Für NIBC ist Deutschland bedeutend
Relationship Banking im Firmenkundengeschäft lautet die Maxime der niederländischen NIBC, die auch in Deutschland, Belgien und Großbritannien unterwegs ist. Das in den vergangenen Jahren umgesetzte Credo zahlt sich offenbar aus, denn der operative Nettogewinn der NIBC hat sich 2014 fast verdoppelt.Von Karin Böhmert, FrankfurtDen Kunden in den Mittelpunkt zu rücken statt ihm einfach diverse Produkte zu verkaufen habe sich bewährt, unterstreichen Rob ten Heggeler, Vorstandsmitglied der niederländischen NIBC, und Deutschland-Chef Ed Langendam im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Da die Bank im Zuge der Finanzkrise wie so viele andere Institute ebenfalls schwierige Zeiten durchstehen musste, auch weil man den Kunden nicht genug in den Fokus gestellt hatte, sei im Corporate Banking das Geschäftsmodell in den vergangenen Jahren sukzessive auf traditionelles Relationship Banking für Firmenkunden umgestellt worden. Erfolgreiche UmstellungInzwischen lasse sich diese Umstellung erfolgreich an den Zahlen ablesen, wie ten Heggeler berichtet. Der 52-Jährige kam im August 2009 zur NIBC und verantwortet dort im Vorstand das Corporate Banking.Der operative Nettogewinn hat sich im Geschäftsjahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr auf 42 Mill. Euro fast verdoppelt. Davon abzuziehen ist jedoch noch ein von den Banken des Landes zu entrichtender Beitrag zur Rettung des von den Niederlanden verstaatlichten Finanzkonzerns SNS Reaal. Nach der entsprechenden Sonderbelastung von 18 Mill. Euro stellt sich der Nettogewinn der NIBC auf 24 (22) Mill. Euro.Operativ glänzte die NIBC. So legte das Zinsergebnis um 56 % und das Provisionsergebnis um 59 % zu. Deshalb habe der Hauptanteilseigner der NIBC, ein Konsortium unter Führung von J.C. Flowers, “an uns Freude seit ein bis zwei Jahren”, weiß ten Heggeler zu berichten. NIBC, die sich außerhalb der Niederlande im Wesentlichen auf Corporate Banking für mittelständische Unternehmen ausgerichtet hat, erreichte in diesem Geschäftsbereich im Berichtsjahr ein beträchtliches Wachstum. Die Kreditvergabe an Unternehmen konnte auf 2,9 Mrd. Euro fast verdoppelt werden. “Ich kenne 60 bis 70 % der Unternehmenskunden persönlich”, unterstreicht Vorstand ten Heggeler sein Verständnis von Relationship Banking.Auch Deutschland-Chef Langendam (57), seit November 2008 bei NIBC, blickt auf ein außerordentliches Wachstum. “Wir sind im Mai seit zehn Jahren im deutschen Markt tätig und haben unser Geschäft hier fast jedes Jahr verdoppelt”, sagt er. Das Neugeschäft in Deutschland sei vom Volumen her inzwischen genauso groß wie im niederländischen Heimatmarkt. “Dies zeigt, wie bedeutend die Präsenz in Deutschland für uns ist”, betont Langendam. “Gleichwohl sind wir risikobewusst und möchten deshalb unser Wachstum im Griff halten. Wir legen Wert auf dauerhafte Beziehungen zu unseren Unternehmenskunden.” Spezialisten hinzuziehenVom gesamten Kreditbestand der Gruppe von 8,8 Mrd. Euro Ende 2014 entfallen mehr als 20 % auf den deutschen Markt, wie die Manager berichten. Allerdings betrachte man das Corporate-Finance-Geschäft als einen Gesamtmarkt und steuere es nicht länderspezifisch, sondern nach sieben Branchen und Produktarten. Die Spezialisten würden dann fallspezifisch hinzugezogen, wie etwa der Leiter der Finanzierungsstrukturierung, der in Deutschland sitzt. Im Produktportfolio der NIBC befinden sich neben der Kreditvergabe an Unternehmen auch Leveraged Finance, Eigenkapital- und Mezzanine-Kapitalbeschaffung sowie die Beratung bei Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions). Firmen aus dem MittelstandDie NIBC-Gruppe beschäftigt insgesamt 637 Mitarbeiter, darunter rund 100 in Deutschland. Im Rahmen der Übernahme der Gallinat Bank, Essen, von der Albis Leasing im April vergangenen Jahres hatte sich die Mitarbeiterzahl in Deutschland um 35 erhöht. Dabei wurde das Firmenkundengeschäft der Gallinat Bank nach Frankfurt verlagert und in die deutsche Tochter eingebracht, die den AG-Mantel nutzte und hierzulande fortan als AG firmiert. Das Private Banking, das die Gallinat Bank seit den sechziger Jahren betreibt, sei weitgehend zurückgefahren worden, so Langendam.In Deutschland legt die NIBC ihren Fokus auf Corporate Finance für mittelständische Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 50 Mill und 1 Mrd. Euro Umsatz. Die Niederländer zählen sich in diesem Mid Market zu den führenden Häusern nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Deutschland. Wachstum geschehe aber nicht um jeden Preis. Trotz niedriger Zinsen bei Unternehmenskrediten müssten die Margen stimmen. Quersubventionierungen durch Cross-Selling gebe es nicht. “Jedes Produkt in Corporate Finance muss sich normal rechnen”, betont Langendam, der auch spezielle Lösungen für größere Unternehmen oder für solche in “schwierigen Phasen” schneidert. Angesichts des ohnehin sehr niedrigen Zinsniveaus komme es eher darauf an, dem Kunden die richtige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und passende Lösungen zu erarbeiten.Die Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung der Gruppe bezeichnet ten Heggeler als solide. Die einschlägigen Kennziffern wie Liquidity Coverage Ratio und Net Stable Funding Ratio betrugen per Ultimo 2014 128 % sowie 108 % nach 150 % bzw. 107 % vor Jahresfrist. 9 Mrd. Euro in DirektbankZur Refinanzierung trägt die Direktbank der NIBC wesentlich bei, die als Niederlassung der niederländischen Mutter firmiert und der dortigen Einlagensicherung unterliegt. Die Einlagen der Direktbank summieren sich auf 9 Mrd. Euro, darunter 4 Mrd. Euro in Deutschland. Die Direktbankaktivitäten in Deutschland seien mit zehn Mitarbeitern schlank aufgestellt, da die Plattform des genossenschaftlichen IT-Dienstleisters Fiducia genutzt werde, so Langendam. Allein 47 % der Refinanzierung der NIBC-Gruppe erfolgten über Retail-Einlagen. Als neue Finanzierungsquelle kamen im vergangenen Jahr institutionelle Gelder hinzu, die allerdings in Deutschland in der AG verbucht und dort eingesetzt werden sowie dem deutschen Einlagensicherungsfonds unterliegen.”In Sachen Refinanzierung haben wir keinen Engpass”, sagt Langendam mit Blick auf weiteres Wachstum. Auch weiteren Zukäufen sei man nicht abgeneigt. “Wir schauen uns den deutschen Markt an”, erklärt er, auch wenn derzeit nichts Konkretes auf der Agenda stehe.