Morgan Stanley unter Druck

Geldwäsche-Sorge setzt Wealth Management von US-Banken zu

Regulatoren prüfen die Know-Your-Customer- und Risiko-Kontrollen von Morgan Stanley genauer. Unregelmäßigkeiten dabei drohen zur Stolperfalle für den Wachstumstreiber Wealth Management zu werden.

Geldwäsche-Sorge setzt Wealth Management von US-Banken zu

Geldwäsche-Sorgen setzen Wealth Management von US-Banken zu

Regulatoren nehmen Aktivitäten von Morgan Stanley genauer unter die Lupe – Stolperfalle bei Wachstumsambitionen abseits des Investment Banking

xaw New York

Regulatoren wittern in einem zunehmend wichtigen Wachstumszweig des US-Finanzsektors faule Aktivitäten. So hat die Financial Industry Regulatory Authority (Finra), das Selbstregulierungsorgan der amerikanischen Wertpapierhändler, eine Untersuchung zu den Anti-Geldwäsche-Praktiken im Wealth Manageent von Morgan Stanley aufgenommen. Wie das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Insider berichtet, stehen dabei die Know-Your-Customer-Prozesse, die Risikoeinstufung und verbundene Vorgehensweisen der führenden Investmentbank zwischen Oktober 2021 und September 2024 im Fokus. Die Finra hat demnach Informationen zu politisch exponierten Kunden, darunter ausländischen Offiziellen sowie ihren Familien und Verbündeten, abgefragt.

Hohe Strafen drohen

Damit drohen Morgan Stanley zusätzliche Strafzahlungen. Denn das Geldhaus ist bereits wegen mutmaßlich mangelhafter Risikokontrollen in der Wealth-Management-Abteilung Ziel von Ermittlungen des US-Justizministeriums, des Financial Crimes Enforcement Network der Treasury sowie der Federal Reserve. Das für die Überwachung des nationalen Kreditwesens zuständige OCC vermutet, dass die Bank tausende Wealth-Management-Konten keiner ausreichenden regelmäßigen Due Diligence unterzieht. Morgan Stanley selbst stellte laut Insidern Ende des vergangenen Jahres fest, dass einige Kunden nicht in das Risiko-Rahmenwerk des Instituts passten.

Nach eigenen Angaben hat die Bank in den vergangenen Jahren substanziell in Anti-Geldwäsche- und Know-Your-Customer-Prozesse investiert. So hat Morgan Stanley unter anderem tausende Konten geschlossen, sich aus Venezuela und anderen lateinamerikanischen Märkten zurückgezogen und stärkere Beschränkungen für das Onboarding verhängt. Dennoch gelangten wiederholt Fälle an die Öffentlichkeit, bei denen das Geldhaus nach Darstellung von Ermittlern Kunden aufgenommen oder gehalten hat, obwohl bereits Medienberichte über deren mutmaßlich illegale Aktivitäten kursierten oder andere Alarmsignale offensichtlich waren.

Sorgen bezüglich Kommunikation mit Regulator

Die Bank hat inzwischen mehr als sechs Aufforderungen der Finra erhalten, große Datensätze zur Verfügung zu stellen. Wie das „Wall Street Journal“ berichtet, sollen sich Mitarbeiter intern besorgt hinsichtlich der Vollständigkeit und Korrektheit der Informationen geäußert haben, die Morgan Stanley mit dem Regulator teilt. Angeblich hat die Finra dem Geldhaus vorgeworfen, dass die Antworten auf ihre Anfragen zu wünschen übrig ließen. Daraufhin habe das Institut zusätzliche Inhalte übermittelt. Das New Yorker Traditionshaus beruft sich darauf, nicht als einzige Bank Gegenstand regelmäßiger und teils überlappender Untersuchungen mehrerer Regulatoren zu sein.

Für Morgan Stanley bergen die Untersuchungen nicht nur die Gefahr von Einmalbelastungen durch Geldstrafen. Sie könnten auch zu Stolperfallen für den Wachstumsmotor Wealth Management insgesamt werden. Die Vermögensverwaltung und -beratung ist für die Bank, die Ende Juni Assets vermögender Kunden von rund 6,5 Bill. Dollar kontrollierte, über die vergangenen anderthalb Jahrzehnte zum zentralen Wertschöpfungstreiber geworden. Generierte das Geldhaus in der Sparte vor der Finanzkrise 2008 noch etwas mehr als ein Viertel der Gesamterträge, ist es inzwischen rund die Hälfte. Durch die stärkere Fokussierung gelang es dem langjährigen CEO James Gorman, die im Zuge der Subprime-Verwerfungen schwer gebeutelte Aktie von Morgan Stanley anzuschieben. Heute handelt sie zum 2,27-Fachen des Buchwerts und kommt damit auf eine deutlich höhere Bewertung als der Branchenschnitt.

Börsen-Zeitung, ben/iGrafik.de

Die anderen US-Großbanken eifern Morgan Stanley angesichts des Erfolgs der Strategie nach. Die traditionell schärfste Rivalin Goldman Sachs hat ihre von Misserfolg geprägten Privatkunden-Aktivitäten seit Oktober 2022 bedeutend zugunsten des Wealth Managements zurückgefahren. Sie sieht die kombinierte Vermögensverwaltung als zentrales Standbein, das nicht nur lukrative Möglichkeiten zur Quervermarktung anderer Bankdienstleistungen an reiche Individuen und Unternehmerfamilien bietet, sondern auch stabilere Erträge liefert als das volatile Investment Banking. Damit hat Goldman die Assets under Supervision auf inzwischen 3,29 Bill. Dollar gesteigert.

Auch die Deutsche Bank, die am 24. Juli Halbjahreszahlen vorlegt, hegt wachsende Ambitionen im Wealth Management. Sie will sich als europäische Alternative zu den großen nordamerikanischen Spielern positionieren. Anthony Valvo, Chef der US-Privatbank des Geldhauses, betonte im Interview der Börsen-Zeitung bereits im vergangenen Oktober, das Wachstumspotenzial in den Vereinigten Staaten sei „nahezu ohnegleichen“. Dabei gab er das Ziel vor, den Umsatz aus dem US-Westküstengeschäft binnen fünf Jahren zu verdreifachen, sich aber auf eine konzentrierte Gruppe extrem vermögender Kunden konzentrieren zu wollen.

KI schafft Risiken

Aufseher, so fürchten es Betrugs- und Technologieexperten, werden die Anti-Money-Laundering- und Know-Your-Customer-Praktiken im Sektor in den kommenden Jahren indes noch wesentlich kritischer überwachen müssen. Denn der Boom um generative künstliche Intelligenz schafft neue Möglichkeiten für Kriminelle, auch sorgfältigere Due-Diligence-Prozesse in der Kundenprüfung auszuhebeln. Laut der Beratungsgesellschaft Deloitte könnte generative KI dazu beitragen, die Verluste der Finanzdienstleistungsbranche durch Betrug allein in den Vereinigten Staaten bis 2027 auf 40 Mrd. Dollar anzuschieben.

Gegenüber 2023 impliziert dies eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 32%. Ohne generative KI, so wollen es die Deloitte-Analysten errechnet haben, würden die Verluste in drei Jahren in der Spanne zwischen 15 und 20 Mrd. Dollar liegen. Das beinhaltet direkte Verluste durch abgezweigte Mittel. Doch schwer absehbare Folgeverluste und regulatorische Strafen drohen laut Experten auch dadurch, dass Kreditinstitute infolge von Anfälligkeiten ihrer Know-Your-Customer-Prozesse Kriminellen unwissentlich bei der Geldwäsche und der Finanzierung von Verbrechen helfen.