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Gericht schließt die Akte Georg Funke

Von Stefan Kroneck, München Börsen-Zeitung, 30.9.2017 Das Landgericht München hat den Strafprozess gegen die beiden angeklagten ehemaligen Topmanager des Münchner Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) eingestellt. Das Oberlandesgericht...

Gericht schließt die Akte Georg Funke

Von Stefan Kroneck, MünchenDas Landgericht München hat den Strafprozess gegen die beiden angeklagten ehemaligen Topmanager des Münchner Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) eingestellt. Das Oberlandesgericht München teilte mit, dass die Wirtschaftsstrafkammer dies beschlossen habe mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung. Die Justizbehörde verhängte Geldauflagen gegen Ex-Vorstandschef Georg Funke (62) von 18 000 Euro und gegen Ex-Finanzvorstand Markus Fell (52) von 25 000 Euro. Die festgesetzten Beträge orientierten sich an den derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Angeklagten, so das Gericht. Die Summen sollen karitativ tätigen Vereinen zufließen.Das Gericht begründete den Beschluss vor allem mit verfahrenstechnischen Aspekten. So sei bis zum Ablauf der Verjährungsfrist im August 2018 nicht mehr sichergestellt, die Zeugenbefragung in der Hauptverhandlung abzuschließen und das zwischenzeitlich in Auftrag gegebene Gutachten für eine Urteilsfindung miteinfließen zu lassen. Die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe gegen die Angeklagten konnten in der Verhandlung “bisher nicht ausreichend aufgeklärt werden”, folgerten die Richter. “Massiv belastet”Die Strafermittler klagten beide an, die Liquiditätslage der HRE im Krisenjahr 2008 bewusst in der Öffentlichkeit geschönt dargestellt zu haben. Funke und Fell mussten sich daher mit dem Vorwurf der Bilanzfälschung und der Ex-CFO zusätzlich mit dem Vorwurf der Marktmanipulation auseinandersetzen.Als weitere entlastende Punkte für die Angeklagten führten die Richter an, dass das Ermittlungsverfahren diese “aufgrund der langen Dauer und der Schwere der ursprünglich erhobenen Vorwürfe massiv belastet” habe. Zu berücksichtigen gewesen sei darüber hinaus die “umfangreiche Berichterstattung in den Medien (…) mit zum Teil massiven persönlichen Angriffen” insbesondere in den Jahren 2008 und 2009. Für beide sei es daher schwierig gewesen, “beruflich neu Fuß zu fassen”.Gegen die ehemaligen Topmanager der HRE verlief das Verfahren von Anfang an schleppend. Nach langen Ermittlungen legte die Staatsanwaltschaft München im September 2014 eine umfangreiche Anklage vor. Allerdings hatten die Strafermittler bis dahin etliche Verdachtsmomente – beispielsweise Untreue beim Erwerb des irischen Immobilienfinanzierers Depfa im Jahr 2007 – fallengelassen. Nach einer langen Prüfung ließ das Gericht Anfang dieses Jahres die Anklage nur in deutlich abgespeckter Form zur Hauptverhandlung zu (vgl. BZ vom 3. Januar). Von den ursprünglich insgesamt acht Beschuldigten blieben nur noch Funke und Fell übrig. Gegen die übrigen sechs Personen wurde das Verfahren gegen Geldauflagen – diese lagen zwischen 30 000 und 80 000 Euro – eingestellt.Im März begann der Strafprozess. Die Hauptverhandlung war zunächst bis Ende September angesetzt. Die beiden Angeklagten wiesen die Vorwürfe zurück. Funke verteidigte sich sogar mit einer Verschwörungstheorie: Nicht er, sondern der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit seiner Rettungsaktion sei für den Beinahe-Zusammenbruch der HRE verantwortlich (vgl. BZ vom 22. März). In Zeugenbefragungen stellte sich aber heraus, dass es zuvor bei der HRE umfangreiche Mängel vor allem in der bilanziellen Darstellung der Liquiditätslage der irischen Tochter Depfa gegeben haben muss (vgl. BZ vom 5. April). Im Sommer zeigte sich jedoch, dass sich der Prozess noch länger hinziehen könnte als geplant. Vor allem ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten hätte das Verfahren verzögert. Höhepunkt der FinanzkriseNun endete einer der letzten Gerichtsprozesse in Deutschland zur Aufarbeitung der Finanzmarktkrise. Vor drei Jahren wurde der Strafprozess gegen frühere BayernLB-Vorstände in der Causa Hypo Alpe Adria ebenfalls mit einer Verfahrenseinstellung durch das Gericht beendet.Funke galt seinerzeit als “Gierbanker”, als er nach seinem Rauswurf den Bund auf eine Restzahlung seines Gehalts verklagte. Er zog sich zwischenzeitlich nach Mallorca zurück und arbeitete dort als Immobilienmakler. Die Causa HRE stellte den Höhepunkt der Finanzmarktkrise in Deutschland dar.Ende September 2008 – wenige Tage nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers – geriet die HRE in eine Schieflage aufgrund des zusammengebrochenen Geldmarkts. Der Bund musste damals mit Steuergeldern in Milliardenhöhe einspringen, um das Institut vor der Insolvenz zu bewahren. Die HRE wurde später zwangsverstaatlicht. Die Aktionäre verloren ihre Anteile. Der gesunde Teil der HRE firmiert heute als Deutsche Pfandbriefbank, die seit Juli 2015 wieder an der Börse notiert ist. Die 2010 gegründete staatliche Abwicklungsanstalt FMS Wertmanagement ist derweil damit beschäftigt, das Schrottportfolio der HRE abzubauen.