits als stellvertretende Gouverneurin, kürzte ihre fünfjährige Amtszeit jedoch auf zwei Jahre ab, um ihren “Traumjob”, die Führung der London School of Economics (LSE), zu übernehmen.Und dann ist da noch die einst als “Gordon Browns Stellvertreterin auf Erden” bekannte Labour-Politikerin Shriti Vadera (56), eine ehemalige Investmentbankerin von UBS Warburg, die derzeit als Non-Executive Chairman von Santander UK fungiert. In den acht Jahren, die sie für das Schatzamt arbeitete, wurde sie zur engen Beraterin des glücklosen Nachfolgers von Tony Blair. Im öffentlichen Dienst machte sie sich dagegen kaum Freunde. Hier wurde sie mit dem Spitznamen “Shriti, the Shriek” belegt, was auf ein vehementes Auftreten schließen lässt.Die von Carney geförderte ehemalige McKinsey-Beraterin Charlotte Hogg (48), die einst als mögliche Nachfolgerin des Kanadiers gehandelt wurde, war im März 2017 nach wenigen Tagen als stellvertretende Gouverneurin zurückgetreten. Sie hatte das Institut bei ihrer Einstellung 2013 nicht darüber informiert, dass ihr Bruder bei Barclays als Director Group Strategy fungiert. Hogg werde den “sehr hohen” Standards nicht gerecht, die mit dem Amt verbunden sind, folgerte der Finanzausschuss des Unterhauses. Damit war ihr Abgang nicht mehr zu vermeiden. Dabei war sie bestens vernetzt: Ihr Großvater Quintin McGarel Hogg, Baron Hailsham of St. Marylebone, war Schatzkanzler unter Margaret Thatcher. Ihr Vater ist vielen Briten unter seinem Spitznamen “Lord Moat” bekannt, weil der konservative Politiker in seiner Zeit als Unterhausabgeordneter versuchte, sich die Kosten für die Reinigung des Grabens um den Landsitz der Familie als Spesen erstatten zu lassen. Ihre Mutter Sarah Elizabeth Mary Boyd-Carpenter war die erste Frau an der Spitze einer FTSE-100-Gesellschaft: 2002 wurde die Baroness Chairman beim Finanzinvestor 3i Group. Mit der Rückkehr von Hogg ist vorerst nicht zu rechnen. Sie führt derzeit das Europageschäft des Kreditkartenanbieters Visa. Für den Fall, dass der Posten erneut mit einem Außenseiter besetzt werden sollte, wurden die IWF-Chefin Christine Lagarde (63) und die ehemalige Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen (72), angeführt.Die potenziellen männlichen Nachfolger Carneys seien der Vollständigkeit halber ebenfalls genannt. Carneys Stellvertretern Ben Broadbent (54) und Jon Cunliffe (65) werden schon lange Ambitionen nachgesagt, eines Tages die Führung der Bank of England zu übernehmen. Der Ex-Notenbanker Andrew Bailey (60), der derzeit als CEO der Financial Conduct Authority fungiert, gilt wie Andrew Haldane (51), der Chefvolkswirt der Zentralbank, ebenfalls als Interessent. Und dann ist da noch Raghuram Rajan (56), der ehemalige Chef der Bank of India.